Zirkus Feraro:Tradition in siebter Generation

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Zirkuschef Herman Feraro versteht manchmal die Welt nicht mehr. Zum Beispiel, wenn Wildtierschützer seine Wohnwagen aus Protest mit Sprühdosen beschmieren - "dabei haben wir gar keine Wildtiere". (Foto: Renate Schmidt)

Seit 200 Jahren ist die Familie von Herman Feraro im Zirkusgeschäft. Einfach ist der Alltag seines kleinen Wanderzirkus' nicht: "Aber das wäre ein normales Leben auch nicht."

Von Isabel Käsbauer, Erding

Sie leben ohne festen Wohnsitz und haben kaum Ersparnisse. "Man muss den Gürtel von Jahr zu Jahr enger schnallen und um die Existenz kämpfen", sagt Herman Feraro, Chef des Familienbetriebs Circus Universal Feraro, der wieder einmal auf dem Volksfestplatz in Erding sein Zelt aufgeschlagen hat.

Tierschützer, schlechte Wetterbedingungen und Konkurrenzveranstaltungen haben die Besucherzahlen in diesem Jahr zurückgehen lassen. "Wir haben oft Probleme mit Wildtierschützern", sagt Feraro. "Sie feinden uns an, indem sie Plakate verunstalten oder unsere Wohnwagen mit Graffiti besprühen. Und dabei haben wir gar keine Wildtiere."

Außerdem werde es immer schwieriger, überhaupt noch einen Platz zu finden, an dem sein Zirkus auftreten darf: "Viele Stadtverwaltungen lassen generell keinen Zirkus in ihre Stadt, da viele nicht pünktlich das Gelände räumen." Auch sein Zirkus habe es nicht leicht, obwohl er sich immer bemühe das Gelände "rechtzeitig und sauber zu hinterlassen", beteuert der 60-Jährige. Aus diesem Grund komme er seit mehr als 30 Jahren gerne nach Erding. Hier habe es nie Probleme gegeben. Auch nicht beeinflussbare Faktoren wie das Wetter spielten dem Zirkus dieses Jahr übel mit. Die starken Regenfällen und Unwetterwarnungen im Frühling und Sommer waren dafür verantwortlich, dass viele Besucher daheim blieben: "An Tagen mit extremen Wetterbedingungen mussten die Vorstellungen sogar ganz abgesagt werden".

Überhaupt scheint die Ära der Zirkusse zu Ende zu gehen. Viele schauen sich die Akrobaten lieber im Internet an, anstatt in einen echten Zirkus zu gehen und dafür zu zahlen. Und dann kamen in diesem Herbst noch ganz neue Probleme dazu: Rund um Halloween wurde der Familienbetrieb beschuldigt, dass die schrecklichen Horrorclowns ja wohl doch aus dem Zirkus kämen. Ein geradezu absurder Vorwurf, der für Feraro noch immer unbegreiflich ist: "Bei und riefen Menschen an, um uns wegen den Horrorclowns zu beschuldigen. Uns werden immer neue Steine in den Weg gelegt."

Trotz aller Widrigkeiten zieht der Zirkus von Anfang April bis Ende November durch ganz Bayern und sogar bis nach Österreich. Dieses Jahr war er in mehr als 35 verschiedenen Orten. Doch das eingenommene Geld reicht kaum. In den Wintermonaten muss die Akrobatikgruppe in Schulen und Altenheimen auftreten, um den Lebensunterhalt der Familie zu finanzieren.

Seit über 200 Jahren ist die Familie Feraro im Zirkusgeschäft. "Wir sind jetzt schon in der siebten Generation und meine Kinder wollen das Geschäft auch weiterführen." Fast das ganze Leben der Familie spielt sich im Zirkus ab: "In den Monaten, in denen wir Pause machen, sind wir damit beschäftigt, neue Standorte zu organisieren und das neue Programm zu planen." Auch die Kinder helfen mit und werden schon früh angelernt. Die Kinder besuchen trotzdem eine normale Schule. Nur eben immer an dem Ort, an dem der Zirkus gerade verweilt.

"Zirkus ist eine Tradition die wir unbedingt bewahren möchten", sagt das Familienoberhaupt. Deswegen gebe es in seinem Zirkus auch keine grundlegenden Veränderungen, denn "der Zirkus ist kein Zirkus, ohne Clowns und Akrobaten." Es wird weitergehen. Eine Tochter Feraros hat wieder einen Akrobaten geheiratet. "Und außerdem", sagt Feraro "macht man ja nicht Zirkus, damit man reich wird. Es geht darum die Leute zu unterhalten." Er ist zufrieden mit seinem Lebenswerk: "Natürlich ist es nicht einfach, aber das wäre ein normales Leben auch nicht - dafür sind wir frei."

Vorstellungen von Freitag, 11. November, bis Montag, 14. November, jeweils um 15 Uhr.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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