Warteraum Asyl:Planspiele im Bundesamt

Warteraum Asyl: Kommen und gehen: Busse bringen täglich Flüchtlinge nach Erding, die woanders keinen Platz haben. Nun will das Bamf den Ablauf verändern.

Kommen und gehen: Busse bringen täglich Flüchtlinge nach Erding, die woanders keinen Platz haben. Nun will das Bamf den Ablauf verändern.

(Foto: Renate Schmidt)

Von der Grenze direkt nach Erding: Der Warteraum könnte bei der Koordinierung der Flüchtlingsmigration in Deutschland bald eine noch wichtigere Rolle spielen als bisher schon

Von Sebastian Fischer, Erding

Als Volker Grönhagen am Montag aus dem Fenster seines Büros im Warteraum Asyl schaut, sieht er Busse mit Flüchtlingen. Es treffen wieder viele in Erding ein. Anders als in den Vorwochen, sagt der Camp-Leiter: Einmal sei zwei Tage lang niemand angekommen, in der Nacht zum Montag waren 1600 Betten belegt. Doch Grönhagen hat andere Sorgen. Er muss ständig mit seinem Arbeitgeber, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), telefonieren. Es geht um die Zukunft des Warteraums, der in der Koordinierung der Flüchtlingsmigration bald womöglich eine noch wichtigere Rolle spielen soll: Alle Flüchtlinge von der Grenze sollen bald vielleicht zuerst nach Erding oder in den Warteraum in Feldkirchen bei Straubing kommen und von dort aus weiterverteilt werden. Nicht wie bislang nur die, die in anderen Aufnahmeeinrichtungen keinen Platz finden. Und das ist nicht das einzige Planspiel des Bamf.

1500 bis 1700 werden täglich registriert

Am Wochenende hatte sich das Bamf in Erding erkundigt, wie viele Flüchtlinge derzeit täglich im Warteraum registriert werden könnten. "1500 bis 1700", sagt Grönhagen. Allerdings werden bald planmäßig alle 40 anstatt derzeit 20 Container mit der zur Registrierung notwendigen Infrastruktur ausgestattet. Dann fehlen zur möglichen Maximalauslastung von 5000 Menschen nur weitere Sanitätscontainer, die das THW gerade fertigt. Sollte Erding tatsächlich zu einem zentralen Verteilungszentrum werden, bräuchte es diese Container und mehr Soldaten zur Registrierung wohl umso dringender.

Am Montag hat sich ein Mitarbeiter des Bamf in Berlin mit der Staatssekretärin Emily Haber getroffen, um über mögliche Zukunftsoptionen für die Warteräume zu sprechen. Das bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums der SZ. Er sagte auch, dass "verschiedene Modelle zur Optimierung der Prozesse in Erding und Feldkirchen im Innenministerium geprüft werden". Eines dieser Modelle ist es wohl, die Erfassung der Daten der Flüchtlinge im Warteraum effektiver zu gestalten - einer der Hauptkritikpunkte von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU).

Alle 5000 Plätze bald belegt? Das ist falsch

Bislang ist es Flüchtlingen freigestellt, bei der Erfassung zu kooperieren. "Eine hundertprozentige Registrierung durch Soldaten ist nicht möglich", sagt Grönhagen. Dafür bräuchte es polizeiliche Maßnahmen, also: Polizisten. Problematisch bei der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bamf könnten verschiedene Registrierungsdatenbanken sein. Doch egal wie sich die Prozesse im Camp am Fliegerhorst verändern - entscheidend sei die enge Abstimmung mit dem Freistaat, heißt es aus dem Innenministerium.

Der Grund für Grönhagens Telefonate war dabei noch ein anderer: Der Münchner Merkur hatte in seiner Montagsausgabe vom Besuch von Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf im Warteraum berichtet - und von Gesprächen zwischen Grönhagen und Scharf, in denen der Camp -Leiter mit den Worten zitiert wird, im Camp würden bald Asylverfahren beginnen und alle 5000 Plätze wären bald dauerhaft belegt. Dies sei jedoch falsch, sagte Grönhagen.

Eine zentrale Rolle im Verteilungsprozess

Was am Montag jedoch zumindest niemand direkt dementierte, war die Überlegung, Erding und Feldkirchen zentraler in die Verteilprozesse einzubinden. Bislang hatten die Camps eine sogenannte "Überlauffunktion", um grenznahe Einrichtungen zu entlasten. Bei einer entsprechenden Bestimmung würde sich die Reihenfolge ändern, wahrscheinlich würden mehr Flüchtlinge nach Erding kommen. Der Plan scheint auch aufgrund der leicht sinkenden Flüchtlingszahlen denkbar. Länger in Erding bleiben als die bisher durchschnittlichen 24 Stunden würden die Menschen laut Grönhagen nicht unbedingt. Darüber zu spekulieren, ob das Innenministerium den vom Bamf in Erwägung gezogenen Maßnahmen zustimmt, sei nach Auskunft des Sprechers zu früh: "Die Gespräche sind erst angelaufen."

Unabhängig von den Plänen gibt es im Warteraum weiterhin eine große Baustelle. Bis Ende Januar sollen mindestens fünf Leichtbauhallen entstehen und langfristig die witterungsanfälligen Festzelte ersetzen. Damit die Menschen im Winter nicht frieren. Es würden gerade viele Familien nachkommen, sagt Grönhagen: "Die meisten sind Frauen und Kinder."

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