Erding:Danaergeschenk vom Staat

Drei Jahre lang hat der Landkreis Erding Geld für die Schulsozialarbeit erhalten. Jetzt stellt der Bund die Zahlungen ein - und die Bürgermeister fürchten, auf den Folgekosten sitzenzubleiben.

Florian Tempel

Die Finanzierung von Schulsozialarbeit bleibt bislang meist den Kommunen überlassen. Staatliche Zuschüsse gibt es nur in wenigen Fällen. Im Rahmen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets stellt nun der Bund dem Landkreis drei Jahre lang je 100.000 Euro für Schulsozialarbeit zur Verfügung. Das hört sich gut an, und die CSU-Kreistagsfraktion hat denn auch bereits auf Vorschlag von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) beschlossen, das Geld zum Ausbau von Schulsozialarbeit einzusetzen.

Doch es gibt auch Skeptiker, die zur Vorsicht mahnen. "Nicht jede Förderung muss auch richtig sein", warnt Erdings Bürgermeister Max Gotz (CSU), "ein Paket kann auch eine Briefbombe sein". Denn wer bezahlt nach den ersten drei Jahren die zusätzlich geschaffenen Stellen weiter? Doch wieder die Kommunen? Wenn das so käme, wären die dreimal 100.000 Euro "eine ganz hinterfotzige Art der Förderung", sagt Gotz.

An Sinn und Zweck von Schulsozialarbeit zweifelt dabei weder Gotz - "die ist superwichtig" - noch sonst jemand im Landkreis Erding. Höchst zweifelhaft finden jedoch viele die Art und Weise, wie der Staat Schulsozialarbeit in manchen Fällen fördert, meist aber die Kommunen im Stich lässt. Die Erfahrung macht misstrauisch.

Der Taufkirchener Bürgermeister Franz Hofstetter (CSU) hat in seiner Gemeinde bereits Mitte der neunziger Jahre Schulsozialarbeit eingeführt. Taufkirchen zahlt seit Anfang an die Kosten allein. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 66 000 Euro. Hofstetters einstige Überzeugung, der Staat werde über kurz oder lang wenigstens Zuschüsse überweisen, hat sich nicht erfüllt. Es sei schon eine frustrierende Enttäuschung, "weil es einfach ungerecht ist", sagt Hofstetter.

Denn andere, die später in die Schulsozialarbeit eingestiegen sind, bekommen Geld vom Staat. Die Kommunen des Schulverbands Wartenberg müssen für die Sozialpädagogen an der Marie-Pettenbeck-Schule nur ein Drittel der Kosten direkt selbst aufbringen. Ein Drittel kommt vom Staat, ein Drittel zahlt der Landkreis. Die vorgeschriebene Beteiligung des Landkreises bedeutet allerdings, dass Schulsozialarbeit in Wartenberg über die Kreisumlage auch von all den Gemeinden bezahlt wird, die selbst keinen Cent für Schulsozialarbeit an ihren eigenen Schulen bekommen.

Wie kann das sein? Die staatliche Förderung von Schulsozialarbeit wurde erst 2003 eingeführt. Zu einem Zeitpunkt als sie in Taufkirchen, Dorfen oder Erding längst von den Kommunen selbst organisiert war. Nach einem allgemeinbürokratische Grundsatz müssen Zuschüsse aber stets vor Beginn einer Maßnahme beantragt sein. Das Sozialministerium hat zudem, um nicht alle Zuschüsse gewähren zu müssen, hohe Hürden gesetzt.

Die förderfähige Schulsozialarbeit heißt erstmal anders, nämlich Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS). Kommunen können zwar JaS für ihre Schulen beantragen, aber sie wird nicht überall genehmigt. So muss im Schulsprengel zum Beispiel die Arbeitslosigkeit hoch sein oder es müssen dort viele Kinder mit Migrationshintergrund leben. Forstern und Isen, die sich um Aufnahme ins JaS-Programm bemühen, sind noch nicht berücksichtigt worden, weil sie diese Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllen.

Nun könnte man in Forstern und Isen mit dem 100.000-Euro-Paket vom Bund Schulsozialarbeit einführen. Das Sozialministerium weist in einem "Durchblick-Papier" auf diese Möglichkeit hin. Wer das Geld vom Bund nimmt, bekommt "einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn" bewilligt. Dass nach drei Jahren die Zuschüsse vom Freistaat kommen, darauf gebe es jedoch "keinen Anspruch".

Georg Wiesmaier (CSU), Bürgermeister von Fraunberg und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags, sieht wie Gotz die Gefahr, dass letztlich die Kommunen wieder alles zahlen müssen. Deshalb gebe es erheblichen Diskussionsbedarf, ob und für was das Geld vom Bund genommen werden sollte. Es wäre auch möglich, das Geld an die Kommunen zu verteilen, die bislang nichts für ihre Schulsozialarbeit bekommen, sagt Wiesmaier. Ein Ausbau der Schulsozialarbeit wäre das jedoch nicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: