Erding:Die Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg

Die Lebenswelten junger Migranten in Erding standen im Zentrum der Podiumsdiskussion bei den diesjährigen "Tagen der Toleranz". Mit am Tisch saß auch Martin Neumeyer, Integrationsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung

Von Alisa Schmitz

Erding: Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion im Zelt am Grünen Markt sind sich einig: Integration kann nicht erst bei der Einbürgerung beginnen

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion im Zelt am Grünen Markt sind sich einig: Integration kann nicht erst bei der Einbürgerung beginnen

(Foto: Bauersachs)

Elina Eckel lebt seit ihrem vierten Lebensjahr in Deutschland. Die junge Freisingerin ist in Niederbayern aufgewachsen, spricht perfektes Deutsch, gerne auch mal im bairischem Dialekt, und fühlt sich auch so. Wird sie nach ihrer Nationalität gefragt, antwortet sie ebenso freudig wie überzeugt "deutsch!". "Doch wenn ich erzähle, dass ich in Russland geboren wurde, werde ich sofort als Russin abgestempelt. Das macht mich traurig".

Elina ist eine von vielen Gästen bei den "Tagen der Toleranz". Obwohl es in Strömen regnet hat sich das weiße Zelt auf dem Grünen Markt gut gefüllt. Neben Essen und Getränken gibt es vor allem Informationsstände, die sich alle um ein Thema drehen: Gleichheit. Während eine Ausstellung auf die Lebensumstände und den Hintergrund von Asylbewerbern aufmerksam macht, soll die Podiumsdiskussion zum Thema "Lebenswelten junger Migranten in Deutschland" die Realität junger Menschen mit Migrationshintergrund widerspiegeln.

An der Diskussion am Freitagabend beteiligten sich neben Martin Neumeyer, Integrationsbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, auch Eleni Lehner, die als Leiterin der Abteilung Sprachen an der Volkshochschule Erding auch Deutschkurse für Migranten anbietet, Peter Libossek, Leiter der Mittelschule Erding, und Ibrahim Maiga vom Bayerischen Jugendring. Die Jugend selbst wird durch zwei Vertreterinnen des Jugendparlaments, Feyza Alinisic und Svenja Tikovsky, sowie dem Rapper Cisko Cash aus Freising repräsentiert.

Gerade letzterer hat die Probleme, die die Integration mit sich bringt, am eigenen Leib erfahren. Vor vier Jahren kam er aus Rumänien nach Deutschland, hatte zwar einen Schulabschluss vom Gymnasium in der Tasche, konnte aber kein Wort Deutsch. "Es war alles so neu für mich und die Sprache zu lernen, fiel mir wirklich schwer", erklärte der Rapper. Doch er hat es geschafft: Durch Freunde, Offenheit und die Leidenschaft für Musik kann er sich mittlerweile gut verständigen und plant seine Zukunft in Deutschland. "Ich werde im nächstem Monat Vater. Ich möchte mir hier ein Leben mit meiner Freundin und meinem Kind aufbauen, sonst wäre ich ja nicht hier", erklärt er.

Die Diskussion dreht sich um viele Aspekte: Wie hilft man Migranten, die sich nicht helfen lassen wollen? Was läuft in Bayern, besonders Erding, schief? Die Antworten scheinen einfach: Offen sein, bessere Kurse anbieten, das Miteinander lernen. Und in einem Punkt waren sich alle einig: die Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg. "Für viele Ausländer ist der Besuch von Deutschkursen seit 2005 aber gar nicht mehr möglich", bemängelte Lehner.

Seit sieben Jahren seien Menschen, die nicht aus der EU, den USA oder Japan nach Deutschland kommen und hier leben wollen, zu einer bestimmten Stundenzahl an wöchentlichem Deutschunterricht verpflichtet. "Das Prinzip ist richtig, aber die Umsetzung ist schlicht weg nicht möglich", sagte Lehner. "Durch diese Verpflichtung sind die Ausländer gezwungen, sich zwischen Job und Lernen zu entscheiden. Keiner schafft es, neben einem zehnstündigen Arbeitstag noch fünf Stunden eine neue Sprache zu lernen."

Doch vor allem in der letzten Fragerunde wurde deutlich, dass Integration nicht erst bei der Einbürgerung beginnen kann. "Man muss sich immer selbst fragen: Was mache ich eigentlich für die Integration, was ist mein Beitrag zu unserer Gesellschaft?", sagte Feyza Alinisic und richtete sich damit an beide Seiten, die Einheimischen ebenso wie die Migranten selbst. Und auch Lehner fragt mit ihrem letzten Statement nach dem Sinn von Bezeichnungen wie Migration und Herkunft. "Wir sind alle Menschen und jeder sollte dort leben können, wo er es möchte." Der Applaus schien ihr Recht zu geben.

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