Erding:Die Lage spitzt sich auch in Erding zu

Das Landratsamt muss bis Ende des Jahres für etwa 70 weitere Asylsuchende Wohnraum finden und anmieten. Ein besonderes Problem ist die Unterrichtspflicht für ältere Jugendliche und junge erwachsene Flüchtlinge

Von Florian Tempel

Erding: In Erding leben Asylbewerber bereits seit 2012 in einer früheren Gaststätte. Hier gibt es auch einen Laden, in dem sie einkaufen können, links die Fachbereichsleiterin Christine Kaltenbach vom Landratsamt, rechts Maximilian Gromes von der Regierung von Oberbayern

In Erding leben Asylbewerber bereits seit 2012 in einer früheren Gaststätte. Hier gibt es auch einen Laden, in dem sie einkaufen können, links die Fachbereichsleiterin Christine Kaltenbach vom Landratsamt, rechts Maximilian Gromes von der Regierung von Oberbayern

(Foto: Bauersachs)

Die Zahl der Flüchtlinge, die im Landkreis Erding untergebracht werden müssen, wird bis zu Jahresende noch deutlich ansteigen. Aktuell leben 132 Frauen, Männer und Kinder, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sind, in sieben Unterkünften in Erding und einem Haus in Grucking. Dazu kommen 20 offiziell bereits anerkannte Flüchtlinge, die vor allem in Wohnungen in Taufkirchen leben. Laut Auskunft der Regierung von Oberbayern muss das Landratsamt bis Ende des Jahres noch für etwa 70 weitere Flüchtlinge Wohnraum finden und anmieten.

In den vergangenen Wochen hat sich die Lage bei der Unterbringung von Asylsuchenden zugespitzt. Die Gemeinschaftsunterkünfte rund um München, in denen häufig mehrere hundert Menschen auf engstem Raum leben müssen, sind komplett voll, wenn nicht überfüllt. Eine Sprecherin der für die Flüchtlingsunterbringung eigentlich zuständigen Regierung von Oberbayern sagte, "wir sind dringend auf Direktzuweisungen an die kreisfreien Städte und Landkreise angewiesen". Die sogenannten Zuweisungen erfolgen nach Auskunft des Landratsamtes "permanent"- also sobald neuer Wohnraum gefunden, angemietet und hergerichtet ist.

Die drei häufigsten Herkunftsländer der Flüchtlinge sind Afghanistan, Irak und Nigeria. Von den 132 Asylbewerbern sind 53 Männer, 36 Frauen und 43 Kinder. Die Minderjährigen teilen sich auf in 26 Kleinkinder, sechs im Kindergartenalter, neun Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren und elf Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahre. Zudem sind 17 Flüchtlinge junge Erwachsene unter 21 Jahre.

Kinder und Jugendliche sind schulpflichtig. Derzeit besuchen in Erding sieben Flüchtlingskinder die Grundschule am Lodererplatz und drei Jugendliche die Mittelschule in Altenerding. Die Schulen müssen selbst schauen, dass sie Förderlehrer für den notwendigerweise intensiven Unterricht der Kinder und Jugendlichen einsetzen. Obwohl der Bedarf durch die Flüchtlingskinder steigt, gibt es bislang keine zusätzlichen Lehrer für diese besondere Schülergruppe.

Das Schulamt Erding hat für den gesamten Landkreis in diesem Schuljahr 215 Wochenstunden für Förderlehrer zugewiesen bekommen. Im kommenden Jahr wird die Zahl der Wochenstunden aber nicht etwa erhöht, sondern um fünf Stunden gesenkt, sagte der Leiter des Schulamts, Hans-Rudolf Suhre. Denn die Zahl der zugeteilten Förderstunden orientiert sich an den allgemeinen Schülerzahlen - und im Allgemeinen geht die Zahl der Schüler tendenziell zurück.

Eine besonderes Problem ist, dass ältere Jugendliche und junge erwachsene Flüchtlinge berufsschulpflichtig sind und deshalb Unterricht erhalten müssten. Den gibt es bislang aber nicht. Maria Brand, die seit eineinhalb Jahren Flüchtlinge im Landkreis ehrenamtlich berät, hat es in Eigeninitiative geschafft, etwa ein Dutzend junger Flüchtlinge in München in speziellen Unterrichtsangeboten unterzubringen. Das Fahrgeld muss dabei durch Spenden zusammengesammelt werden. In manchen Fällen habe die Diözese München-Freising das Fahrgeld übernommen, sagte Brand.

Auch für das kommende Schuljahr wird keine Flüchtlingsklasse an der Erdinger Berufsschule eingerichtet. "Nach der aktuellen Planung gibt es nur eine Klasse an der Berufsschule Freising", weiß der Erdinger Berufsschuldirektor Dieter Link. Erst im Schuljahr 2014/15 wird eventuell eine solche Klasse auch an seiner Schule installiert. Dabei gibt es schon jetzt mehr als zehn berufsschulpflichtige Flüchtlinge im Landkreis Erding und noch mehr im Nachbarlandkreis.

Die Klasse in Freising soll jedoch maximal 20 Schüler haben, wobei für intensiven Sprachunterricht weniger Schüler in der Klasse sicher besser wären, findet Link. Schon jetzt und erst recht angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen scheint eine zweite Klasse, ob in Freising oder Erding, notwendig. Die Kreis-SPD hat das in einem Antrag bereits gefordert. Aus dem Landratsamt hieß es dazu, die Einrichtung einer solche Klasse "liegt aber nicht in der Entscheidung des Landratsamtes".

Besser läuft es in Dachau. Dort wird von September an eine spezielle Klasse für Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 21 Jahre eingerichtet. Möglich wurde das auf Initiative des dortigen Arbeitskreis Asyl mit Unterstützung durch den Landtagsabgeordneten Bernhard Seidenath (CSU). Seidenath schmiedete eine breite Allianz an Unterstützern und Sponsoren, wurde beim Kultusministerium vorstellig und fand Gehör mit dem Anliegen. Seidenath sagte der Süddeutschen Zeitung, er habe sich aus Überzeugung ins Zeug gelegt: "Die Leute, die zu uns kommen sind motiviert, die wollen was lernen. Mir war klar: Da müssen wir was tun."

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