Erding:Beharrlich und scharfzüngig

Lesezeit: 5 min

Erdings Oberbürgermeister Max Gotz wird 50 Jahre alt und steuert auf seine zweite Amtszeit zu. Der gelernte Gerber ließ sich auf seinem politischen Karriereweg auch von Durststrecken nicht stoppen

Von Antonia Steiger

Anzapfen beim Volksfest - eine typische Aufgabe für Bürgermeister. Bei Max Gotz steigt in diesen Momenten die Anspannung, wie er sagt. Ansonsten ist er aber meist entspannt. (Foto: Bauersachs)

Ein intelligenter Bursche sei er, sagt Jakob Mittermeier über Max Gotz. Aus heutiger Sicht lässt sich das kaum leugnen. Eloquent, freundlich und gelassen präsentiert sich der Erdinger CSU-Oberbürgermeister bei fast jeder Gelegenheit. Er ist bestens vorbereitet auf nahezu jede Sachlage, er behält Freund und Feind im Auge - stets bereit zur Reaktion, wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte. Manchmal kann Max Gotz auch scharfzüngig, empfindlich oder herablassend sein. Zu seinen erstaunlichsten Merkmalen zählt jedoch seine Redekunst.

90 Minuten aus dem Stegreif - kein Problem. Wer ihn hört, kann kaum glauben, dass das früher anders geklungen hat. So holprig, dass sich nicht jedermann auf Anhieb offenbarte, was für ein schlauer Kopf auf diesen breiten Schultern ruht. Seine früheren Lehrer erstaunte Gotz mit seinem Grußwort zum 75-jährigen Bestehen des Anne-Frank-Gymnasiums. "Ohne einen Fehler", raunte man sich zu. Einige erinnerten sich noch gut daran, wie der Schüler Max eine Ehrenrunde gedreht hat. Gotz besitzt Durchhaltevermögen. Hätte er es nicht, würde es heute keinen OB Gotz geben. An diesem Sonntag wird er 50 Jahre alt.

Fast die Hälfte seines Lebens sitzt Gotz schon im Erdinger Stadtrat, zum ersten Mal im Jahr 1990 und seit 1996 als Fraktionssprecher der CSU. Vom Bürgermeister zum Oberbürgermeister wurde er, als Erding Anfang 2013 zur Großen Kreisstadt erhoben wurde. Eine ansehnliche Karriere hat der heute noch jugendlich wirkende Mann hingelegt, die allerdings nicht ganz ohne Durststrecken auskam: 1995 wurde er CSU-Ortsvorsitzender, als die drei Ortsverbände Erding, Altenerding und Langengeisling fusionierten. Ein neues Gesicht musste her, darin seien sich die Erfahreneren einig gewesen, sagt Jakob Mittermeier. Gotz setzte sich gegen Hanno Stanzel-Deffner durch, doch begegneten ihm viele in der Erdinger CSU mit Skepsis. "Ich nicht, ich habe zu seinen Förderern gehört", sagt Mittermeier. Gotz musste sich die Anerkennung erst erarbeiten.

Heute hat Mittermeier Grund zur Freude. Gotz ist ein vorzeigbarer Vertreter der Erdinger CSU geworden, der überregional Gehör findet und mittlerweile auch gelernt haben soll, dass man weiter kommt, wenn man nicht allzu forsch vorgeht. Angst vor den Granden der eigenen Partei hatte Gotz nie. Auch schon als Fraktionssprecher schimpfte er über die Politik der CSU. Beherzt ließ er seinem Ärger freien Lauf zum Beispiel über den qualvollen Weg zum bayerischen Rauchverbot.

44 Jahre war Max Gotz alt, als er 2008 Bürgermeister wurde. Fünfeinhalb Jahre später kann er eine Bilanz vorlegen, die sich gewaschen hat: Stadtparksanierung, Schulsanierungen, Kindergartenneubau, ein neues Lehrschwimmbecken, ein erweitertes und modernisiertes Museum und mehr. Er wird diese Bilanz in den kommenden Monaten noch einige Male vortragen, denn im März 2014 sind Kommunalwahlen.

Ein Konkurrent, der es mit Gotz ernsthaft aufnehmen könnte, ist nicht in Sicht. Seine gefestigte Position lässt fast in Vergessenheit geraten, dass auch er drei Anläufe benötigt hatte und dass ihm am Ende erst die Tatsache, dass Karl-Heinz Bauernfeind von der UWE aus Altersgründen nicht mehr antreten durfte, den Weg ins Erdinger Rathaus ebnete. Zweimal ohne Chance gegen einen sehr beliebten Amtsinhaber - da könnte man schon die Lust verlieren. Als Gotz 2008 die Wahl gewonnen hatte, sagte er, dass er sich durchaus die Frage gestellt hatte, ob er das überhaupt noch wolle.

Heute macht es allerdings den Eindruck, als würde ihm die Arbeit großen Spaß bereiten. Er bestätigt das: "Mit geht es gut - sehr gut." Dass er nicht aufgegeben hat, ist für seinen Vater Josef Gotz, der ebenfalls für die CSU im Stadtrat saß, keine Überraschung. "Das ist nur was für Leute, die gleich umfallen. Der Max hat aber ein breites Kreuz - schon vom Sport." Sein Sohn habe sich schon immer für Politik interessiert, sagt Josef Gotz. Wichtigstes Thema am Esstisch waren aber weder die Politik noch der Sport - alle männlichen Familienmitglieder waren jahrzehntelang als Gewichtheber aktiv. Das wichtigste Thema war immer - Leder. Die Gerberei Gotz ist ein Familienbetrieb.

Die Gerberei ruht nun. Denn seit 2008 pflügt Gotz mit enormem Tempo und mit Stadtrat und Verwaltung im Schlepptau durch nahezu alle Felder der Kommunalpolitik. Er selbst empfindet das Pensum gar nicht als so groß, wie er sagt. Die ehrenamtlich tätigen Stadträte haben ihm aber mehrfach signalisiert, dass es ihnen nicht immer gelingen könne, sich auf die Sitzungen ausreichend gut vorzubereiten. Auch in seiner Familie gibt es Personen, die zur Ruhe mahnen. "Jeder!", sagt Max Gotz. Nicht nur seine Frau Alexandra, sondern auch die Töchter Katharina, 20, Franziska 18, Sophie, 15, und Sohn Gabriel, 9.

Für sie bleibt ihm nicht so viel Zeit, wie er gerne hätte. Seine Töchter habe er immer wieder mal für einen Vormittag in seine Gerberei mitnehmen können, sagt Gotz. Er habe auch mal einen Nachmittag zum Schwammerlsuchen rausgeschlagen. "Aber das geht jetzt nicht mehr." Leidtragende sind vor allem Sohn Gabriel und Vater Max, sie würden gerne mehr Zeit miteinander verbringen. Aber das soll sich nun zumindest ein bisschen ändern. Für das nächste Jahr ist wieder ein gemeinsamer Urlaub eingeplant.

Eine kluge Ratgeberin hat Max Gotz offenbar in seiner Frau Alexandra. Sie empfehle ihm, sein Leben nicht zu eingleisig zu leben und Freundschaften nicht zu vernachlässigen "Das sind die Leute, die bei einem bleiben, wenn man einmal nicht mehr gewählt wird." Und so bemüht er sich darum, hin und wieder am Stammtisch zu erscheinen, auch wenn wenig Zeit ist. Zehn Stunden Arbeit am Tag - "das reicht nicht", sagt Gotz. Dazu kommen Verpflichtungen am Samstag und oft auch am Sonntagvormittag. "Die Aufgaben müssen ja erledigt werden." Ob Gespräche mit Ministern, mit Vertretern von Verbänden oder anderen Netzwerken: "Man muss einfach parat stehen." Gotz denkt, die Stadt Erding in den vergangenen Jahren gut vorangebracht zu haben.

Aber es bleibt einiges zu tun: Er nennt den S-Bahn-Ringschluss und die Konversion des Fliegerhorstgeländes, aber auch die Grünzugverknüpfung. In einer zweiten Amtszeit ließe sich einiges weiter vorantreiben, glaubt er. "Und ich fühle mich dafür wirklich gut aufgestellt." Sollte die Wahl gut ausgehen, werde er vielleicht das eine oder andere Amt abgeben, um sich Neuem zuzuwenden. Jetzt ist er stellvertretender Landrat, stellvertretender Kreisvorsitzender der CSU und Kreisvorsitzender des BRK. Interessieren würde ihn der Städtetag. Im neu gegründeten Tourismusverein Oberbayern München will er die Nicht-Alpen-Destinationen vertreten, das ist bereits bekannt.

Und wie geht es dann weiter? Möchte er 2020 noch einmal antreten? Oder zieht es ihn woanders hin? "Es gibt kein Amt, das Gotz nicht ausüben könnte", sagt Jakob Mittermeier, der auch einmal Bürgermeister werden wollte. "Aber wir brauchen ihn jetzt hier." Gotz selbst sagt, er strebe nicht nach Ämtern. Eher könne er sich vorstellen, in einem Verband inhaltlich zu arbeiten. Ganz persönlich würde er sich den Traum eines Studiums gerne erfüllen, zum Beispiel Geschichte. Dies ist ihm nach dem Abitur nicht gelungen, er wurde Gerber und absolvierte die Meisterschule als Bester seines Jahrgangs, was ihm einen Händedruck von Franz Josef Strauß eingebracht hatte.

Vorläufig jedoch wird sich Gotz "mit Eifer und Leidenschaft", wie Mittermeier beobachtet hat, den Belangen Erdings widmen. Positive Rückmeldung erfährt er dabei nicht nur von der Partei: Der CSU-Ortsverband hat ihn mit 100 Prozent zum OB-Kandidaten gewählt. Auch aus Gesprächen mit Bürgern erfahre er "Positives wie Negatives". Eine Gelegenheit zum Gespräch bietet sich morgens, manchmal geht Gotz zu Fuß ins Rathaus (um 8.15 Uhr geht er von Zuhause los). Ihn für ein kleines Gespräch anzuhalten, ist nicht schwer. Max Gotz geht sehr langsam.

© SZ vom 26.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: