Erding:Neuer Name, neues Selbstbewusstsein

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Albert Wittmann ist 1965 in Erding geboren und war nach seiner Schulzeit lange in der Elektroindustrie tätig. (Foto: Peter Bauersachs)

Was sich verändert hat, seitdem sich die Isar Sempt Werkstätten umbenannt haben

interview Von Tanja Kunesch, Erding

Wer die "Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) Erding und Freising" besuchen will, der kann mittlerweile lange suchen. Seit Anfang des Jahres hat sie sich umgenannt in "Isar Sempt Werkstätten". Wieso dieser Namenswechsel so wichtig war für die Einrichtung, und was sich dadurch verändert hat, erklärt Geschäftsführer Albert Wittmann im Gespräch mit der Erdinger SZ.

SZ: Sie haben auch zur Namensänderung beigetragen. Wieso war sie so wichtig?

Albert Wittmann: Wir sind uns gar nicht mehr bewusst, wie viel Bedeutung in unserer alltäglichen Sprache liegt. Unser alter Name stellte das Wort "behinderte" immens in den Vordergrund, das hatte eine starke, negative Strahlkraft. Wir wollen ja nicht betonen, was Menschen nicht können und sie dadurch stigmatisieren. Das Erdinger Weißbräu würde seine Brauerei ja auch nicht "Brauerei für nicht-behinderte Menschen" nennen.

Wie hat das Umfeld auf die Änderung reagiert?

Wir haben insgesamt viele positive Rückmeldungen bekommen. Der neue Name hat einen ganz neuen Klang. Und wichtig ist natürlich, dass die Leute uns immer noch finden, da gibt es eigentlich keine Probleme. An unserer Arbeit hat sich ja inhaltlich auch nichts verändert. Mittlerweile gibt es auch kaum noch Einrichtungen, die "Werkstatt für behinderte Menschen" heißen.

Konnte der neue Name bereits etwas bewirken?

Es ist erstaunlich, wie Sprache manche Dinge verändern kann. Es ist nichts, was man in Euro und Cent messen kann. Aber die positive Stimmung ist spürbar. Vor allem unsere Mitarbeiter sind darüber froh. Natürlich sind auch einige dabei, die traditionalistisch veranlagt sind, aber ein paar Gegner gibt es eben immer. Ich sag es mal so: Wenn die Mitarbeiter gerne in die Arbeit gehen, dann haben wir unseren Job gut gemacht.

Und das ist in den Isar Sempt Werkstätten der Fall?

Ja, für sie ist die Werkstatt mehr als nur eine Arbeitsstelle. Hier lernen sie auch lesen, schreiben und rechnen, können mit Ton arbeiten. Überdies gibt es ein Angebot an Tanz und Musik. Teilweise kommen sie uns auch in ihrem Urlaub besuchen, weil sie sich hier so wohl fühlen und ihre sozialen Kontakte hier sind. Das ist für uns schon eine hohe Anerkennung. In der Bevölkerung sind sie leider nicht so eingebunden.

SZ: Geht es Ihnen da ähnlich, dass Sie sich dort so wohl fühlen?

Ich habe als Betriebsleiter angefangen und war in der Industrie tätig. Hierher habe ich mich eher durch Zufall beworben. Nach einer Stunde wusste ich bereits, das ist das richtige für mich. Entweder es packt einen, oder es packt einen nicht. Natürlich ist die Situation auch mal schwierig, vor allem aufgrund mancher staatlicher Rahmenbedingungen. Doch dann stehe ich einfach vom Schreibtisch auf, drehe eine Runde in der Werkstatt und weiß wieder, warum ich das mache.

SZ: Was erhoffen Sie sich von der Zukunft?

Ich bin schon froh, wenn wir den Status quo halten können. Derzeit haben wir auch eine gute Beschäftigungslage. Was mich persönlich betrifft, habe ich mir natürlich auch anlässlich meines 50. Geburtstags Gedanken darüber gemacht, wie es weiter geht. Seit über elf Jahren bin ich nun Geschäftsführer. Aber ehrlich gesagt, macht mir die Arbeit so viel Spaß, dass ich gar nicht wüsste, was ich sonst machen soll. Wenn ich einen Job habe, den ich mit viel Leidenschaft mache, werde ich den auch nicht wechseln.

Am Samstag, 25. April laden die Isar Sempt Werkstätten zu einem Tag der offenen Tür in der Gärt nerei in Burgharting ein. Beginn ist um 10 Uhr.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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