Erding:Berufsschule richtet neue Klassen ein

Von September an werden achtzig junge Asylbewerber unterrichtet - doppelt so viele wie bisher. Damit stoße die Einrichtung an die Grenze ihrer Belastbarkeit, sagt Rektor Dieter Link

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Die Staatliche Berufsschule Erding wird im kommenden Schuljahr achtzig Asylbewerber unterrichten. Damit werden doppelt so viele wie bisher in das zweijährige Förderprogramm aufgenommen. Die Nachfrage ist erheblich höher, doch die Schule konzentriert sich auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und auf die, die in diesem Jahr bereits einen Kurs angefangen haben. Derzeit sind es 32 Menschen im Alter zwischen 17 und 24 Jahren. Schulleiter Dieter Link erwartet von September an vier neue Gruppen für die Vorklasse des Berufsintegrationsjahres (BIJ-V), dazu eine Klasse im zweiten Jahr.

Link reagiert auf die Entwicklung gelassen: "Die Situation ist dramatisch, aber aktuell zu bewältigen." Noch sei man "einigermaßen gut" an die Lage angepasst und würde ausreichend Lehrer finden, die mit befristeten Verträgen eingestellt werden könnten. Dazu trage auch die Ankündigung des Kultusministeriums bei, 147 neue Stellen an Berufsschulen zu schaffen. Auf die Zukunft blickt Link jedoch mit Sorge: "Wenn der Flüchtlingsstrom weiter anhält und die Zahlen wie bisher exponentiell steigen, würden wir personell und räumlich an unsere Grenzen stoßen." Er schätzt, dass in der zweiten Schuljahreshälfte noch eine Halbjahresklasse an der Berufsschule eingerichtet werden könnte, dann seien die Kapazitäten erschöpft. Die Halbjahresklassen sind ein auf die BIJ-V vorbereitender Kurs, in denen in Zusammenarbeit mit dem Beruflichen Fortbildungszentrum (BFZ) Deutsch unterrichtet wird.

Die Frage nach der Finanzierung von zusätzlichen Lehrerstellen sei nicht leicht, und eine Lösung brauche Zeit, sagt Link. Er habe dennoch den Eindruck, dass die Politik derzeit mit ihren Entscheidungen "nicht mehr hinterherkommt". Als Schulleiter erfahre er daher kurzfristig, wie viele Klassen und Stellen das Kultusministerium genehmigt.

An der Berufsschule Erding herrsche weder eine ablehnende oder feindliche Stimmung gegenüber den Flüchtlingen, noch wisse Link von negativen Ereignissen. Die jungen Menschen würden "normal aufgenommen", lediglich im Umgang mit anderen Schülern gelte es sprachliche Barrieren zu überwinden. Durch den Schulbesuch kämen die Flüchtlinge in eine Öffentlichkeit und hätten die Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu treten. "Die Integration wird bei uns angebahnt", sagt der Schulleiter. "Wir wollen die Menschen so schnell wie möglich fit für das Leben und eine Ausbildung in Deutschland machen." Im Mittelpunkt des zweijährigen Programms stehen Sprachvermittlung, praktische Hilfe für Situationen im Alltag, Hygiene- und Sozialkunde sowie die Annäherung an den Ausbildungsmarkt. Zusätzliche und notwendige Betreuung leisten zwei Sozialpädagoginnen von der Brücke Erding. Im Anschluss an das BIJ könnten sich motivierte Schüler auf den Quali vorbereiten.

Die Flüchtlinge würden das Angebot "dankbar, diszipliniert und respektvoll" annehmen, sagt Christina Thieser, die eine Vorklasse leitet. Momentan findet der Unterricht im ersten Jahr in einem Nebengebäude statt. "Viele, die vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben eine Schule besuchen, empfinden diese Trennung als einen Schutzraum", sagt Thieser. Schulleiter Link stellt fest: "Es läuft natürlich nicht immer alles rund, aber die Tendenz ist gut."

Mehr Geld für den Unterricht von jungen Flüchtlingen und Asylbewerbern - das hat am vergangenen Wochenende auch der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Martin Güll, verlangt: "Ich fordere Ministerpräsident Seehofer auf (...) zusätzliche Finanzmittel aus einem Flüchtlingstopf für eine Schul-Task-Force bereitzustellen." Unterstützung erhielt Güll von der Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände, Ursula Lay: "Die Vorstellung, die Hilfe für Flüchtlinge aus den vorhandenen Mitteln zu bestreiten, ist absurd, da der Bildungsetat bereits jetzt unterfinanziert ist." Nach Angaben des Kultusministeriums soll die Zahl der Klassen für Flüchtlinge und Asylbewerber von bisher 260 auf 440 steigen.

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