Erding:Immobilien wie bei Hobbits

Archäologen sind derzeit an der Münchner Straße und an der Pointnermühle zugange. Ihre Funde lassen Rückschlüsse auf den Alltag der Kelten in Erding zu

Thomas Daller

keltengrabung

Das Grabungsteam in der Münchner Straße (von links): Tanja Winkovics dokumentiert die Funde am Brunnen, Stefan Kaminski und Armin May legen ein Stück verkohltes Holz frei und Baggerfahrer Andre König von der Firma Forster wartet auf seinen nächsten Einsatz. Foto: Daller

(Foto: tdr)

Zahlreiche Ausgrabungen in und um Erding belegen, wie bedeutsam die Stadt aus archäologischer Sicht ist. Das Kletthamer Gräberfeld ist eine Fundstätte von europäischem Rang und die so genannte Erdinger Gruppe der Viereckschanzen macht ein Zehntel aller Anlagen in Bayern aus. Zwei aktuelle Grabungen in der Münchner Straße und an der Pointnermühle zeigen erneut, dass man in Erding fasst überall auf Spuren früherer Besiedlung stößt. Vor allem die keltischen Funde sind allgegenwärtig.

Es sind keine Schätze, die das archäologische Team in der Münchner Straße derzeit hebt, aber die Funde lassen Rückschlüsse auf den Alltag der Kelten zu. Ihre Wohnungen erinnern ein wenig an die Hobbits im "Herrn der Ringe": Drei keltische Grubenhäuser und einen Brunnen hat man auf dem Grundstück gefunden, wo früher die Tankstelle Greckl gestanden hat. Die Kelten gruben rechteckige Löcher in die Erde, und befestigten diese Erdkeller mit massiven Firstpfosten

. Das Dach lag auf der Erde auf und darauf befand sich eine Humusanlage, erklärte Stefan Kaminski, Assistent des Grabungsleiters Armin May. "Solche Erdkeller gibt es in Litauen heute noch", sagte Kaminski. Die Wände habe man mit Bohlen oder Lehm ausgekleidet. Deutlich zu sehen sind aber nur noch die dunklen Säulen im Erdreich, die die Firstpfosten hinterlassen haben. "Die Pfosten sind sehr tief, da stehen die Kelten drauf", erläutert Kaminski, "die haben gern sehr massiv gebaut."

Viele Siedlungsabfälle kommen bei den Grabungen zum Vorschein, vor allem Knochen und Keramik. Die Fachleute rekonstruieren aus den Speiseabfällen, was man damals gern gegessen hat. Die Begeisterung der Erdinger für Schweinsbraten und Rindersteaks hat demnach eine lange Tradition; ferner gab es Schaf und Ziege. "Außerdem haben die Kelten auch gerne Pferde gegessen", sagte Kaminski. Die Schale einer Süßwassermuschel, deutet darauf hin, dass auch sie auf der Speisekarte gestanden ist und selbstverständlich geht man davon aus, dass auch Fische gegessen wurden. "Aber Gräten und Fischknochen sind meistens so winzig, dass man sie bei den Grabungen einfach übersieht".

Behausungen und Speisezettel zu rekonstruieren ist einfach, schwieriger wird es, Angaben über die Dichte der damaligen Besiedlung zu machen. Obwohl man auf vielen Grundstücken keltische Erdkeller findet, bedeute das nicht, dass Erding flächendeckend besiedelt war, sagte Grabungsleiter May. Solche Erdkeller seien oft schon nach 20 Jahren aufgegeben worden, wenn der Boden im Umkreis durch Ackerbau ausgelaugt war, und man zog ein Stück weiter. Somit kann eine Familie mehrere Behausungen hinterlassen haben, wodurch Schätzungen der damaligen Bevölkerung erschwert werden.

Eine Woche noch, schätzt May, werden sie an der Münchner Straße zugange sein, bis die Grabungen auf diesem Grundstück abgeschlossen sind. Unterdessen steht ein zweites Team nur ein paar Meter weiter an der Pointnermühle erst am Anfang. Dort hat man bislang Reste mehrerer Grubenhäuser freigelegt; sie stammen aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Außerdem Keramikreste aus dem Mittelalter. Der Erdinger Boden hat längst noch nicht alle Geheimnisse preisgegeben.

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