Ebersberg:Rücksichtslos verliebt

Ein 23-Jähriger wird zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er seine Ex-Freundin massiv bedrängte

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Liebeskummer zu haben, ist zwar nicht strafbar - die Ex-Freundin mit der Drohung, Nacktaufnahmen von ihr zu veröffentlichen und so zur Kontaktaufnahme zu nötigen, hingegen schon. Ein 23-Jähriger musste sich vor dem Amtsgericht Ebersberg genau dafür verantworten. Zudem hatte er seine damals 19-jährige Freundin nachweislich in mehreren Textnachrichten facettenreich als "Nutte" bezeichnet.

Besagte Beleidigungen und die Drohung waren dem jungen Mann allerdings noch nicht genug: Der Angeklagte veröffentlichte auch die Fotos von seiner Ex-Freundin, die er noch aus der Zeit ihrer zwei Jahre andauernden Beziehung hatte. Dies geschah über verschiedene Online-Portale wie Whatsapp und Facebook, wo er einen Account unter falschem Namen eröffnete und die kompromittierenden Bilder einfügte.

Der Verteidiger des derzeit Arbeitsuchenden schilderte zu Beginn der Verhandlung die Umstände, die zu den Vorfällen führten: Nach der - zunächst einvernehmlichen - Trennung, die allerdings von ihr ausging, sei sein Mandant "zutiefst verletzt" gewesen. Da die Ex-Freundin sich von Zeit zu Zeit nach dem Wohlbefinden des 23-Jährigen erkundigte, habe er sich Hoffnungen gemacht, die Beziehung vielleicht wieder aufleben lassen zu können. Als diese Hoffnungen jedoch enttäuscht wurden, "ließ er sich zu den Beleidigungen hinreißen", so der Wahlverteidiger.

Die auf Facebook veröffentlichen Fotos waren - was dem Angeklagten bei der Urteilsverkündung positiv ausgelegt wurde - gewissermaßen zensiert: Zumindest den Kopf der Geschädigten schnitt der damals 20-Jährige aus dem Bild. Auch als er bereits im Juni 2013 wechselnde Nacktfotos der Frau als Profilbild beim Internetportal Whatsapp einfügte, habe er all seine Kontakte geblockt, sodass die anderen Nutzer die Fotos nicht sehen konnten. "Ich wollte ihr nur den Anschein geben", sagte der Angeklagte vor Gericht. "Ein verzweifelter Versuch", seine Ex-Freundin dazu zu bringen, sich wieder bei ihm zu melden, sei das gewesen.

Die Bilder habe er "unter Alkoholeinfluss" ins Internet gestellt - inzwischen "bedauert er den ganzen Vorfall", so der Angeklagte. Der "Vorfall" steht allerdings nicht alleine, sondern tritt zusammen mit den heftigen Beleidigungen und der versuchten Nötigung auf, wie der Amtsrichter Dieter Kaltbeitzer in der Urteilsverlesung sagte.

Inzwischen hat der gebürtige Münchener sich per Mail bei seiner Ex-Freundin entschuldigt, worauf sie aber nicht antwortete. Vor Gericht sagte die Frau unter Tränen: "Ich wollte einfach nur, dass er mich in Ruhe lässt."

Auf die Frage der Staatsanwältin, warum er sich letztlich doch zurückgezogen habe, antwortet er: "Es ist einfach Zeit vergangen. Ich habe eingesehen, dass ich einen Fehler gemacht habe." Inzwischen schäme er sich sehr für das Vorgefallene. Dennoch: Die Geschädigte berichtete, noch heute sichtlich bewegt, dass sie zur Zeit der Vorfälle einer so starken Belastung ausgesetzt war, dass sie häufig in ihrer Arbeit gefehlt habe. "Es ging halt lang", sagte sie.

Der ebenfalls bei der Verhandlung anwesende Vertreter der Jugendgerichtshilfe verwies auf die "Gesprächsbereitschaft" des Angeklagten. Dennoch empfahl er, von einer Verurteilung nach Jugendrecht abzusehen, da der Angeklagte zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung der Nackbilder kurz vor seinem 21. Geburtstag stand und bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügte.

Für den Angeklagten spreche, so die Argumentation der Staatsanwältin, sein umfassendes Geständnis, mit dem er es der Geschädigten erspart habe, ins Detail zu gehen, sowie, dass er sich bei ihr entschuldigt habe. Auch dass er bisher keine Eintragungen hat und die Vorfälle bereits über zwei Jahre zurückliegen, sei zugunsten des Angeklagten zu werten.

Dass der Angeklagte dennoch zu einer Geldstrafe von sechzig Tagessätzen à zehn Euro verurteilt wurde und die Verfahrenskosten zu tragen hat, begründet Dieter Kaltbeitzer unter anderem folgendermaßen: "Nacktaufnahmen eines jungen Mädchen online zu stellen, das ist nichts, was als Bagatelle abgetan werden kann", so der Richter.

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