Erding:Ausgemistet

Einmal Denkmal, immer Denkmal? So einfach ist es nicht: Durch eine Revision der Denkmalliste verliert der Landkreis Erding gleich 85 Einträge - die Gründe sind vielfältig

Von Tanja Kunesch, Erding

Die bayerische Denkmalliste wurde überarbeitet, und das hat auch Auswirkungen auf den Landkreis Erding: Im Zuge der so genannten Nachqualifizierung dieser Liste wurden im Landkreis Erding mittlerweile 85 Baudenkmäler wieder gestrichen, nur 19 neue kamen dazu.

Im Landkreis Erding gibt es aktuell 550 Einzelbaudenkmäler, zwei Ensembles und 796 Bodendenkmäler. Vor der Nachqualifizierung waren hingegen 697 Einzelbaudenkmäler dokumentiert, die Zahl der Bodendenkmäler war nicht genau bekannt. Gründe für diesen plötzlichen Verlust von 85 Denkmäler kann es viele geben, sagt Dorothee Ott, Sprecherin des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. "Da die gedruckte Denkmalliste seit der Erstpublikation 1985/86 noch nie flächendeckend geprüft wurde, bestand teilweise ein hoher Aktualisierungsbedarf, etwa wegen Abbrüchen oder tief greifenden Veränderungen", sagt sie. Für diese aufwendige Prüfung war es unter anderem notwendig, dass zusätzliche wissenschaftliche Kräfte eine flächenbedeckende Begehung, die Begutachtung anhand der alten Listeneinträge und eine gebäudescharfe Kartierung der Objekte durchführten. Über eventuelle Nachträge und Streichungen der Bau- und Bodendenkmäler im Landkreis Erding entscheiden am Ende zwei Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes.

Erding: Die Erlöserkirche in Klettham ist das einzige moderne Denkmal - und dürfte das auch bleiben.

Die Erlöserkirche in Klettham ist das einzige moderne Denkmal - und dürfte das auch bleiben.

(Foto: Bauersachs)

Dass Denkmäler von der Liste gestrichen werden, kann mehrere Gründe haben: Abbruch oder zu starke Veränderung des Objekts können hier eine Rolle spielen.

Eine mögliche Erklärung für die Streichung von gleich 85 Baudenkmälern im Landkreis Erding sieht Christina Centner, Sprecherin des Landratsamts Erding, darin, dass viele Objekte doppelt genannt wurden: In vormaligen Denkmallisten wurden Nennungen von Platz- und Straßenbildern aufgeführt , die auch als jeweilige Einzelgebäude bereits auftauchten. Nun wird nur noch das Einzelgebäude aufgeführt. Auch formale Änderungen spielen eine Rolle. So seien fehlerhafte Altadressen auch ein Grund für eine doppelte Aufführung mancher Objekte verantwortlich, wie es aus dem Landesdenkmalamt heißt. Welche Gebäude genau von der Streichung betroffen sind, bleibt unklar: Dem Landesamts zufolge dürfen ohne die Einwilligung der Eigentümer die genauen Adressen aus Datenschutzgründen nicht weitergegeben werden. Ein Mitspracherecht des Eigentümers hinsichtlich einer Aufnahme beziehungsweise einer Streichung sieht das Denkmalschutzgesetz jedoch nicht vor. 2006 begann dieses bayernweite Projekt mit den Namen "Nachqualifizierung und Revision der Bayerischen Denkmalliste", Ende vergangenen Jahres wurde es abgeschlossen. Derzeit läuft noch eine Prüfung der Ergebnisse. Aktuell gibt es in Bayern mehr als 160 000 Denkmäler, unter ihnen 111 000 Einzelbaudenkmäler, 883 Ensembles und knapp 50 000 Bodendenkmäler. Um in die Liste aufgenommen zu werden, müssen die Kriterien des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes berücksichtigt werden: Das Objekt muss von Menschen geschaffen worden sein, aus vergangener Zeit stammen und eine besondere Bedeutung erfüllen, sodass eine Erhaltung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Wie genau das im Einzelnen festzumachen ist, liegt in der Zuständigkeit des Landesamts für Denkmalpflege. Fachleute bemühen sich darum, auch die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Bedeutungskriterien einfließen zu lassen. Die Arbeit hört jedoch nicht auf, sobald ein Bauwerk in die Liste eingetragen wurde: "Die Denkmalliste ist nur eine Momentaufnahme und wird laufend fortgeschrieben. Ständig erhalten wir Anregungen zu Nachträgen, Präzisierungen oder die Notwendigkeit von Streichungen", sagt Ott.

Erding: Bleibt ein Ensemble, dürfte aber einige Einzeldenkmäler in der neuen Denkmalliste verlieren: Die Altstadt von Dorfen.

Bleibt ein Ensemble, dürfte aber einige Einzeldenkmäler in der neuen Denkmalliste verlieren: Die Altstadt von Dorfen.

(Foto: Renate Schmidt)

Nach Abschluss der Nachqualifizierung ist es ein großes Anliegen des Landesamts für Denkmalpflege, die Liste der Denkmäler erstmals für die Allgemeinheit zugänglich zu machen - unter www.denkmal.bayern.de. Denkmäler seien für viele Bürger Bayerns ein "identitätsstiftendes Zeugnis der Vergangenheit", heißt es aus dem Denkmalamt, daher sollten "alle Anstrengungen unternommen werden, das Bewusstsein für die Bedeutung der geschichtlichen Zeugnisse in der breiten Bevölkerung stärker zu verankern."

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