Eklat im Gemeinderat:Harsche Kritik an Architekturbüro

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Die Sanierung des Alten Schulhauses in Wartenberg wird teurer, da die historische Bausubstanz starke Mängel aufweist. Diese hätte man im Vorfeld bereits erkennen müssen, sagen die Kritiker. Architekt Udo Rieger widerspricht

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Die Sanierung des Alten Schulhauses hat im Gemeinderat Wartenberg Mittwoch Abend einen Eklat ausgelöst. Nach der Vorstellung des Baufortschrittes und der unerwarteten Schäden an der Bausubstanz durch Udo Rieger, die laut dem Architekten Mehrkosten von bis zu 90 000 Euro auslösen, erklärte Christian Pröbst (CSU), er sei "stocksauer" über die Informationen. Das Vorgehen des Architekturbüros aus Isen sei "absolut unprofessionell", er könne für die geleistete Arbeit nur die Note 6 geben. Ein Vorwurf, den Udo Rieger und Bauleiter Markus Irlesberger nicht auf sich sitzen lassen wollten. Sie verwiesen auf 30 Jahre Erfahrung vor allem im Bereich Umbau und Sanierung bestehender und historischer Bausubstanz.

Das Alte Schulhaus in Wartenberg hat eine lange Geschichte. Einst war es ein Jagdhaus der Wittelsbacher, im Jahr 1409 wird es erstmals urkundlich erwähnt. Dann wurde es zur Schule. Viele Jahre lang wohnten namhafte Künstler in dem Haus, später kamen dort Asylbewerber unter. Deshalb hatte sich der Gemeinderat auch entschlossen, das Gebäude nicht abzureißen, sondern für rund 2,2 Millionen Euro zu sanieren und im Haus Sozialwohnungen und Räume - darunter einen Bürgersaal - für öffentliche Zwecke zu errichten.

Bereits bei einer Baustellenbesichtigung vor vier Wochen hatte der Architekt auf zahlreiche Schäden an der historischen Substanz verwiesen. Zum Beispiel habe die Holztreppe nicht mehr erhalten werden können. Und auch von den alten Balken in der Decke werde später wenig zu sehen sein. Viele seien verfault gewesen, weshalb eine Holz-Beton-Verbunddecke gewählt worden sei. Im Gemeinderat zeigte Rieger anhand von Fotos, wie marode das Mauerwerk und viele der Fenster- und Türlaibungen gewesen seien. Manche Mauern seien nur vom Verputz zusammen gehalten worden, die Ziegel dahinter seien teilweise locker gewesen. In allen Fällen hätte man nachmauern müssen, um Konstruktionsmängel zu beseitigen, die sonst später wieder zu Bauschäden geführt hätten. "So eine schlechte Maurerqualität habe ich noch nie gesehen. Selbst im Barock haben die Maurer besser gearbeitet." Es sei ein Wunder, dass den Vormietern nicht eine Wand auf den Kopf gefallen sei. Es habe zwar eine Vorprüfung der Bausubstanz gegeben, aber die meisten Schäden hätten nur durch eine sehr umfangreiche Untersuchung erkannt werden können. Die wäre aber über 100 000 Euro teuer geworden.

Auch Bürgermeister Manfred Ranft nahm das Architekturbüro in Schutz: "Herr Rieger hat keinen Röntgenblick und kann deshalb nicht in die Wände blicken." Über den Verlauf bei den Arbeiten und über die auftauchenden Mängel habe er das Bauamt immer informiert, es habe mit Bauamtsleiter Michael Hagl wöchentliche Baustellenbesichtigungen gegeben. Alle seien sich einig, dass man die Mängel nicht einfach bestehen lassen könne, sondern beheben musste, sagt Ranft. Man könne ihm ankreiden, dass er den Gemeinderat nicht hinreichend informiert habe, aber nicht dem Architekturbüro.

Pröbst kritisierte angesichts der neuen Kosten auch das Fehlen einer "Urkalkulation". Eine dem Auftraggeber überlassene versiegelte Fassung der Angebotskalkulation, in der die Kalkulationsansätze, die dem Angebot beziehungsweise dem Bauvertrag zugrunde liegen, dokumentiert und offen gelegt werden, wenn es später zu Abweichungen komme. Pröbst befürchtet, dass die Gemeinde am Schluss auf einem "Riesenbetrag" sitzen bleibe, wenn man nur immer mit "Schätzungen" arbeite. Bauleiter Markus Irlesberger verwies darauf, dass man sich exakt an die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) gehalten habe, und die sehe keine Verpflichtung zu einer Urkalkulation vor.

Udo Rieger hatte - neben der unerwartet schlechten Bausubstanz - noch zwei weitere schlechte Nachrichten. Zum einen könne man erst nach der Dachöffnung im Frühjahr sagen, ob dort ebenfalls bisher unbekannte Schäden lauern, was die Kosten erneut hochtreiben könnte. Zum anderen sei der Fertigstellungstermin Herbst 2018 wegen der Verzögerungen nicht zu halten. Man peile den Februar 2019 jetzt an.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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