Erding:Spaß und Harmonie

In der Gemeinde Neuching gibt es kaum Probleme - und damit auch keinen nennenswerten Wahlkampf. Alle vier Gruppierungen im Gemeinderat unterstützen den amtierenden Bürgermeister

Von Robert Gast

"Harmonisch." Das Wort fällt oft, wenn man mit Neuchinger Lokalpolitikern redet. Das Arbeiten im Gemeinderat sei "sehr angenehm", sagt Markus Sedlmeir, Erstplatzierter auf der Liste der Überparteilichen Wählergemeinschaft (ÜWG). "Wir können uns auf Gemeindepolitik konzentrieren ohne Anweisungen folgen zu müssen", sagt auch Manfred Mittermaier, Spitzenkandidat von der Freien Wählergemeinschaft Neuching (FWN). Und Bürgermeister Hans Peis, der am 16. März für eine dritte Amtszeit kandidiert, sagt: "Einen Wahlkampf gibt es hier Gott sei Dank nicht."

Worum auch kämpfen? Peis hat bei der Bürgermeisterwahl keinen Herausforderer, alle vier zur Wahl zugelassenen Listen unterstützen ihn. Keine der Gruppierungen ist dominant im Gemeinderat: Bei der Kommunalwahl 2008 erhielt die CSU 26,9 Prozent der Stimmen, die SPD 20,6, die FWN 28,5 und die ÜWG 16,7 Prozent - man begegnet sich auf Augenhöhe.

Harmonisch geht es vermutlich auch deshalb zu, weil die großen Sorgen der Lokalpolitik in Neuching fehlen: Die Gemeinde ist schuldenfrei. Der Flughafen ist zwar nah, aber vom Lärm einer dritten Landebahn wäre man praktisch nicht betroffen. Und das große Projekt der vergangenen Wahlperiode ist ohne Probleme abgewickelt worden: Für 2,4 Millionen Euro ist die Ortsmitte in Niederneuching ausgebaut worden, mit einer Bäckerei, Geschäften, einer Arztpraxis plus Apotheke. Sogar der Schützenverein, der sonst heimatlos geworden wäre, findet dort Platz.

Einen Teil der Kosten habe die Gemeinde wieder reingeholt, indem sie drei Wohnungen in dem Gebäude verkauft habe, erzählt Peis. Zuvor hatte man einen Arbeitskreis gebildet und eine fähige Beratungsfirma engagiert, alles lief schön ordentlich und geplant. Insgesamt sei keine finanzielle Belastung für die Gemeinde entstanden.

Im Großen und Ganzen sind sich CSU, SPD, FWN und ÜWG einig, wie es mit Neuching weitergehen soll: "Wenn Sie die Wahlprogramme vergleichen, sind viele Dinge gleich", sagt Manfred Mittermaier von der FWN - die übrigens, betont Mittermaier, nichts mit der Partei der Freien Wähler zu tun habe. Das nächste große Projekt ist demnach die Sanierung des Kirchplatzes in Oberneuching, dabei sollen auch die anliegenden Straßen und der Rathausparkplatz erneuert werden. Ein städtebaulicher Wettbewerb dazu läuft gerade. Ansonsten steht noch die Erneuerung der Grundschule in Niederneuching an. Daneben sollen Vereine unterstützt und die Jugend gefördert werden. Die SPD hat außerdem ein "vorausschauendes Energie- und Beleuchtungskonzept" in ihr Wahlprogramm geschrieben.

Genauso wie die anderen Gruppen fordert indes auch sie: Der dörfliche und ländliche Charakter der Gemeinde soll um jeden Preis erhalten bleiben, Grünflächen sollen, nur wenn es sein muss, Neubauten weichen. Dass es ohne neuen Wohnraum nicht gehen wird, ist aber ebenfalls Konsens: Den Siedlungsdruck betrachten die Gemeinderäte als wesentliche Herausforderung. Der stellt man sich mit Gelassenheit: Der Gemeinderat hat in den vergangenen Jahren einen Bebauungsplan umgesetzt, drei Wohngebiete für Einheimische wurden bereits geschaffen.

Höchstens der Ausbau des Gewerbegebiets Tratmoos sorgt für kleine Reibereien: ÜWG-Gemeinderat Sedlmeir warnt vor einem verstärkten Lastwagen-Verkehr in einem angrenzenden Wohngebiet, Bürgermeister Peis gibt Entwarnung. Man habe in dem Gewerbegebiet lediglich die Flächen bereits angesiedelter Unternehmen vergrößert, er könne sich nicht vorstellen, dass dadurch die Verkehrsbelastung groß gestiegen sei, sagt Peis. Sonst fordert die ÜWG eine strengere Plakatverordnung entlang der Hauptstraße in Niederneuching, aktuell würden die vielen Werbetafeln eine Gefahr für Kinder auf dem Fahrrad und Rollstuhlfahrer darstellen, sagt Sedlmeir.

Dass es keine größeren Streitereien in Neuching gibt - das liegt vermutlich auch am Politikstil von Bürgermeister Peis. Der CSU-Politiker ist beliebt - und gibt sich bescheiden: Er habe von seinem Amtsvorgänger eine sehr gute Arbeitsatmosphäre geerbt, sagt er. In Neuching sei es "völlig wurst", ob jemand von den Freien Wählern oder der CSU komme. Die Diskussion orientiere sich stets an den Themen. "Jedem ist bewusst, dass es keinen Sinn hat, Fraktionen zu bilden", sagt er.

Ob das als Wähler nicht schwierig sei, eine Entscheidung zu treffen, wenn es praktisch keine inhaltlichen Unterschiede zwischen den Gemeinderatsbewerbern gibt? Nein, nein, sagt Peis, die Leute seien ja bekannt, die Wähler würden dann nach Beruf, Alter, Geschlecht und "Potenzial" entscheiden. Generell versuche er alle mit einzubinden, auf der Straße wie im Gemeinderat, sagt der Bürgermeister. Denn: "Diese Arbeitsatmosphäre macht einfach mehr Spaß."

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