Ein Motorrad bedeutet Action:´Sichtlinie ins Visier - und dann Gas`

Der viermalige Sandbahn-Weltmeister Karl Maier aus Neufinsing hat sich seine Leidenschaft für Motorräder und den Rennsport bewahrt

Matthias Vogel

Der Blick muss beim Eintreten in den Motorradladen von Karl Maier einfach in Richtung Decke gehen. Zwei Regale mit einem halben Meter Tiefe und jeweils so lange wie die Verkaufsfläche hängen dort und sind prall gefüllt mit Pokalen - eine schier unglaubliche Zahl. Aus dem Hintergrund ertönt eine angenehme Stimme: "Die haben sie mir hergestellt, weil sie nicht gewusst haben wohin damit." Dabei grinst Karl Maier und trotz der sechs Meter Entfernung ist das kurze Aufleuchten seiner Augen nicht zu übersehen.

Es signalisiert: Er selber hat die Trophäen hingestellt. Maier ist eine Motorsport-Legende im Erdinger Landkreis, bekannt ist er freilich weit darüber hinaus. Mit 23 wurde er zum ersten Mal auf seinem Motorrad vom Typ OL-Weslake Sandbahn-Weltmeister. Drei weitere Weltmeistertitel folgten, dazu etliche nationale Siege. Die Regale sind eine gründliche Dokumentation seiner beispiellosen Karriere. Am kommenden Samstag und Sonntag, 28. und 29. Januar, ist Karl Maier bei der Motorradausstellung in der Erdinger Stadthalle zu Gast.

Sein enormer Erfolg als Sportler holt ihn immer wieder ein, beschert ihm zum Beispiel in der neuesten Ausgabe des Fachmagazins Motorrad Classic eine Story. Darin ist auch der wahre Segen für ihn beleuchtet. Maier konnte als einer der wenigen Menschen seine Leidenschaft zum Beruf machen. Unter den Fittichen von Schorsch Meier - selber Rennsportlegende auf zwei Rädern - konnte er parallel zu seinen Rennen eine Lehre als Kfz-Mechaniker bei BMW beenden. "Ich weiß noch genau, als der Schorsch in die Werkstatt gekommen ist und gefragt hat, wo der Bua ist, der die Sandbahnrennen fährt", erinnert sich Maier heute.

Es sei nicht selbstverständlich gewesen, dass der Chef höchstpersönlich mit einem Azubi gesprochen habe. Der Meier Schorsch habe ihn dann von den Autos zu den Motorrädern gesteckt. So konnte er auch stets selber seine Maschinen auf die Rennen vorbereiten. Schon während der Hochzeit seiner sportlichen Laufbahn Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre machte sich Karl Maier dann als Vertragshändler für BMW-Motorräder selbständig, im vergangenen Jahr feierte er mit seiner Belegschaft schon das 30-jährige Bestehen. "Immer hier an dieser Stelle in Neufinsing, immer BMW", sagt er.

Im Jubiläumsjahr durften sich Mitarbeiter und Besucher dann über den besonderen Motorradverkäufer Maier freuen. "Ich fahre dann vorne die drei Stufen rauf, auf dem Hinterrad durch den Laden, hinten wieder raus und komme dann über den Hof wieder nach vorne", erzählt er. Das macht er so beiläufig, als könnte das jeder. Hinter der Showeinlage steckt keinesfalls Angeberei - dazu ist Maier nicht der Typ. Er will Kunden binden. "So etwas mögen die Leute. Ein Auto fährt man aus der Garage und wieder hinein. Das macht jeder. Aber ein Motorrad - das bedeutet Action!"

Weil der 54-Jährige immer noch Benzin im Blut hat, kann es schon einmal sein, dass man ihn auf der Erdinger Straße per Wheelie - also nur auf dem Hinterrad - an seinem Geschäft vorbeirauschen sieht. "Freilich mach' ich so etwas", sagt er. Und da ist es wieder, das Blitzen in seinen Augen. Je nach Laune und Gusto suche er sich am Wochenende "mal diese, mal jene" Maschine aus seinem Gebraucht-Motorräder-Fundus aus und düse los. "Ein paar Kurven links, ein paar Kurven rechts, Sichtlinie ins Visier nehmen und dann Gas geben. Da kann ich hervorragend abschalten", sagt er, sein Körper schwenkt dabei hin und her, als wäre er schon unterwegs.

Für sein Alter wirkt Maier sehr fit. Als er im vergangenen September für das Fotoshooting des Magazins auf einen seiner drei verbliebenen Speedway-Hobel - eine 70-PS-Jawa - stieg und durch ein stoppeliges Feld am Neufinsinger Ortsrand fräste, wurden ihm dennoch Grenzen aufgezeigt. "Diese Schläge macht dann meine Hüfte echt nicht mehr mit", sagt er und demonstriert den hinkenden Gang, mit dem er sich in der Folgezeit im Geschäft fortbewegen musste. Dann schon lieber fünf Tage mit der Enduro nach Marokko oder - dem Gesichtsausdruck nach zu schließen - die bessere Variante einer Freizeitbeschäftigung: mit dem 200 PS starken Supersportler der BMW-Modellpalette und mehr als 200 Stundenkilometern über den Hockenheim-Ring jagen. "Faszinierend, das ist noch einmal eine ganz andere Liga."

Karl Maier wirkt zufrieden. Deshalb überrascht es nicht, dass seine Lebensziele bescheiden klingen. "Ich bin immer eine ehrgeizige Sau gewesen. Wenn ich Zweiter geworden bin, konnte ich oft nicht lachen. Aber der Ehrgeiz nimmt ja mit dem Alter ab. Bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger", sagt er lächelnd. Er hat dennoch eine Idee, was er besser machen könnte in seinem Geschäft. "Man könnte sich noch mehr Zeit nehmen, um die Motorradl auszuprobieren." Der Grund liegt auf der Hand: Wenn ein Karl Maier beim Verkauf einen Erfahrungsbericht vorlegt, hat das für die Kunden Gewicht.

Definitiv nicht zu seinen Zielen gehört es, noch einmal Sandbahnrennen zu bestreiten. "Solche Rennen gibt es, aber es fehlt mir die Zeit. Die besten von früher fahren da nicht und mit Freizeitfahrern oder alten Herren will ich mich nicht messen", sagt Meier. Despektierlich klingt er dabei nicht. Außerdem habe er doch für ein weiteres "Siegerkranzerl" gar keinen Platz, fügt er an und nickt grinsend den vollgestopften Regalen zu.

Den Platz bei der Messe in der Stadthalle hat Karl Maier indes fix. "Da sind wir schon von Beginn an, also seit etwa 20 Jahren dabei", sagt er. Es ist die früheste Messe im Jahr, deshalb schätze er sie. Mit viel Verkauf rechne er nicht. "Aber es ist ein Sehen und Gesehenwerden auf neutralem Boden, nicht im Laden. Bei einem Weißbier finden eher lockere Gespräche statt." Wer sich mit dem ehemaligen Weltmeister bekannt machen will, hat dazu am Samstag von 13 bis 18 Uhr und am Sonntag von 10 bis 18 Uhr Gelegenheit.

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