Die SPD erinnert sich:Goldene Zeiten

schmidmayer

Auch damals hat das Bier schon geschmeckt: Der ehemalige Erdinger SPD-Bürgermeister Hans Schmidmayer auf dem von ihm initiierten Herbstfest.

(Foto: oh)

Die Erdinger SPD erinnert an ihre Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg vor fast genau 70 Jahren

Von Mathias Weber, Erding

Es ist ein ziemlich trauriger Satz, der da auf dem Faltblatt steht: "Die Blütezeit der Erdinger SPD, die mit der Ära Schmidmayer so hoffnungsvoll begonnen hatte, ist fürs Erste vorbei", heißt es über die Geschichte der Partei lakonisch. Denn bis eine neue goldene Ära für die Partei anbricht, müssen sich die Genossen an die Zeit unter dem fast schon legendären Bürgermeister Hans Schmidmayer erinnern, der nach dem Krieg die Stadt von 1948 bis 1966 geführt hatte. Einen weiteren Bürgermeister hat die SPD nämlich seitdem nicht mehr stellen können. Trotzdem: Die SPD war und ist eine stolze Partei. Es war nach dem Zweiten Weltkrieg, als tatsächlich eine "Blütezeit" der Erdinger Sozialdemokraten anbrach. Angefangen hat sie mit einem Akt, der sich vor fast genau 70 Jahren zugetragen hatte, und dem die heutigen Parteimitglieder in dieser Woche am Originalschauplatz gedacht haben: Der Wiedergründung der Erdinger SPD nach dem Krieg. Erding, Ende 1945: Die Stadt liegt zu Teilen in Trümmern, die amerikanische Militärregierung regiert, Flüchtlinge aus den Ostgebieten kommen in die Stadt. In dieser Situation gelingt der demokratische Aufbruch: Politische Parteien werden unter Auflagen zugelassen. Hans Schmidmayer will die Gelegenheit nutzen und sammelt 25 Genossen um sich, die guten Gewissens die berühmten Entnazifizierungsbögen ausfüllen können; 131 persönliche Fragen zur politischen Vergangenheit müssen beantwortet werden. Schmidmayer beantragt die Bildung einer sozialdemokratischen Partei bei der amerikanischen Militärverwaltung - in vierfacher Ausführung und in englischer Übersetzung.

Am 1. Dezember 1945 finden sich die 25 Genossen - unter ihnen keine Frau - im Gasthaus "Zum schönen Turm" ein und gründen die SPD neu. Sie bestimmen Programm und Satzung, jeder muss fünf Reichsmark in die Parteikasse einzahlen. Der neue Vorsitzende Schmidmayer gedachte, so heißt es im Protokoll zur Sitzung, "aller jenen, welche heute, nach 12-jähriger Unterbrechung leider nicht mehr am Neuaufbau mitmachen könnten." Weiter heißt es in etwas schiefem Deutsch: "Schmidmayer führte dann aus, dass die sogenannten 1000 Jahre der Nazi nun vorbei sind und wir wieder am Neuaufbau unserer Bewegung denken können." Der Neuaufbau gelingt. Bereits ein halbes Jahr nach Parteigründung hat die SPD 77 Mitglieder, unter ihnen auch viele Flüchtlinge, die später hohe Ämter in der Partei übernehmen werden. 1946 wird Schmidmayer zweiter Bürgermeister und 1948 dann erster. In seine Amtszeit fallen wichtige Wohnbauprogramme, der Bau der Schule am Lodererplatz und des Gymnasiums bei Hl. Blut und eine ganz besondere Idee: Auf seine Anregung hin findet 1949 das erste "Volks- und Heimatfest" statt, das spätere Herbstfest, das noch heute gefeiert wird. Von 1946, als zum ersten Mal nach dem Krieg ein Stadtrat gewählt wurde, bis zur Stadtratswahl 2014 ist sich die SPD übrigens treu geblieben. Beide Male hat die Partei genau fünf Mandate erreichen können; wobei freilich heute weit mehr Parteien im Rat vertreten sind als noch kurz nach dem Krieg (als die CSU mit neun Sitzen die Mehrheit übernahm und auch ein KPD-Mann einzog). Und Wahlen gewinnen kann die SPD doch auch heute noch, wenn auch nicht in Erding selbst: Nicole Schley wurde 2014 in Ottenhofen zur ersten SPD-Bürgermeisterin gewählt - eine Premiere für die Partei im Landkreis.

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