Erding:Nun wird es gemütlich

Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber startet in Erding eine neue Veranstaltungsreihe. Er trifft auf ein dankbares Publikum

Von Antonia Steiger

Erding: Wolfram Weimer, früher Chefredakteur des Focus (rechts), gab Stoiber die Stichworte

Wolfram Weimer, früher Chefredakteur des Focus (rechts), gab Stoiber die Stichworte

(Foto: Renate Schmidt)

Nur ganz selten herrscht in der nüchternen Stadthalle in Erding Wohnzimmeratmosphäre. Am Mittwoch ist das jedoch gelungen, als der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber in Erding seine Reihe "Stoiber im Gespräch" startete. Um es gemütlich werden zu lassen, benötigte die CSU keine Polstermöbel. Es reichte die plüschige Gesprächsführung durch Wolfram Weimer, dem früheren Chefredakteur des Focus. Das Publikum im sehr gut gefüllten großen Saal lauschte übrigens mit stiller Aufmerksamkeit und lachte an den richtigen Stellen.

Weimer kennt Stoiber seit Jahren, und er kennt ihn gut genug, um zu wissen, dass der Mann, einmal in Fahrt gebracht, nur schwer zu stoppen ist. Daher nützte der Journalist die noch etwas kühleren Anfangsminuten, um dem unwissenden Publikum etwas über sich mitzuteilen: Er selbst habe in einem seiner Meinung nach "legendären Kommentar" einmal geschrieben, dass Stoiber der bessere Kanzlerkandidat wäre als Merkel.

Damals habe Merkel ein Jahr nicht mehr mit ihm geredet. Und angeblich fragt sie noch heute, ob er Stoiber immer noch so gut findet. "Und: Ja. Ich finde ihn immer noch gut." Erleichterung im Saal: Von dieser Seite ist kein Angriff auf die CSU-Ikone zu erwarten. Weimer legte nach und erläuterte Stoiber, dass auch frühere Kritiker in ihm mittlerweile den elder statesman sähen - vergleichbar eigentlich nur noch mit Helmut Schmidt. Ob es einen solchen Mann nicht doch zurück auf die politische Bühne drängt? Vielleicht als Nachfolger von Gauck?

Angesichts einer solchen Geschmeidigkeit fiel es Stoiber schwer, kühl und sachlich zu bleiben. Im Laufe der nächsten eineinhalb Stunden flocht der frühere Ministerpräsident Bayerns an mehreren Stellen Hinweise darauf ein, was er alles schon hätte werden können - natürlich auch Bundespräsident. Köhler habe das nur werden können, "weil ich damals nicht wollte". Ähnlich verhält es sich mit einem noch höheren Amt: Chirac und Blair hätten ihn gefragt, ob er 2003 EU-Kommissionspräsident werden wolle. "Das macht jetzt der Barroso."

Das Ziel, das die CSU mit ihrer Veranstaltungsreihe "Stoiber im Gespräch" erreichen möchte, ist klar: Sie will sich die Strahlkraft ihres prominentesten Mitglieds zunutze machen für die kommenden Wahlkämpfe. Weimer kommt die Rolle des Stichwortgebers zu. Nur einmal versuchte er sich in einer Art hartnäckigen Nachfragens. Es ging um das Frühstück in Wolfratshausen. Das sei ein historisches Ereignis, das in die Geschichte eingehe, denkt Weimer. Daher dürfe man da auch mal genau nachfragen: Was gab es zu essen? Es werden wohl Semmeln gewesen sein, die Farbe der Marmelade und ob Butter oder Rama auf die Semmeln geschmiert wurde, blieb im Dunkeln.

Stoibers großes Thema ist Europa. Einmal in Rage geredet verlangte er von Italien, dass es wieder wettbewerbsfähig werden müsse. "Wer soll denn diese Sachen kaufen?", fragte er mit Blick auf die italienische Automobilindustrie. Er sprach sich gegen die Vergemeinschaftung der Staatsschulden aus, lobte Merkel, die einen "glänzenden Job " mache und sagte, es entscheide sich in Deutschland, "wie es mit Europa weitergeht".

Das alles gefiel den Zuhörern außerordentlich gut, sodass kaum Wortmeldungen kamen, als die Fragerunde eröffnet wurde. Auch die Erdinger Politik sonnte sich ein wenig im Glanz des Ehrenpräsidenten. Schließlich gab Stoiber noch positive Wahlprognosen ab, sowohl für Deutschland als auch für Bayern. Aber als wenn er diese als Schlussworte brauchbaren Sätze nicht gehört hätte, schloss Weimer seinerseits mit den Worten, man merke doch deutlich, dass Stoiber ein Staatsmann geworden sei: "Ein Politiker interessiert sich für die nächsten Wahlen, ein Staatsmann für die nächste Generation."

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