Für Christen ist der Juni nur ein Monat wie jeder andere, aber für mehr als eineinhalb Millionen Muslime in der Welt begann diese Woche die wichtigste Zeit des Jahres: Der Ramadan hat angefangen, der traditionelle Fastenmonat. In diesem Monat, so der Glaube, sei der Koran auf die Gläubigen herabgesandt worden. Es ist jedoch auch der Monat, während dem eine Fastenpflicht gilt: Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang dürfen die Gläubigen nichts essen und nichts trinken, fast einen Monat lang. Einer, der zur Zeit fastet, ist Ali Kemal Imamoglu. Die Erdinger SZ spricht mit dem Vorsitzenden des Islamischen Zentrums Erding nach dem Gebet am Freitagsnachmittag.
SZ: Herr Imamoglu, haben Sie schon Hunger?
Ali Kemal Imamoglu: (lacht) Nein.
Es ist aber schon nach zwei Uhr, die Sonne ging um fünf Uhr morgens auf.
Ich habe heute Nacht genug gegessen. Den Tag über hat man keinen Hunger mehr.
Der Türke Ali Kemal Imamoglu ist Vorsitzender des Islamischen Zentrums Erding, das derzeit noch eine Moschee am Rätschenbach betreibt.
(Foto: oh)Aber wann kommt der Hunger?
Der kommt überhaupt nicht.
Das kann ich kaum glauben.
Es ist wirklich so. Der Körper gewöhnt sich einfach daran, dass man nichts isst. Wenn es zu heiß ist, dann hat man natürlich ein wenig Durst - aber mehr auch nicht. Aber Hunger? Der Mensch kann es ja drei Tage aushalten, ohne zu essen. Heute habe ich zum Frühstück ein wenig gegessen, seitdem nichts mehr. Am ersten Tag des Ramadan ist es vielleicht ein wenig schwierig, am Nachmittag bekommt man Kopfschmerzen, aber dann geht es.
Denkt man oft ans Essen und ans Trinken?
Nur wenn es heiß ist, aber es ist ja nicht so schlimm zur Zeit. Aber sonst denkt man eigentlich nicht daran, man lebt einfach weiter wie sonst auch. An normalen Tagen ist es oft so, dass ich zwar frühstücke, und dann aber kein Mittagessen esse - und dann bekommt man Hunger. Aber während des Ramadans bleibt der Hunger aus. Gott hilft dir dabei!
Sie haben sich ausgerechnet, wie lange die Fastenzeit täglich dauert.
18 Stunden, vier Minuten dürfen wir nichts essen. Erst ab 21.24 Uhr wird das Fasten in diesen Tagen gebrochen. Nächstes Jahr beginnt der Ramadan früher, Anfang Juni. Und erst in 36 Jahren ist er wieder zur selben Zeit als heute.
Bei Sonnenuntergang wird dann das Fasten gebrochen.
Wenn möglich soll man eine Dattel essen, weil sie gesegnet ist; oder Wasser trinken, weil es rein ist. Was man aber danach isst, ist egal. Ob man dann Fleisch isst oder Fisch oder auch nur ein Stück Brot, ist Geschmackssache.
Wie ernst nehmen denn die Erdinger Muslime den Ramadan? Machen alle mit?
Alle nicht, aber die meisten. Nur wer Lust hat sozusagen: Es gehen ja auch nicht alle Christen in die Kirche. Wenn man sich als Muslim bezeichnet, sollte man aber schon die Vorgaben des Islam einhalten, und eines der wichtigsten Vorgaben ist eben das Fasten während des Ramadan. Wer das nicht tut, muss für die selber feststellen, wie sehr er noch Moslem ist. Aber das muss jeder selbst wissen, jeder kann tun und lassen was er will. Uns fällt aber auf, dass in den vergangenen Jahren immer mehr Leute versuchen, den Islam zu verstehen und ihn zu leben. Dadurch praktizieren sie ihn auch intensiver. Der Ramadan dauert jetzt noch einige Wochen, wie verändert sich der Körper in dieser Zeit?
Das Fasten beeinflusst Körper und Geist. Man verzichtet ja nicht nur auf Essen und Trinken, man soll auch seine Zunge hüten oder nicht der hübschen Frau auf der Straße hinterherschauen. Während des Ramadan übt man auch seine Geduld.
Aber sicherlich nimmt man auch etwas ab.
Manche, die mehr trinken als essen, nehmen ein, zwei Kilo ab. Ich nicht, ich nehme höchstens zu.
Warum das?
(lacht) Weil ich am Abend einfach zu viel esse.