Eindringliche Warnung:"Tendenz nach unten"

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Wo soll der Nachwuchs herkommen? Die Erdinger Handwerker hadern mit der Politik

Von Philipp Schmitt, Erding

Beim Erdinger Handwerk läuft es derzeit insgesamt recht gut, allerdings haben die 2422 Betriebe im Landkreis auch mit Problemen zu kämpfen: Aufgrund des leer gefegten Arbeitsmarkts und des steigenden Konkurrenz- und Preisdrucks ist es schwerer geworden, geeignetes Fachpersonal und Nachwuchs für die Betriebe zu finden. Vor allem die Gastronomie, Bäcker, Metzger und Friseure bekommen das zu spüren. Dennoch, Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger zog während der Jahreshauptversammlung der Kreishandwerkerschaft im Mayr-Wirt in Erding eine überwiegend positive Jahresbilanz: "Das Handwerk im Landkreis ist stark aufgestellt, die Auftragslage ist weitgehend gut", sagte er. Der Umsatz der Erdinger Handwerksbetriebe konnte ihm zufolge im vergangenen Jahr auf 900 Millionen Euro gesteigert werden.

Kopfzerbrechen bereitet dem Kreishandwerksmeister der Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Auszubildende und Fachkräfte werden in Erding Hände ringend gesucht, sie sind in der Boomregion rund um den Flughafen aber kaum noch zu finden. Während im Landkreis Erding Holz verarbeitende Berufe wie Schreiner und Zimmerer Zulauf haben und sich auch der Bausektor stabil zeigt, haben Gastronomie, Nahrungsmittel verarbeitende Betriebe sowie Friseure oft Schwierigkeiten, sich zu behaupten.

Der Nachwuchsmangel zeigte sich besonders bei der Freisprechungsfeier im September vergangenen Jahres in Lengdorf. 49 Junggehilfen wurden freigesprochen - deutlich weniger als früher. "Tendenz nach unten", sagte Waxenberger. Und auch bei den Ausbildungstagen im Oktober hätten sich die Handwerker über mehr Andrang gefreut. Künftig wird die Messe wohl nur noch einen Tag lang stattfinden. Aufgrund der hohen bürokratischen Hindernisse, sagte Waxenberger, seien auch talentierte Asylsuchende keine Alternative, die die Lücke beim Personal in den nächsten Jahren schließen könnten.

Schuld an der Situation haben laut Waxenberger auch die Universitäten und Fachhochschulen: 2014 hätten mehr als die Hälfte der für eine Ausbildung in Frage kommenden jungen Leute ein Studium begonnen. Das Interesse an einer akademischen Ausbildung und das damit verbundene Desinteresse junger Leute an einer Karriere im Handwerk führt Waxenberger auf einen falschen bildungspolitischen Kurs zurück: "Wir brauchen schon Akademiker, aber nicht so viele. Was machen die Leute danach, wie sind die Perspektiven? Es kann doch nicht sein, dass das Handwerk für eine Berufsausbildung für den Nachwuchs trotz der guten Perspektiven nicht mehr attraktiv genug ist." Waxenberger fragte sich, wo die künftigen Akademikern adäquate Jobs finden sollen, während auf der anderen Seite Stellen unbesetzt bleiben und das Handwerk dringend Facharbeiter sucht.

Der Kreishandwerksmeister appellierte deshalb an die Politiker, die Weichen neu zu Gunsten des Handwerks zu stellen und für ein Umdenken und eine positivere Einstellung zu sorgen. Damit solle in Zukunft die Ausbildung zum Meister und der Weg in die Selbständigkeit beim Nachwuchs wieder höher im Kurs stehen und Handwerksberufe schließlich auch wieder mehr Ansehen genießen. Beliebt sind aber nach wie vor die gesellschaftlichen Veranstaltungen der Kreishandwerkerschaft, zum Beispiel der Handwerkerball und der Handwerkerempfang. Kreishandwerksmeister Waxenberger würdigte auf der Versammlung darüber hinaus die "gute, partnerschaftliche und zielführende Zusammenarbeit im Vorstand" und mit seinem Stellvertretender Georg Lippacher.

Eine traurige Mitteilung gab es aber auch. Die Kreishandwerkerschaft habe mit dem Tod des früheren Kreishandwerksmeisters Anton Kremser eine bedeutende Persönlichkeit verloren, sagte Waxenberger. Kremser habe sich in vorbildlicher Weise über Jahrzehnte unermüdlich und mit großem Engagement für die Interessen des Handwerks im Landkreis eingesetzt.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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