Erding:Abgeschöpfte Kaufkraft

Viele Einzelhändler leiden unter der wachsenden Zahl an Internet-Einkäufen - doch es gibt auch rückläufige Entwicklungen.

Sarah Schiek

Wie eine aktuelle Studie des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels ergab, kaufen immer mehr Deutsche im Internet ein. Besonders gerne werden Kleider und Schuhe von zu Hause aus geordert. Bei den Einzelhändlern im Kreis Erding macht sich dieser Trend bereits seit einigen Jahren bemerkbar.

Karin Bauer, Vorsitzende des Gewerbevereins "Taufkirchen aktiv" und Inhaberin des Geschäfts buntAkunt für Baby- und Kindermoden sowie Spielwaren, sagt: "Gerade junge Mütter kaufen heute nur noch im Internet. Das Glück, etwas zu verkaufen, haben wir nur, wenn ein Onlinehändler nicht liefern kann oder teurer ist." Dass der Einzelhandel den Preis eines Online-Shops unterbiete, komme gar nicht so selten vor, sagt Bauer. "Außerdem legen wir uns natürlich ins Zeug für unsere Kunden."

Doch trotz guter Standorte lasse sich deren Abwandern in virtuelle Shoppingwelten nicht rückgängig machen. Wie die Einzelhändlerin festgestellt hat, legt die Kundschaft zwar nach wie vor Wert auf eine breite Auswahl örtlicher Geschäfte, eingekauft werden müsse dort aber eben auch. "Viele wundern sich dann, wenn wieder einer zusperrt", sagt Bauer.

Auch Dieter Gerlspeck, Vorsitzender der Erdinger Interessensgemeinschaft Ardeo und Inhaber von Sport und Mode Gerlspeck, musste feststellen, dass das Internet Kaufkraft abschöpft. "Wer es als Einzelhändler gut macht, ist inzwischen selbst dort platziert und kann dadurch einen Teil der Einbußen kompensieren," erklärt er. Auch sein Sportfachgeschäft betreibt einen Online-Shop. "Kunden, die Qualität kaufen wollen, nutzen aber nach wie vor den Fachhandel," sagt Gerlspeck. Denn den Service von Beratung, Support und Gewährleistung bekomme man immer noch am besten vor Ort.

Bei technisch komplizierten oder individuell anzupassenden Artikeln wie Bergschuhen sei mittlerweile sogar ein Rückwärtstrend erkennbar. "Solche Artikel werden nicht online gekauft", sagt Gerlspeck. Allerdings gebe es auch Kunden, die den Fachhandel mit gut geschultem und bezahlten Personal nicht honorieren. Manche seien sogar so dreist, sich ausführlich beraten zu lassen, um dann den Artikel dennoch im Internet zu kaufen. "Das ist regelrechter Beratungsdiebstahl," meint Gerlspeck.

Stefan Tremmel, Inhaber des Elektronikfachgeschäfts Heuschneider und Vorsitzender des Förderkreis Dorfen, hat auch andere Erfahrungen gemacht. "Eigentlich möchte jeder vor Ort kaufen", sagt er. Zwar sei das Internet nicht wegzudiskutieren, doch durch die zunehmende Komplexität vieler Produkte könne es den Fachhandel nicht ersetzen. "Inzwischen gibt es zum Beispiel Waschmaschinen, die über den Laptop gesteuert werden und die brauchen regelmäßig ein Update", so Tremmel. Bei vielen Kunden hat er einen Lerneffekt festgestellt, was den Einkauf im Internet betrifft. "Es kommt öfter vor, dass ein Online-Shop verschwunden ist, wenn beim Kunden ein Garantiefall eintritt", sagt Tremmel. "Die kommen dann geläutert zu uns."

Der Elektrohändler vermutet, dass sich die Kundschaft künftig noch stärker in zwei Lager spalten werde. Den einen sei es egal, wo sie kaufen, Hauptsache es sei billig. Der andere Teil schätze einen umfassenden Service, um sich etwa im Nachhinein etwas erklären lassen zu können oder im Garantiefall ein Ersatzgerät gestellt zu bekommen. Gerade in einer überschaubaren Stadt wie Dorfen zähle die Kundenbindung sehr viel, da sich ein guter Service herumspreche. "Wenn sich ein Fachhändler in dieser Hinsicht gut aufstellt, kann er überleben."

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