Sandra ist geschafft, ihr gerötetes Gesicht zeugt davon. Aber sie ist glücklich. Gerade eben ist die Zumba-Stunde am Montagvormittag in der Erdinger Volkshochschule zu Ende gegangen. Die 22-Jährige hat etwas für ihre Fitness getan und einen Schritt unternommen, Anschluss zu finden. Es ist noch nicht lange her, dass sie nach Erding gezogen ist. "Ich arbeite am Flughafen", sagt sie. Zunächst hat sie in einem Fitness-Studio einen Dance-Aerobic-Kurs besucht. "Das ging gleich voll ab und niemand hat sich darum gekümmert, ob man mitkommt oder nicht."
Jetzt ist Sandra am Ende ihrer Suche, so viel steht fest. Bei Zumba kommt sie mit. Wie sie haben unglaublich viele Landkreisbürger Gefallen daran gefunden, sich zu lateinamerikanischen Rhythmen und Songs aus den aktuellen Charts tänzerisch zu bewegen und dabei ein paar Pfunde zu verlieren. 34 Kurse bietet die VHS in diesem Wintersemester im Haupthaus in der Erdinger Lethnerstraße sowie in ihren Außenstellen in Sankt Wolfgang, Dorfen, Taufkirchen und Wartenberg an. Beinahe 800 Fitnessbewusste haben sich eingeschrieben, vergangenes Semester waren es etwa 200 weniger. "In unseren 111 Fitness-Kursen, Wirbelsäulengymnastik ausgeschlossen, sind insgesamt gerade an die 1500 Teilnehmer aktiv, Zumba lockt also mehr als 50 Prozent davon an", sagt der stellvertretende VHS-Leiter Manfred Muster zufrieden.
Dass die Zumba-Welle jetzt erst nach Deutschland schwappt, ist genauso erstaunlich wie die Tatsache, dass es regionale Unterschiede zu geben scheint. Frauke Junghahn ist eine der acht Instruktorinnen, die an der VHS die Kurse leiten. "Zumba kam eigentlich schon in den 1990er Jahren auch außerhalb Lateinamerikas auf, in Holland zum Beispiel wird das schon länger angeboten", sagt sie. Und Muster ergänzt: "Ich komme aus Kassel, die Volkshochschule dort ist doppelt so groß wie die in Erding und bietet nur einen Kurs an." Dass die Bewegung im Landkreis gerade derart populär ist, hat aber auch etwas mit Experimentierfreudigkeit zu tun. "Kursleiterin Vanessa Günther hat uns vor drei Semestern einen Zumba-Kurs vorgeschlagen und wir waren mutig genug, diese Idee zu befeuern", sagt Muster.
Der Mut wurde belohnt, im vergangenen Semester setzten mehr als 150 Bürger zum ersten Mal überhaupt einen Fuß in die Bildungseinrichtung - wegen Zumba. "Es ist zwar nicht zu erwarten, aber wir hoffen, dass die sich auch für andere Angebote interessieren", sagt Muster. Weil das Konzept von Zumba so begeistert, stört es ihn auch nicht, dass hinter der Welle ein strammes Marketing steht. "Zumba ist geschützt. Nur lizensierte Instruktoren dürfen unterrichten. Diese Lizenz kostet Geld und muss aktualisiert werden. Und das wird kontrolliert", sagt Junghahn.
Aber was macht nun die Faszination Zumba aus? Warum reihen sich Kurs an Kurs, wird der Boden im großen Saal nach der dritten Einheit wegen zu hoher Luftfeuchtigkeit zum ersten Mal in der Geschichte der VHS rutschig? "Leicht erlernbar" sei diese Fitness-Variante laut Junghahn. "Auch wer nicht gut tanzen kann, hat die Schritte nach dem dritten, vierten Mal drauf", sagt die Tanz-Trainerin. Dazu komme das lateinamerikanische Lebensgefühl, das würden die Leute brauchen. "Und es ist jedesmal wie eine kleine Party", fügt Muster hinzu.
Der Selbstversuch belegt dann Junghahns weiteres Argument: Obwohl Zumba anstrengend ist und alle Muskelgruppen beansprucht, macht es Spaß - auch als blutiger Anfänger. Aus der Technischen Universität München ist ein weiterer Faktor für den Vormarsch von Zumba zu vernehmen: "Neue Besen kehren eben gut", sagt Sportpsychologe Thomas Ritthaler.
Außerdem kommen jung und alt zusammen", weiß Junghahn. Sandra gibt ihr recht. Die 22-Jährige hat ihren Arbeitskollegen Raimo mitgeschleift. Er war heute der einzige Mann im Kurs und ziert sich, sein Alter zu nennen. "Ich werde heuer zum dritten Mal 39. Das Alter spielt aber auch keine Rolle, bewegen muss man sich immer."