Erding und das Oktoberfest:Praktisch und günstig

Erding und das Oktoberfest: Der ein oder andere Erdinger lässt sein Herz vielleicht auf der Theresienwiese

Der ein oder andere Erdinger lässt sein Herz vielleicht auf der Theresienwiese

(Foto: Robert Haas)

Die Erdinger Fahren gern auf die Wiesn, aber den Einzelhandel lässt das Oktoberfest kalt. Nur die Hotellerie der Stadt profitiert.

Von Regina Bluhme, Erding

Wenn Günther Pech in diesen Tagen von seinem Bürofenster auf den Schrannenplatz schaut, dann kann er ab Mittag vermehrt Passanten in Dirndl und Lederhosen beobachten, wie der Stadtmarketing-Leiter sagt. "Ein eindeutiger Hinweis, dass wieder Wiesn ist." Denn der Hype um das Oktoberfest, zu dem heuer wieder an die sechs Millionen Besucher erwartet werden, "der schwappt natürlich raus bis nach Erding".

Erdinger Hoteliers werben mit "Wiesn-Packages" um Oktoberfestbesucher und diese weichen gerne auf die Große Kreisstadt aus. Hier gibt es günstigere Preise und einen bequemen S-Bahn-Anschluss. Der hiesige Einzelhandel allerdings profitiert von den Gästen kaum, denn die interessiert an Erding vor allem die Therme und die Brauerei Erdinger Weißbräu.

Die Stadt selbst werbe nicht extra mit der Nähe zur Theresienwiese, sagt Pech, denn auch so sei die Hotellerie "stark angefragt als günstigere Alternative zu München". Überhaupt seien die Bedingungen in Erding für die Wiesnbesucher geradezu ideal, schwärmt der Stadtmarketingleiter: Mit der S-Bahn komme man ohne Umsteigen zur Hackerbrücke und auf dem Heimweg sei Erding als Endstation auch nach mehreren Maß nicht zu verfehlen. Die insgesamt 2300 Betten der Erdinger Hotelerie seien jetzt auf jeden Fall "gut gebucht".

Die Geschäftswelt dagegen profitiert kaum von dem Besucherstrom, sagt Dieter Gerlspeck, Vorsitzender der Ardeo, der Interessensgemeinschaft des Einzelhandels in der Innenstadt. "Wir merken schon, dass zur Wiesnzeit mehr Fremde in der Stadt sind, aber von einer nennenswerten Umsatzsteigerung kann man nicht sprechen." Die Schaufensterdekorationen in der Altstadt schreien auch nicht gerade vor Begeisterung. Das Gewandhaus Gruber hat sich für die Wiesn einigermaßen in Tracht aufgemaschelt , bei anderen Bekleidungsläden herrscht moderne Herbstmode.

Bei einem Optiker beißt auf einem Plakat immerhin eine Frau im Dirndl in eine Breze, in einer Apotheke hängen zwei Riesenbrezen an weißblauen Bändern und eine Versicherung wirbt mit Plüschtieren in Lederhose und Sepplhut. Den meisten Läden in der Innenstadt ist es offenbar egal, dass ein paar Kilometer weiter das größte Volksfest der Welt steigt. Da sah es zum Erdinger Herbstfest, das vor gut drei Wochen zu Ende ging, noch anders aus: "Das Herbstfest ist praktisch unser Oktoberfest, da spielt ganz Erding mit, die Geschäft locken mit Schnäppchen", sagt Günther Pech.

Es ist halt einfach auch so, dass die wenigsten der Wiesnbesucher aus USA, China oder Norddeutschland in Erding eine Shoppingtour planen. "Die Gäste haben drei Themen auf dem Programm: Die Therme, die Wiesn und das Erdinger Weißbräu", sagt Klaus Gerst, Betreiber des Wohnmobilparks Erding. Die meisten der Oktoberfestbesucher, die bei ihm parken, bleiben nur kurz. "Meist zwei bis drei Nächte, manchmal nur eine." Das ist auch im größten Erdinger Hotel, dem Best Western Airport, nicht anders. Wie Sales und Marketing-Koordinatorin Nadja Schober berichtet, bleiben die Oktoberfestbesucher selten länger als zwei, drei Nächte, "und dann verbringen sie eher den ganzen Tag in München", ist Schobers Erfahrung. Das Hotel hat verschiedene "Wiesn-Packages" im Angebot, die neben Übernachtung und Frühstück unter anderem auch ein MVV-Ticket und Biermarkerl enthalten.

Gleich gegenüber des Bahnhofs steht das Best Western Plus Parkhotel und hier sind derzeit viele englische und amerikanische Wiesnbesucher abgestiegen, berichtet Geschäftsführer Friedrich Staudinger. "Für viele geht es nur zur Wiesn und retour", berichtet er. In die Erdinger Innenstadt ziehe es nicht so viele. Eine Brauereibesichtigung des Erdinger Weißbräus allerdings liege hoch im Kurs, weiß Thomas Schmidbauer. Die acht Zimmer des Hotel Garni Schmidbauer sind belegt, zum Teil mit Stammgästen, die jedes Jahr zur Wiesn kommen.

Wer beim Hotel Mayr-Wirt absteigt, landet automatisch im Zentrum. "Unsere Gäste sehen sich gerne die Innenstadt an", berichtet Inhaber Andreas Mayr. Er habe von ihnen bislang nur Positives über Erding gehört, vor allem nach der Altstadtsanierung. "Wir sind traditionell zur Wiesn sehr gut gebucht, aber auch Einheimische kommen jetzt und genießen zum Oktoberfest in Erding das Festbier", berichtet er.

Viele wollen das Bier aber doch lieber auf der Wiesn trinken und so füllt sich in diesen Tagen nachmittags der S-Bahnsteig in Richtung München mit Touristen und auch zahlreichen Einheimischen, die meisten davon in Tracht. Am Fahrkartenautomaten steht Nina Guggemos im grün-schwarzem Dirndl. Die 21-jährige Erdingerin ist jedes Jahr auf der Wiesn, sagt sie. "Mindestens viermal" will sie heuer dort feiern. Ein paar Meter weiter glüht ein Männer-Quartett in FC-Bayern-Trikots und Lederhosen vor. "Erst zur Wiesn, dann zum Spiel", rufen sie und schwenken die Bierflaschen. Mal sehen, wie die vier nach Hause kommen. Das Auto lassen sie hoffentlich stehen: Die Polizeiinspektion Erding fährt während der Wiesn verstärkt Streife.

Dann ist da noch ein junger Erdinger in Lederhosen und rot-weiß-kariertem Hemd, der sich nach drei Jahren Pause wieder mit Arbeitskollegen nach München fährt. Seinen Namen mag er nicht nennen, aber so viel verrät er: "Das Erdinger Herbstfest ist mir ehrlichgesagt lieber."

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