Erding:Karrierefalle Teilzeitjob

Anlässlich des Weltfrauentages warnt eine Gewerkschaft vor ungleichen Beschäftigungsformen von Männern und Frauen

Von Thomas Jordan, Erding

Mehr als 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten im Landkreis Erding sind weiblich. Auch bei den Minijobbern überwiegen die Frauen. Zum Weltfrauentag an diesem Donnerstag hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) vor den Folgen ungleicher Beschäftigungsformen von Männern und Frauen gewarnt. Georg Schneider, Geschäftsführer der NGG Rosenheim-Oberbayern spricht von der "Karrierefalle" Teilzeitjob. Denn wer nur 20 oder 25 Stunden arbeite, habe es beim beruflichen Aufstieg deutlich schwerer. Die mit Teilzeit- und Minijobs verbundenen geringeren Löhne würden aber auch im Alter zum Problem. "Sollte die Politik nicht deutlich mehr gegen die Lohnungerechtigkeit unternehmen, dürfte sich auch die Altersarmut für Frauen verschärfen" so die NGG.

In großen Industrieunternehmen im Landkreis sorgen Betriebskindergärten und flexible Arbeitszeitmodelle dafür, dass ein Kinderwunsch nicht oft automatisch Teilzeitarbeit für Frauen bedeutet. Bei kleineren Betrieben gibt es diese Erleichterungen in der Regel nicht. Gerade im Gaststättengewerbe ist das ein Problem. Hier werde nur zu bestimmten Zeiten Personal benötigt, und auch da nur für einen überschaubaren Zeitraum, sagt Markus Halbmeier, Gewerkschaftssekretär der NGG. Zum Beispiel für die Frühstücksschicht und für den Mittagstisch. Das fördert Teilzeitarbeit und Minijobs. Und weil das Servicepersonal der Gaststätten überwiegend weiblich ist, liegt darin auch ein Grund für die enorme Anzahl von Frauen in Teilzeitarbeit im Gastrogewerbe. "Die Arbeitgeber haben sich das ganz nett eingerichtet mit der Teilzeitschicht" sagt Halbmeier und fordert ein gesetzliches "Rückkehrrecht auf Vollzeit" für alle Teilzeitbeschäftigten.

So mancher Gaststättenbetreiber im Landkreis sieht die ungleichen Beschäftigungsformen von Männern und Frauen aber gar nicht als Problem. Ein Wirt aus Dorfen beschäftigt insgesamt acht Minijobber und Teilzeitkräfte in seinem Gasthaus. Sieben davon sind weiblich. Aus seiner Sicht haben Servicekräfte im Gastrogewerbe sogar Vorteile gegenüber anderen Arbeitnehmern, die in Teilzeit arbeiten. Denn Bedienungen bekämen neben ihrer Bezahlung für den Teilzeitjob ja auch noch das Trinkgeld.

Kathrin Stemberger von der Agentur für Arbeit plädiert für eine insgesamt differenzierte Betrachtung der Thematik. Teilzeitjobs bei Frauen seien nicht per se problematisch: "Man muss es ganzheitlicher betrachten. Es gibt sicher Frauen, die sich in einer unzufriedenen Situation befinden, aber es gibt auch Frauen, deren Lebenssituation das gut entspricht." Für manche sei Teilzeit das Arbeitsmodell, das nebenbei zur Familie passe. Wo es Probleme gibt, kann auch die Agentur für Arbeit weiterhelfen: "Wenn eine Frau sagt, sie möchte mehr arbeiten aber es funktioniert nicht, dann bieten wir Hilfe an." Schon seit zwanzig Jahren gebe es dazu in der für Erding zuständigen Freisinger Agentur für Arbeit eine Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsplatz. Außerdem stünden dort Experten für die Rente zur Verfügung. Als Hauptgründe für den enorm hohen Frauenanteil bei Teilzeitjobs nennt Stemberger die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch Zuverdienstmöglichkeiten während des Studiums. Das massive Übergewicht von Frauen bei Teilzeit- und Minijobs ist übrigens keineswegs ein neues Problem. Im Jahr 2013 war es noch etwas höher als heute.

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