Warteraum Asyl:Nur noch ein Rädchen im großen Betrieb

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Der Warteraum Asyl in Erding verliert an Bedeutung, weil in Passau und Freilassing Bürogemeinschaften von Migrationsamt und Bundespolizei eingerichtet werden. Ziel ist es, die Flüchtlinge schon in Grenznähe zu registrieren

Von Florian Tempel, Erding

Der Warteraum für Flüchtlinge am Fliegerhorst Erding verändert sich. Die Verteilung neu angekommener Asylsuchender erfolgt schon seit einigen Wochen nicht mehr von Erding aus. Am Fliegerhorst werden Flüchtlinge nur noch registriert. Danach werden sie mit Bussen nach Passau gebracht, wo sie in Züge steigen, die sie weiter in Aufnahmeeinrichtungen in den verschiedenen Bundesländer bringen. Aktuell betrifft dieses Hin und Her 800 bis 900 Menschen täglich. Doch der Pendelverkehr soll bald "deutlich reduziert werden", schreibt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf): "Ziel ist es, dass Flüchtlinge nach Möglichkeit in Grenznähe registriert werden." Dazu würden "Bürogemeinschaften von Bamf und Bundespolizei in Passau und Freilassing eingerichtet".

Dass es eine solche Zusammenarbeit von Bamf und Bundespolizei im Warteraum Erding nicht gibt, ist gewissermaßen ein Konstruktionsfehler, den man angesichts des extrem großen Zahl von Flüchtlingen zunächst notgedrungen hinnehmen musste. Die Registrierung der Neuangekommenen in Erding war nie lückenlos. Es gab immer Flüchtlinge, die eine Erfassung ihre Personalien und die Abnahme von Fingerabdrücken verweigerten. Mittlerweile sei das aber nur noch "ein geringer Prozentsatz von drei bis fünf Prozent", sagt der Leiter des Warteraums, Volker Grönhagen.

Die Zahl der Flüchtlinge die täglich in Erding am Fliegerhorst ankommen, liegt aktuell bei 800 bis 900 Menschen. Bald soll sich die Zahl reduzieren. (Foto: Renate Schmidt)

Die Flüchtlinge können jedoch in Erding nach wie vor nicht dazu gezwungen werden, sich registrieren zu lassen. Dazu haben die Bamf-Mitarbeiter und die "helfenden Hände" der Bundeswehr keine Befugnis. Bis die Zusammenarbeit von Bamf und Bundespolizei in Passau und Freilassing organisiert ist, werde weiterhin "das Knowhow in Erding genutzt", sagt der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz (CSU). Er ist sich zudem sicher, dass der Warteraum Erding "mittelfristig als Standort nicht aufgegeben wird", da ja auch wieder deutlich mehr Flüchtlinge an den Grenzen ankommen könnten. Lenz verweist auch darauf, dass die Registrierung von Flüchtlingen an sich verbessert werden müsse. Mit der Einführung eines "Flüchtlingspasses" und eines "Registrierungssystems", das alle beteiligten Behörden gemeinsam benutzen können, sollten sich offensichtliche Defizite wie Mehrfachregistrierungen verhindern lassen.

Der Vorsitzende des Innenausschusses im bayerischen Landtag, der Freisinger Abgeordnete Florian Herrmann (CSU), fordert ein Einsatz von Bundespolizeibeamten auch am Erdinger Fliegerhorst. Flüchtlinge erkennungsdienstlich zu erfassen, "ist doch eine ureigenste Aufgabe der Bundespolizei", sagt Herrmann. Aber auch das ist nicht so einfach, denn die Bundespolizei darf prinzipiell nur in der Nähe der Grenze, an Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz kommen. Wenn Bundespolizei in Erding eine vollständige Registrierung aller durchsetzen sollte, müsste das Camp am Fliegerhorst zu einer geschlossenen Transitzone erklärt werden. "Das ist rechtlich durchaus möglich", sagt Herrmann.

Es sind längst nicht mehr nur CSU-Politiker, die auf eine lückenlose Registrierung aller Migranten drängen, die neu nach Deutschland kommen. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer hört sich in dieser Frage mittlerweile genau so an, wie der Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) schon vor Monaten. "Keiner kann ins Land kommen, ohne registriert zu werden, das ist unhaltbar", sagt Schurer. Und: "Der Staat muss funktionsfähig sein. Das Vertrauen der Bevölkerung ist schon tief erschüttert. Wir müssen zu 100 Prozent registrieren und nicht zu 95 Prozent - auch wegen Sicherheitsaspekten."

Da seit der Eröffnung des Flüchtlingscamps am Fliegerhorst 73 000 Menschen ankamen, bedeutet selbst ein Anteil von fünf Prozent, dass mehrere tausend Flüchtlinge sich dort nicht erfassen ließen und Erding unregistriert wieder verlassen haben.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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