Buchhandlungen:Es gibt sie noch

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Am heutigen Welttag des Buches machen auch die Erdinger Buchhandlungen auf sich aufmerksam. Denn auch wenn die Konkurrenz groß ist - die Kunden bleiben den Läden treu.

Von Mathias Weber

Branko Pajtler ist dieser Tage schwer zu erreichen. Eine Schulklasse nach der anderen kommt in die Dorfener Buchhandlung, und es ist an Pajtler, sie zu beschäftigen: Er erklärt den Viert- und Fünftklässlern, was der Unterschied zwischen einer Buchhandlung und einer Bibliothek ist, dass an beiden Orten aber ruhig in Büchern geschmökert werden darf. Die Kinder stellen ihre Lieblingsbücher vor und dürfen sich auch selbst als Buchhandler hinter den Tresen stellen und ihre Klassenkameraden beraten. Und ein Buch gibt es für jeden der gut 250 Schüler auch, die in dieser Woche, rund um den "Welttag des Buches", vorbeikommen.

1995 hat die Unesco den 23. April zu einem weltweiten Tag des Lesens ausgerufen. Er ist inspiriert von einer katalanischen Tradition, am Namenstag des heiligen Georg Rosen und Bücher zu verschenken; außerdem ist der 23. der Todestag der Autoren Shakespeare und Cervantes. In Deutschland unterstützen der Börsenverein des deutschen Buchhandels und Verlagshäuser Buchhandlungen dabei, Aktionen durchzuführen. Zudem unterstützen sie den Buchhandel finanziell: Die "Welttagsbücher", die die Kinder zum Beispiel in Dorfen mitnehmen können, sind kostenlos. "Den Kindern macht es Spaß", sagt Buchhändler Pajtler. Aus Selbstlosigkeit nimmt der Buchhandel die Kosten und den Aufwand natürlich nicht auf sich: Kundenbindung soll er mit sich bringen. Das erhofft sich auch der Dorfener Buchhändler Pajtler, der seit 20 Jahren im Geschäft ist. "Es lohnt sich indirekt", sagt er, "die Verbindung zu den Schulen ist durchaus wichtig." Er sieht durch die Aktion den Kontakt zu den Lehrern gepflegt, die nach wie vor Bücher bei ihm bestellen. Und vor allem sollen eben Kinder an Bücher herangeführt werden. "Das überlässt man nicht mehr nur den Schulen."

Denn die Zeiten, in denen Buchhändler nur einen Stapel Bücher hätten hinstellen müssen, und der habe sich dann verkauft, die seien vorbei, sagt Pajtler. Man muss wahrgenommen werden, glaubt er, man muss Verhältnisse pflegen und mit den Leuten vor Ort Kontakt halten. Und man muss wissen, was die Kundschaft will. In Dorfen etwa kaufen zum Großteil Frauen und ihre Kinder ein. Und weil die Gegend ländlich geprägt ist, gibt es einen überraschenden Bestseller: Kinderbücher über Landmaschinen.

Trotzdem muss man mit der Zeit gehen: Bücher kann man bei der Dorfener Buchhandlung auch online bestellen. Das laufe auch einigermaßen gut, sagt Pajtler, vor allem, seit der große Konkurrent Amazon vor einigen Jahren wegen schlechter Arbeitsbedingungen und der Abfrage von Kundendaten in Kritik geraten ist. Aber die Konkurrenz ist Internet ist groß: "Von den Wachstumsraten, die wir in den 90er-Jahren hatten, können wir jetzt nur träumen, aber wir können überleben", sagt Pajtler. So wie noch verschiedene andere Buchhändler in Erding, in der Großen Kreisstadt selbst sind es noch eine ganze Menge: Von den Ketten Weltbild in der Innenstadt und Rupprecht im Gewerbegebiet Aufhausen bis zum Erdinger Lesezeichen in der Haager Straße und der Buchhandlung Betz im Herzoggraben. Im östlichen Landkreis hält sich neben der Dorfener Buchhandlung das Lesen & Schenken in der Taufkirchner Innenstadt. Und offenbar geht auch den Bibliotheken im Landkreis die Kundschaft nicht aus: Fast 5900 Erdinger haben im vergangenen Jahr ein Buch oder mehrere bei der Stadtbücherei ausgeliehen - fast 200 Menschen mehr als in Vorjahr. Auch die Zahl der Neuanmeldungen steigt, 1283 waren es 2014. Bücher werden also nach wie vor gelesen, aber wie es mit den Buchhandlungen weiter geht, darüber wagt Branko Pajtler keine Prognose. "Wer weiß, wie es in zehn Jahren ausschaut?", sagt er. Gedanken macht er sich zum Beispiel über die stete Digitalisierung des Klassenzimmers. Wer wird noch bei ihm Bücher bestellen, wenn die Schüler am Tablet lesen? Das kostenlose Buch zum Weltbuchtag könnte es dann vielleicht nicht mehr geben.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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