Ebersberg:Anstrengende Atempause

Stillstand bei der Realisierung neuer Flüchtlingsunterkünfte

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Als im März der Zustrom an Flüchtlingen in den Landkreis stoppte, sprach Landrat Robert Niedergesäß (CSU) von einer dringend nötigen Atempause für alle Beteiligten. Inzwischen bringt diese Atempause neue Herausforderungen mit sich. Denn immer noch ist unklar, wie es mit den Unterkünften im Landkreis weiter geht und wann die letzten Turnhallen in Poing endlich wieder für Schulen und Vereine frei gegeben werden können. Es herrsche eine sehr "ungute Stimmung", kritisierte Poings Bürgermeister und Kreisrat Albert Hingerl (SPD) am Montag im Kreistag: "Und ich bin auch als Bürgermeister sehr unzufrieden." Auch andere Kreisräte äußerten die Sorge, dass die nach wie vor in großen Einheiten lebenden Menschen nicht ausreichend betreut und integriert werden können.

In Poing brodelt es laut Hingerl vor allem deshalb, weil Informationen fehlen, wann die Asylbewerber aus den Turnhallen der Seerosenschule und der Realschule nun in die Traglufthalle in Grub umziehen sollen. Ursprünglich war als Umzugstermin April genannt worden, doch es kam immer wieder zu Verzögerungen. Derzeit blockiert ein Streit zwischen dem Landratsamt und dem Unternehmen, das die Halle aufgebaut hat, die endgültige Fertigstellung. Hintergrund sind unterschiedliche Auslegungen des Vertrags. Dieser sieht eine ausreichende Lüftung vor - nach Auffassung des Landkreises bedeutet das, dass eine Klimaanlage vorgesehen wird, der Ersteller der Halle sieht das anders. Ein Rechtsstreit wird möglicherweise diese Woche abgeschlossen, wie Stefanie Geisler, Leiterin des Bereichs Soziales, erläuterte. Die Halle schon vor der Klärung dieser Frage zu belegen, kam nach den schlechten Erfahrungen aus der ersten Traglufthalle in Pliening nicht in Frage; dort hatte es im Frühjahr hitzebedingte Krankheitsfälle gegeben, weshalb die Halle mit einer reflektierenden Folie und einer Klimaanlage nachgerüstet worden war.

Die Hängepartie mit Grub führt aber nun dazu, so Bürgermeister Hingerl, dass die Flüchtlinge in den Turnhallen seit Wochen quasi auf gepackten Koffern sitzen und es nun große Verunsicherung gibt, wie es weiter gehen soll. Der Landrat bestätigte, dass es sogar Gerüchte gebe, dass die Halle gar nicht mehr bezogen werde. Davon geht er aber derzeit nicht aus, auch wenn die Regierung von Oberbayern bereits festgestellt hat, dass man an "prekären Einrichtungen", dazu zählt man auch Traglufthallen, nur so lange wie nötig festhalten sollte. Keine Informationen gibt es hingegen nach wie vor darüber, wie die hier lebenden Flüchtlinge denn statt dessen untergebracht werden sollen - nach wie vor wird an einem Gesamtkonzept für Bayern gearbeitet, vorher dürfen keine neuen, dezentralen Unterkünfte in den Landkreisen realisiert werden. Die Gemeinden hätten nun überhaupt keine Planungssicherheit mehr, bemängelte Georg Hohmann, Markt Schwabener Bürgermeister und Kreisrat (SPD).

Klar ist inzwischen eines: Sollten die Flüchtlingszahlen so bleiben wie sie sind, wird Pliening den Vertrag für die Traglufthalle nicht verlängern. "In neun Monaten ist Schluss, da wird zugesperrt", betonte Bürgermeister und Kreisrat Roland Frick (CSU). Es zeige sich deutlich, dass Integration und die richtige Betreuung nur in kleineren Einheiten möglich sei; Frick sprach von "fünf Problemfällen" in der Halle, die auf jeden Fall anders untergebracht und psychologisch betreut werden müssten.

Auch Melanie Kirchlechner (Grüne) wählte deutliche Worte: "Auf dem Weg zur Integration war der größte Stolperstein diese Atempause." Man könne sich nicht weiteren Stillstand gönnen, "wir sitzen auf einem Pulverfass". Alle Bürgermeister sollten sich gemeinsam daher an die Regierung von Oberbayern wenden und das Ende des Planungsstopps fordern. Doris Rauscher (SPD) sagte, man dürfe sich nicht länger von der Regierung abspeisen lassen. Angelika Niebler und Thomas Huber (beide CSU) warnten hingegen vor Schuldzuweisungen. Es handle sich um eine Situation, die man nicht habe beeinflussen können, so Niebler. Huber sagte, es sei klar, dass zunächst untersucht werden müsse, inwieweit man vorhandene Ressourcen nutzen könne. Der Landrat versicherte, man sei in regem Austausch mit der Regierung von Oberbayern.

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