Erding:Preisexplosion bei Ackerland

Erding: Binnen zwölf Monaten stiegen die Ackerpreise um unglaubliche 73 Prozent an. Seit 2010 haben sie sich verdreifacht.

Binnen zwölf Monaten stiegen die Ackerpreise um unglaubliche 73 Prozent an. Seit 2010 haben sie sich verdreifacht.

(Foto: Renate Schmidt)

Ein Hektar landwirtschaftliche Fläche kostete 2015 bereits durchschnittlich 128 500 Euro. Ein Jahr zuvor sind es erst 74 000 Euro gewesen. Ein Preistreiber ist auch der Bau der Isentalautobahn

Von Florian Tempel, Erding

Die enormen Steigerungen bei den Kaufpreisen für landwirtschaftliche Flächen gehen scheinbar unaufhaltsam weiter. Laut den Daten des Statistischen Landesamtes wurden im Jahr 2015 im Landkreis Erding für einen Hektar Acker durchschnittlich bereits 128 500 Euro gezahlt. Ein Jahr zuvor wechselte ein Hektar Ackerland für im Schnitt 74 000 Euro den Besitzer. Binnen zwölf Monaten stiegen die Ackerpreise somit um schier unglaubliche 73 Prozent. Über einen Zeitraum von fünf Jahren gesehen, ist die Preisexplosion noch gewaltiger. Seit 2010 haben sich die Ackerlandpreise etwa verdreifacht. In ganz Bayern kosteten landwirtschaftliche Flächen zuletzt nur in den Landkreisen München und Ebersberg noch mehr als im Landkreis Erding. Hier muss man für Ackerland aktuell dreimal so viel hinlegen wie im Bayern-Durchschnitt und 50 Prozent mehr als im Oberbayern-Schnitt.

Das Statistische Landesamt wertet wohlgemerkt nur Verkäufe von landwirtschaftlichen Flächen aus, die auch danach weiterhin landwirtschaftliche genutzt werden. Der Verkauf von Äcker oder Wiesen, die zu Bauland für Wohnhäuser oder Gewerbegebiete werden, die mit einer Autobahn oder gar einer Start- und Landebahn zubetoniert würden, fließt nicht in die Statistik ein. Die gewaltigen Preissteigerungen haben aber ganz wesentlich mit dem großen Flächenbedarf in "unserer Boomregion" zu tun, sagt Gerhard Stock, Geschäftsführer der Bauernverbands Erding-Freising: "Wir kriegen das hautnah mit." Bei Verkäufen von landwirtschaftlichen Flächen hat der Bauernverband Behördenaufgaben. Jeder Eigentümerwechsel von mehr als zwei Hektar muss dem Bauernverband vorgelegt, von diesem geprüft und genehmigt werden. Landwirte können unter bestimmten Umständen ein Vorkaufsrecht geltend machen. In mindestens der Hälfte der Verkaufsfälle sind es Kommunen, staatliche Stellen oder Unternehmen wie die Flughafen München Gesellschaft (FMG), die Acker- und Wiesenflächen kauften, sagt Stock. Sie alle kaufen sie aus zwei Gründen: Erstens um bei der Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten und für Verkehrsprojekte Tauschflächen anbieten zu können. Zweitens decken sich Gemeinden, Städte, der Staat und Unternehmen mit Wiesen und Äcker ein, um sie später als ökologische Ausgleichsflächen geltend machen zu können, die bei jedem großen Bau- und Infrastrukturprojekt zwingend notwendig sind.

Ein Preistreiber sei in jedem Fall der Bau der Isentalautobahn, sagt Stock. Man kann das sogar sehr gut aus der Statistik für 2015 ablesen. Auch im Landkreis Mühldorf, der sonst nicht in ähnlicher Weise eine Boomregion für der Landkreis Erding ist, haben die Flächenpreise gewaltig angezogen und gehörten mit zu den höchsten in Oberbayern.

Auch Landwirte, die zum Beispiel einen Acker für ein neues Wohngebiet verkaufen, sind mit am enormen Preisanstieg beteiligt. Denn wer als Landwirt Flächen seines Betriebs verkauft, müsste auf den Veräußerungsgewinn Einkommensteuer zahlen - außer er reinvestiert das Geld aus einem Flächenverkauf in den Kauf anderer Äcker und Wiesen. Selbst scheinbar utopisch hohe Preise zu zahlen, ist da für machen unterm Strich noch lohnend.

Und dann gibt es noch eine dritte Gruppe, die Äcker und Wiesen kauft: Leute, die einfach viel Geld haben und es anlegen wollen. Man kann die gekauften Flächen ja verpachten. Interessenten gibt es immer. Denn die meisten Landwirte haben nur einen Teil der Flächen, die sie bewirtschaften, in ihrem Eigentum. Es gibt nur ganz wenige Landwirte, die nicht darauf angewiesen wären, Flächen zu pachten. Da es auf der Bank für festangelegtes Geld derzeit null Prozent Zinsen gibt, sind ein paar Hundert Euro Pacht pro Hektar tatsächlich lohnender. In den Schaufenstern von Bankfilialen hängen immer wieder Verkaufsanzeigen für Ackerflächen - ein Investment für den Normalbürger.

Und so geht es wohl auch in diesem Jahr noch weiter mit den Preisen nach oben. Es werden bereits 180 000 Euro für einen Acker gezahlt, der vor wenigen Jahren nur ein Viertel so viel gekostet hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: