Erding:Raus aus der Kohle

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Der Grünen-Politiker Christian Magerl referiert in Erding über Umweltpolitik

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Die Euphorie war groß, als sich im vergangenen Dezember 195 Staaten auf ein gemeinsames Abkommen zum Weltklimaschutz geeinigt haben. Christian Magerl (Grüne) ist vier Monate nach der COP21 von Paris skeptisch, ob die dort festgelegten Ziele auch Realität werden. Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Bayerischen Landtag referierte am Donnerstag beim Erdinger Mayr-Wirt über das Abkommen und zeigte auf, wo nach Paris beim Klimaschutz angepackt werden muss.

Verkehr, Landwirtschaft und Stromerzeugung - aus Magerls Sicht könnte man in den drei Bereichen ansetzen, um das Ziel einer deutlichen Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen . In Bayern gehe mehr als ein Drittel des ausgestoßenen Kohlendioxids auf Autos, Züge und Flugzeuge zurück, wobei sich der Anteil des "Hätschelkinds" Flugverkehr in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht habe. "Eine Entwicklung, die so nicht hätte stattfinden dürfen." Projekte wie der Bau der B 15 neu und die geplante Erweiterung der A 92 auf acht Spuren zwischen dem Kreuz Neufahrn und dem Münchner Flughafen seien daher das falsche Signal. Auch im Agrarsektor müsse es ein Umdenken geben, da durch konventionelle Viehhaltung und den Einsatz von Mineraldüngern die höchsten Mengen schädlichen Methans und Stickstoffdioxids entstehen. Mehr Bauern sollten sich daher für die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft entscheiden, so Magerl. "Ich wäre da schon über 20 Prozent froh."

Als positiv und weiterhin notwendig bewertete er die Förderung erneuerbarer Energien. Aus dem Publikum berichtete eine Betreiberin einer Biogasanlage von den derzeit niedrigen Preisen für Biogas auf dem Markt und warnte, dass Anlagen schließen müssten, falls die bis 2021 auslaufenden Subventionen nicht verlängert würden. Magerl stimmte dem zu und sagte, dass es der Handel mit Braunkohle sei, der die Preise an der Strombörse "versaut"; für ihn ein weiterer Grund für den Ausstieg aus der Kohleenergie. Er ermutigte Kommunen und Landkreise in Sachen Klimaschutz aktiv zu werden, sei es durch mehr öffentliche Verkehrsmittel, der Forderung nach Energiesparmaßnahmen bei Neubauten oder der gezielten Schaffung von mehr Grünflächen in Städten, die als CO₂-Speicher dienten.

Insgesamt bewertete der Grünen-Politiker die Vereinbarungen von Paris als "in Ordnung, aber extrem ehrgeizig". Als Beispiel nannte er die Reduktion der globalen Netto-Treibhausgasemissionen in der zweiten Jahrhunderthälfte auf null; langfristige Investitionen wie Flugzeuge mit aktuellen Energiestandards oder neue Kraftwerke könnten dem im Weg stehen, da diese auch 2050 noch in Betrieb wären.

Für einen Fehler hielt es Magerl, dass die Emissionen von Flugzeugen und Schiffen im Abkommen aufgrund der Blockade der USA, Chinas und Indiens nicht ausdrücklich behandelt würden, obwohl diese Sektoren stark anwüchsen. Die Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius könnte aus Magerls Sicht "grad so" funktionieren, wenn sich die Staatengemeinschaft nun ernsthaft anstrengt. Magerl zeigte auch mögliche Konsequenzen eines Nicht-Handelns auf: Sollte der Meeresspiegel durch steigende Temperaturen und dem Schmelzen der Polkappen weiter ansteigen, könnten eines Tages mehr als 600 Millionen Menschen auf der Flucht sein. Jahrhunderthochwasser und Perioden extremer Trockenheit könnten sich häufen. "Klimawandel heißt nicht, dass wir Toskana-Wetter bekommen, sondern: Das Klima wird instabil."

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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