Erding:"Er wird ein Leben lang an dieser Tat tragen"

26-Jähriger rast betrunken in eine Unfallstelle und tötet einen Menschen. Ein hohes Maß an Reue bewahrt ihn davor, dass die Freiheitsstrafe vollstreckt wird

Thomas Daller

Ein junger Mann überschlägt sich mit seinem Auto, überlebt - und wird dann an der Unfallstelle von einem Betrunkenen totgefahren. Dieses Drama hat sich am 25. Januar gegen sechs Uhr morgens bei Moosinning zugetragen. Der Fahrer wurde gestern am Amtsgericht Erding zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Yvonne Folk betonte, dass die Strafe nur aufgrund des "besonderen Falls" zur Bewährung ausgesetzt werde. Sie sei sicher, dass der Täter nie mehr alkoholisiert fahren werde.

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Der 26-Jährige muss nicht ins Gefängnis. Er hat eine günstige Sozialprognose

(Foto: dpa)

Es war noch stockdunkel, als der 18-jährige Norbert K. mit dem BMW seiner Freundin in einer Linkskurve von der Fahrbahn abkam, gegen eine Böschung prallte und sich überschlug. Das Auto landete mit dem Dach auf der Fahrbahn. Benommen, aber weitgehend unverletzt blieb K. im Wagen liegen. Malermeister Christian Keiber war als erster an der Unfallstelle. Er schaltete das Warnblinklicht ein und stellte seinen Transporter so am Straßenrand ab, dass er mit den Scheinwerfern das Wrack ausleuchten konnte, und half K. aus dem Wagen.

Mit dem Handy setzte er einen Notruf ab und dirigierte K. auf den Grünstreifen, wo er bleiben und auf den Notarzt warten sollte. Während Keiber rund 70 Meter weiter Richtung Niederneuching ging, um der Rettungsleitzentrale anhand von Straßenschildern eine genauere Ortsangabe zu liefern, geschah das Unglück: K. war wieder auf die Straße gegangen und lehnte mit abgewandten Gesicht an dem Auto. Unterdessen kam ein 26-jähriger Fluggerätemechaniker aus Richtung Niederneuching mit hoher Geschwindigkeit heran.

Obwohl ihm der Malermeister mit seiner Taschenlampe noch Zeichen gab, fuhr er ohne zu reagieren vorbei und mit vollem Tempo in Norbert K., der vor dem Unfallfahrzeug stand. Er starb an Ort und Stelle. Der 26-Jährige hatte 1,24 Promille Alkohol im Blut sowie Spuren einer Schmerztablette, die ebenfalls die Reaktionsgeschwindigkeit herabsetzte.

Der Fluggerätemechaniker wurde der fahrlässigen Tötung angeklagt. Vor Gericht sagte er aus, er sei seit dem Unfall krankgeschrieben und befinde sich in Therapie. An den Unfall selbst könne er sich nicht erinnern, auch das Geschehen davor und den Vorabend habe er nur bruchstückhaft im Gedächtnis. Er habe am Abend davor eine Schmerztablette genommen, die ihm der Arzt verordnet habe. Aufgrund einer angebrochenen Flasche habe er später rekonstruiert, dass er anschließend eine halbe Flasche Whisky getrunken habe. Am darauffolgenden Morgen habe er noch seine Hunde zu seinen Eltern gebracht und sei dann weiter Richtung Moosinning, um gemeinsam mit einem Kollegen zur Arbeit zu fahren.

Vor Gericht versuchten Sachverständige zu klären, wie die Sichtverhältnisse auf die Unfallstelle waren und ob der Fluggerätemechaniker im nüchternen Zustand den Unfall hätte vermeiden können. Hinsichtlich des Wracks gab es Zweifel, der dahinter stehende Transporter mit eingeschalteten Scheinwerfern und Warnblinklicht sei jedoch klar erkennbar gewesen.

Der Staatsanwalt forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten ohne Bewährung und eine Fahrerlaubnissperre von zwei Jahren und sechs Monaten: "Die Strafe muss vollstreckt werden." Rechtsanwalt Andreas Martin, der als Nebenkläger die Eltern von Norbert K. vertrat, zweifelte daran, dass sich der Angeklagte an nichts mehr erinnern könne, und warf ihm vor, ein Alkoholproblem zu haben.

Das wiederum bestritt Rechtsanwalt Erich Hanslmaier, der den Angeklagten vertrat. Er sprach von einer Verkettung unglücklicher Umstände: Wäre K. auf dem Grünstreifen sitzen geblieben, hätte sein Mandant nur das leere Wrack gerammt. Hanslmaier hielt 20 Monate auf Bewährung für angemessen.

Richterin Folk bescheinigte dem Angeklagten "Schuldeingeständnis und Reue, die über das übliche Maß hinaus gehen. Er wird ein Leben lang an dieser Tat tragen". Er habe weder Vorstrafen noch Einträge im Verkehrsregister, dafür aber eine positive Sozialprognose. Zur Bewährungsstrafe kamen noch ein Jahr Führerscheinentzug und 5000 Euro Geldbuße.

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