Erding:Krähen lassen sich nicht vertreiben

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Unser Archivbild zeigt Saatkrähen im Stadtpark Erding. Die Tiere fühlen sich dort noch immer sehr wohl. (Foto: Renate Schmidt)

Bauhofmitarbeiter haben 91 Nester zerstört, damit sich alle Vögel in den Stadtpark zurückziehen. Einige Paare haben ihre Brutstätten aber einfach wieder aufgebaut - und machen weiterhin jede Menge Lärm.

Von Antonia Steiger, Erding

Den Saatkrähen gefällt es in Erding - nicht nur im Stadtpark. Brutnester gibt es weiterhin unter anderem am Fehlbach und am Wasserturm. Das bedeutet, dass die Vergrämungsaktionen im Winter nur zum Teil zum Ziel geführt haben. Eigentlich sollten alle Saatkrähen in den Stadtpark zurückgetrieben werden. Zu diesem Zweck wurden Nester in elf Splitterkolonien im Stadtgebiet zerstört. Doch das ficht die Krähe nicht an: Etliche Nester hat sie am gleichen Standort wieder konstruiert, und zwar in sehr solider Bauart: Viele haben den Sturm Niklas "praktisch unversehrt" überstanden, wie der Jäger und Umweltreferent im Stadtrat, Thomas Schreder (CSU), feststellt.

465 Brutpaare gab es 2014 in Erding, das hat eine Zählung der Nester ergeben. Sie alle werden erfolgreich brüten, vermutet Schreder. Mit zwei bis drei Jungen pro Horst sei zu rechnen. Wenn nur ein Vogel pro Horst durchkommt, "haben wir in Kürze 1800 Saatkrähen in der Stadt". Die meisten Brutpaare haben es sich im Stadtpark bequem gemacht in der Nähe der Mädchenrealschule Heilig Blut und des Anne-Frank-Gymnasiums. Noch unterrichten die Schulen bei geschlossenen Fenstern. Doch wenn die jungen Saatkrähen nach Futter schreien, dann wird das Schreders Erwartungen zufolge in den Klassenzimmern nicht mehr zu überhören sein. Beschwerden und Anrufe gebe es aber schon jetzt - vor allem von Anwohnern der Splitterkolonien, die auf einen Erfolg der Vergrämungsaktionen gehofft hatten. 91 Nester haben die Mitarbeiter des Bauhofes nach Auskunft des Stadtpressesprechers Christian Wanninger entfernt, viele aus Bäumen, die auf städtischem Grund standen, einige aber auch aus Bäumen, die auf Privatgrund stehen. "Diese Liste ist abgearbeitet worden", sagt Wanninger. Doch die Krähen sind geblieben - zumindest ein Teil von ihnen. Ob es am Fehlbach entlang mitten in der Stadt jetzt vielleicht sogar mehr Nester gibt als zuvor, das werde an diesem Dienstag festgestellt bei einer ornithologischen Begleituntersuchung, sagt Wanninger.

Wenn sich Anwohner über das Krähengeschrei beschweren, verweist Schreder stets darauf, dass die Stadt Erding in dieser Sache nichts tun könne, ohne sich zuvor mit der Regierung von Oberbayern über die Maßnahmen gegen die geschützte Vogelart abzustimmen. Weil Schreder als Präsidiumsmitglied des Bayerischen Jagdverbandes auch im Naturschutzbeirat der Regierung von Oberbayern sitzt, wird er auch an dieser Stelle bei der nächsten Sitzung die Lage in Erding schildern. Dann müsse die Regierung von Oberbayern über weitere Maßnahmen entscheiden. Jetzt allerdings gibt es zunächst nichts zu tun - außer beobachten und zählen: Während der Brutzeit sei jede Art von Eingriff verboten.

Schon jetzt erzeugen die Saatkrähen in Teilen des Erdinger Stadtparks eine beeindruckende Geräuschkulisse. Das wird sich in drei bis vier Wochen noch einmal ganz anders anhören. Ob die von Schreder erwarteten etwa 1800 Saatkrähen dann aber auch dauerhaft in Erding bleiben, lasse sich jetzt noch nicht sagen. Das hängt unter anderem davon ab, ob die Vögel genügend Nahrung finden und ob es auch für noch mehr Vögel anständige Brutbäume gibt. Mögliche Abwanderungstendenzen der Vögel könnte die Stadt Erding mit dem nächsten Schritt der Stadtparksanierung unterstützen, das hatte der Erdinger OB Max Gotz (CSU) am Rande einer Diskussion schon einmal angedeutet. Wie das aussehen kann, ist noch unklar. Wahrscheinlich ist, dass der nächste Schritt der Parksanierung auch die bevorzugte Brutbäume der Saatkrähen in der Nähe der beiden Schulen umfassen würde. Die Bäume umzuschneiden, sei ausgeschlossen, sagt Schreder. Denkbar sei jedoch eine neue Gestaltung des Tiergeheges. Ob dann vielleicht ein Raubvogel die Krähenkolonie aufschrecken könnte, ließ Schreder völlig offen. Er betonte, dass man einen Raubvogel nicht ansiedeln könne. "Der wählt seinen Platz selber aus." Auch dem Wanderfalken, der vom Erdinger Stadtturm aus Druck auf die Tauben in der Innenstadt ausübt, habe die Stadt nur eine Nistmöglichkeit angeboten. "Der Falke entscheidet dann selbst, wo er bleibt."

© SZ vom 14.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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