Drei Jahre, sieben Monate:Mit Absicht ins Gefängnis

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Ehemaliger Spitzenkoch kommt nach Schicksalsschlägen in Freiheit nicht zurecht und begeht Betrug unter eigenem Namen

Der 45-jährige Harald G. ist ein Spitzenkoch. Er hat seinen Beruf im Bayerischen Hof erlernt und im Vier-Jahreszeiten sowie im Königshof gearbeitet. In den vergangenen 15 Jahren war er jedoch überwiegend in Gefängnisküchen tätig, wo er ein hohes Ansehen genießt; unter anderem in den Justizvollzugsanstalten Erding und Landshut. In der JVA Landshut wird er auch die nächsten Jahre verbringen, nachdem ihn das Schöffengericht in Erding zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten wegen mehrfachen Betrugs verurteilt hat.

Die Taten hat er alle innerhalb einer Woche im März vergangenen Jahres verübt. Er hatte zwar nach seiner Haftentlassung wieder einen Job gesucht, aber mit seiner langen Vorstrafenliste sei das nicht so einfach: Die "großen Häuser" würden ein Führungszeugnis verlangen und bei manchen kleinen Familiengastronomien sei die Zahlungsmoral schlecht ausgeprägt. "Die haben oft jede Menge Schulden", sagte er vor Gericht. Statt eines geregelten Lohnes habe er bei diesem Betrieb in der Region ab und zu mal einen Hunderter erhalten, aber davon nicht leben können. Also gab er Job und Wohnung auf, kam vorübergehend bei einem Bekannten unter und drehte dann wieder seine Dinger; immer nach derselben Masche: Er suchte Autohändler auf, täuschte Interesse an einem Autokauf vor und bat dann um einen Leihwagen, um noch ein paar finanzielle Dinge zu regeln, die erforderlich seien, um den Kaufpreis zu bezahlen. Die Fahrzeuge wurden ihm dann kostenlos zur Verfügung gestellt, weil er sich mit seinen echten Papieren auswies und zudem behauptete, er sei Polizist. Das klang seriös.

Diese Leihwagen hat er dann zum Verkauf angeboten, vorwiegend an solche Händler, die auf Parkplätzen Visitenkarten unter die Scheibenwischer klemmen. Wie denn das vonstatten gegangen sei, wollte die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts, Yvonne Folk, von dem Angeklagten wissen: "Sie hatten doch keine Fahrzeugpapiere?" Er habe immer behauptet, er werde die Papiere nachreichen, und dann eine Anzahlung für den Wagen in Höhen von 300 bis 500 Euro kassiert. Damit habe er sich zufrieden gegeben. Folk wunderte sich über die Masche: Es müsse dem Angeklagten doch klar gewesen sein, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis man ihn erwische. Schließlich habe er bei seiner Betrugsmasche seine echten Ausweispapiere verwendet. "Man hat fast den Eindruck, als wollten sie wieder ins Gefängnis."

Das schien offenbar auch der Fall zu sein, wie die Verteidigerin des Angeklagten, Rechtsanwältin Dagmar Schmidt, erklärte. Nach einer Reihe von persönlichen Schicksalsschlägen habe ihr Mandant jeglichen Halt verloren. Der Angeklagte sagte, seine Frau aus erster Ehe sei mit 26 Jahren an Blutkrebs gestorben. Danach hatte er erneut geheiratet. Ein Sohn aus dieser Ehe sei im Alter von sechs Jahren von einem Lastwagen überfahren worden. Sein zweiter Sohn, der Zimmerer gelernt habe, sei mit 18 Jahren von einem Baugerüst gefallen und ebenfalls gestorben. Das habe er nicht verkraftet. Seither hat er 15 Jahre in Haft verbracht - "das geht schon in Richtung Hospitalismus", sagte Rechtsanwältin Schmidt.

Richterin Folk verurteilte den Angeklagten zu drei Jahren und sieben Monaten Freiheitsstrafe, wobei sie auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit hinwies. Sein Schicksal sei zwar schwierig, aber auch andere hätten es geschafft, die schiefe Bahn wieder zu verlassen. Vor seiner nächsten Haftentlassung müsse man frühzeitig überlegen, ihn im Anschluss daran in ein betreutes Wohnen unterzubringen, um ihn besser einzugliedern.

© SZ vom 23.04.2015 / Thomas Daller - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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