Notaufnahme:Ersatz für den Hausarzt

Immer mehr Patienten: Nicht nur in den Ballungsräumen, auch in Erding leidet die Notaufnahme des Krankenhauses an Überfüllung. Das verursacht auch finanzielle Probleme

Von Mathias Weber, Erding

Hilferuf aus München und Nürnberg: Die Kliniken in den Ballungszentren des Freistaates teilen derzeit öffentlich mit, dass deren Notaufnahmen heillos überfüllt seien. Dem Erdinger Klinikum geht es da wenig besser: Auch hier ist die Situation derzeit überaus prekär. Der Vorstand des Krankenhauses, Sándor Mohácsi, sagt sogar, derzeit erlebe das Haus eine Situation, "wie wir sie noch nicht gekannt haben".

Entspannt sei die Situation keinesfalls, sagt Mohácsi, und vor allem "kein Zuckerschlecken": Immer mehr Patienten würden auch in Erding in die Notfallaufnahmen kommen, ein Trend, der sich schon seit Jahren abzeichnet. Sie kämen für internistische Fälle ins Krankenhaus, die zum Teil besser in einer Hausarztpraxis untersucht werden sollten. So suchten vor fünf Jahren noch 11 300 Menschen, die nach einer schnellen Behandlung wieder nach Hause gehen konnten, die Notaufnahme auf. 2013 waren es schon 15 300. Eine Zunahme von 35 Prozent binnen drei Jahren.

Hinzu kommen derzeit viele saisonale internistische Notfälle. Es ist kalt, die Menschen werden leicht krank, und die Grippewelle, die im Moment durch die Bevölkerung rauscht, tut ihr Übriges. So muss Mohácsi einen Rekord verkünden: So angespannt wie im vergangenen Januar war die Situation in Erding noch nie.

Zudem macht die Grippe auch vor den Mitarbeitern im Krankenhaus nicht Halt, Krankmeldungen verschärfen die Situation noch mehr. Allerdings weist Mohácsi auch darauf hin, dass sein "hervorragendes Personal die Engpässe abfedern" könne. Zudem werde kein Patient, der von sich aus in die Notaufnahme kommt, abgewiesen.

Wer allerdings mit einem Rettungsdienst in die Notaufnahme gebracht wird, der könnte tatsächlich im Extremfall vor verschlossenen Türen stehen. Vorstand Mohácsi sagt, dass es durchaus schon vorgekommen sei, dass die Notaufnahme sich bei den Rettungsdiensten abgemeldet hat, also signalisiert, dass sie keine Kapazitäten hat, weitere Patienten aufzunehmen. Allerdings dauerte dieser Aufnahmestopp nicht lange, nur wenige Stunden. Aber es ist auch so, dass ein Notarzt trotzdem eine Zwangsbelegung anordnen kann, wenn die Umstände dies erfordern, der Weg zu einem anderen Krankenhaus zum Beispiel zu lang wäre.

Die angespannte Situation in der Erdinger Notaufnahme ist nicht nur für die Patienten unangenehm, auch aus wirtschaftlicher Sicht führt sie zu Problemen. Mohácsi hatte es bereits im vergangenen Sommer vorgerechnet: 2013 habe die Notaufnahme durch die Versorgung ambulanter Fälle einen Verlust von 800 000 Euro gemacht - das waren 42 Prozent des Gesamtverlustes 2013 von 1,9 Millionen Euro. Vor zwei Jahren kamen mehr als die Hälfte der damals 16 300 stationär behandelten Patienten durch die Notaufnahme ins Haus, wurden anschließend operiert oder auf einer Station behandelt. Doch ist sie auch Anlaufstelle für viele Menschen, die keines Aufenthalts bedürfen: Unter der Woche beginnt der Andrang gegen 17 Uhr, wenn Hausärzte und Facharztpraxen geschlossen haben, und dauert bis gegen 23 Uhr, sagte Mohácsi im Sommer. An den Wochenenden ist die Notaufnahme schon vom Vormittag an voller Patienten. Die Menschen kommen mit blutenden Verletzungen, aber auch mit Kopf- und Rückenschmerzen. Ein durchaus "klassischer Fall" in der Notaufnahme seien Patienten, "die sagen, ich hab die Beschwerden schon die ganze Woche, jetzt ist es aber so schlimm geworden, dass ich es nicht mehr aushalte". Und manch einer komme, der zwar schon einen Termin bei seinem niedergelassenen Arzt hat, aber erst in drei Wochen.

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