"Lightcycle Rohstoffwochen":Im Sinne der Wirtschaft

Schirmherrin Ulrike Scharf MDL Bayerische Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz im Umwelt-Dialog mit Jugendlichen am Korbinian-Aigner-Gymnasium Erding

Schirmherrin der Vortragsreihe ist die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Sie gab sich wirtschaftsfreundlich.

(Foto: Florian Peljak)

Am Korbinian-Aigner-Gymnasium sind die "Lightcycle Rohstoffwochen" zu Gast, in deren Rahmen die Schüler über Recycling und Rohstoffe informiert werden. Auftraggeber der aufwendigen Aktion ist die Leuchtmittelindustrie.

Von Mathias Weber, Erding

Hans-Joachim Fuhrig freut sich. Der Rektor des Korbinian-Aigner-Gymnasiums darf Gäste aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu einem Thema an seiner Schule begrüßen, das dort schon seit jeher eine Rolle spielt: der richtige Umgang mit der Umwelt. Ein Thema, das die Schüler immer wieder beschäftigt, zum Beispiel bei der Konstruktion einer Klimaampel, die für eine gute Raumbelüftung sorgen soll, bei der eigenen Bienenzucht des Gymnasiums oder sogar bei einer Meerwasserentsalzungsanlage, die im Rahmen des Unterrichts entworfen wurde. "Wir sind sicher die richtige Schule für die Rohstoffwoche", sagt Fuhrig.

Er meint die "Lightcycle Rohstoffwochen", eine als "Bildungsinitiative" betitelte bundesweite Vortragsreihe, die noch bis zum Montag am Erdinger Gymnasium gastiert. Im Rahmen dieser Reihe kommen Redner in die 11. und 10. Klassen und diskutieren aktuelle Umweltthemen: Es geht vor allem um Recycling und Rohstoffe, um ökologische und soziale Folgen von Abbau und Nutzung und immer wieder um deren Entsorgung. In der Ankündigung heißt es, die Schüler erarbeiteten "Handlungsoptionen, wie sie aktiv im privaten und schulischen Umfeld ihren sozialen und ökologischen Fußabdruck verringern können." Die Referenten kommen von "Geoscopia Umweltbildung" aus Bochum, einem Unternehmen, das auf die Vermittlung von Umweltthemen spezialisiert ist. Die Rohstoffwochen, wo heißt es, seien zudem ein offizielles Projekt der Weltdekade zur Bildung für nachhaltige Entwicklung der Unesco sowie des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung.

Schirmherrin der Veranstaltungen an bayerischen Schulen ist die Umweltministerin und Erdinger CSU-Landtagsabgeordnete Ulrike Scharf. Sie kam am Donnerstagmorgen zu einer Vorstellung der Reihe an das Gymnasium und unterhielt sich mit einigen Schülern der 11. Jahrgangsstufe im Rahmen einer Diskussionsrunde über das Thema Recycling. Ein wichtiges Thema, wie Scharf sagte: "Der Umgang mit endlichen Rohstoffen ist ein Schlüsselthema dieses Jahrhunderts."

Organisiert wurde die Veranstaltung, an der auch der stellvertretende Landrat Jakob Schwimmer und der zweite Bürgermeister Ludwig Kirmair teilnahmen, vom "Institut für innovative Bildungskonzepte" mit Sitz in München. Die Geschäftsidee dieses Unternehmens ist es, Bildungsprojekte zu organisierten - für "Auftraggeber aus Unternehmen, Verbänden und Institutionen", wie es auf deren Homepage heißt. Dort ist auch klar beschrieben, welche Stoßrichtung diese in Auftrag gegebenen Bildungsprojekte wie die "Rohstoffwochen" haben sollen: "Wir konzipieren und organisieren pädagogisch hochwertige Bildungsmaßnahmen, maßgeschneidert auf ihre Marketing- und Kommunikationsziele."

Auftraggeber der Verwirklichung dieser Ziele ist im konkreten Fall das Unternehmen Lightcycle Retourlogistik und Service GmbH. Nach eigenen Angaben handelt es sich hierbei um eine "nicht gewinnorientiertes Gemeinschaftsunternehmen führender Lichthersteller", unter ihnen Osram, Philips und GE. Lightcycle organisiert die Rücknahme ausgedienter Lichtmittel, etwa LED- und Energiesparlampen. Das Unternehmen schreibt, man führe die gesammelten Lampen "einem fachgerechten Recycling zu, wodurch die Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe sichergestellt wird". Hinter den "Rohstoffwochen", die ein Bewusstsein für Recycling schaffen sollen, steht also durchaus wirtschaftliches Interesse der Industrie.

Dass ein Unternehmen Schulzeit und -ort nutzt, um seine Interessen einem jugendlichem Publikum näher zu bringen, hält Erhard Kressierer für nicht ideal, aber vertretbar. Der Lehrer ist Koordinator des Projektes am Korbinian-Aigner-Gymnasium, und blickt auf die gute Seite der Aktion: "Egal, wo das Geld herkommt, wenn die Fakten stimmen, und wenn es die Schüler nachdenklich macht, dann haben wir viel erreicht." Die Aktionswoche sei nur eine erste Erfahrung gewesen. Und nachdenklich sind die Schüler offenbar, das wurde in der Diskussionsrunde mit Umweltministerin Scharf zum Thema Recycling klar. Die Schüler machen sich zum Beispiel sorgen über unmenschliche Arbeitsbedingungen in Rohstoffminen auf der ganzen Welt, kritisieren das geringe Vertrauen, das die Bürger dem Recyclingsystem entgegenbringen und hatten auch unbequeme Fragen an Ministerin Scharf: Warum etwa reguliert die Politik die Unternehmen nicht, die die Rohstoffe für ihre Produkte unter oft menschenunwürdigen Bedingungen beschafften? Scharf bleibt sich treu und sagt, sie halte nichts von einem staatlichen Eingriff in den Wirtschaftskreislauf, vielmehr setzte sie auf die Freiwilligkeit der Industrie. Das überzeugte die Schüler nicht, einer wollte wissen, wie es eigentlich mit Lobbyisten in ihrem Ministerium aussehe. "Da wird aber ein Fass aufgemacht", lachte Scharf die Frage weg, und auch der Referent von Geoscopia und die Diskussionsleiterin vom Instituts für innovative Bildungskonzepte wollten schnell ein anderes Thema ansprechen.

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