Erding:Der Friedensrichter

Erding: Das Verwaltungsgericht hat entschieden: auf der landwirtschaftlichen Fläche dürfen Kirschen und Erlen auf einer Kurzumtriebsplantage gepflanzt werden.

Das Verwaltungsgericht hat entschieden: auf der landwirtschaftlichen Fläche dürfen Kirschen und Erlen auf einer Kurzumtriebsplantage gepflanzt werden.

(Foto: privat)

Streit um genehmigte Kurzumtriebsplantage entzweit Dorf und landet vor dem Verwaltungsgericht

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Manchmal muss ein Richter nicht nur Recht sprechen, sondern auch als Friedensvermittler auftreten, wenn er merkt, dass in einem kleinen Dorf etwas in Schieflage geraten ist, wenn dort nicht mehr Unstimmigkeiten miteinander ausdiskutiert werden, sondern gleich vor Gericht gegangen wird. Wie im Fall einer sogenannten Kurzumtriebsplantage (KUP) im Eittingermoos. Dabei handelt es sich um landwirtschaftliche Flächen, auf denen schnell wachsende Bäume angepflanzt werden - mit dem Ziel, innerhalb kurzer Zeit Holz als nachwachsenden Rohstoff zu produzieren.

Das zuständige Amt für Landwirtschaft und Forsten hatte den Anbau im Dezember 2015 dem Antragsteller genehmigt, aber nicht die Nachbarn auf der Rechnung gehabt. Die legten Einspruch ein. Zum einen, weil sie durch möglicherweise bis zu 30 Meter hohe Pappeln eine Verschattung ihres Grundstücks befürchteten, ein vermehrtes Auftauchen von Schädlingen und Ungeziefer, aber auch, dass oft Pflanzenschutzmittel gesprüht werden. Und deshalb landete das Ganze jetzt vor der 25. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts.

Vorsitzender Richter Josef Nuber und seine vier Kollegen vom Gericht nahmen sich bei der Ortsbesichtigung viel Zeit, um sich einen Eindruck von der Situation zu verschaffen. Die Verhandlung fand dann - fast passend zum weiteren Verlauf - im örtlichen Wirtshaus statt, das extra dafür schnell geöffnet wurde. Eine einzige Frage von Richter Nuber zeigte dann schnell das Grundproblem auf: Statt zu reden, wurde geklagt Auch weil man dem Antragsteller - mit dem man eigentlich per Du ist - misstraut. Der erklärte nämlich auf die Frage, was denn für Bäume überhaupt angebaut werden sollen, dass es sich um Kirschen und Erlen handle. Beide wachsen zwar nicht so schnell wie Pappeln, aber ihr Holz hätte einen höheren Brennwert. Nach rund fünf bis sieben Jahren würden die dann maximal bis zu elf Meter hohen Bäume gefällt und zu Hackschnitzeln verarbeitet, die er selber zum Heizen benötige. An was anderes habe er nie gedacht, was anderes sei mit seinen Maschinen auch nicht möglich. "Dass Pappeln hin sollen, ist nicht auf meinem Mist gewachsen." Er wolle eine Reihe Kirschen und Erlen pflanzen mit je zwei Meter Abstand, um sie mit den Maschinen besser abernten zu können. Und Pflanzenschutzmittel wolle er nur einmal, beim Anpflanzen nämlich verwenden.

Fazit von Richter Nuber: "Dann sind ja wohl die Einwendungen im wesentlichen beseitigt." Er sah aber wohl auch an den skeptischen Gesichtern der Kläger, dass es dazu noch mehr braucht. Zumal dann noch begonnen wurde, um Abstände zur Straße (Vereisungsgefahr im Winter durch Schatten) und den Grundstücken zu feilschen. Nuber, der sich selber ein wenig wie am Königlich Bayerischen Amtsgericht fühlte, forderte mehrmals, doch an den Frieden in dem "kleinen Dorf" zu denken und gegenseitig mehr Rücksichtnahme walten zu lassen. "Leut', ihr müsst euch doch wieder in die Augen sehen." Der Vorsitzende Richter ließ schriftlich festsetzen, dass nur Kirschen- oder Erlenarten gepflanzt werden dürfen, dass diese maximal acht Jahre wachsen dürfen und zum Nachbarn drei Meter Abstand eingehalten werden müssen. Im Bescheid des Landwirtschaftsamtes war diesbezüglich gar nichts geregelt. Dem künftigen Plantagenbetreiber war es Recht so: "Mit Reden hätten wir sie gar nicht gebraucht", sagt er in Richtung Richter Nuber. Dass er aber nun auch noch Gerichtskosten übernehmen soll, das wurmte ihn mehr: "Jetzt hab ich schon nachgegeben, dann muss ich auch noch dafür zahlen. Der Wahnsinn."

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