Dorfen:Zwiespältige Kostenrechnung

Die Schätzung der Autobahndirektion, wie viel eine Gleistieferlegung in Dorfen kosten würde, macht nichts klarer

Von Florian Tempel

Was kostet es, im Zuge des Ausbaus der Bahnstrecke München-Mühldorf die Gleise im Bereich der Stadt Dorfen in einem Trog tiefer zu legen? Im vergangenen November hat die Deutsche Bahn (DB) bei einer Bürgerversammlung im Jakobmayer ihre Schätzungen präsentiert, laut denen der Bau eines 3,1 Kilometer langen Gleistrogs 245 Millionen Euro kosten würde und somit utopisch teuer wäre. Gleiches gelte für eine Tieferlegung der Gleise in Wasentegernbach, die auf 170 Millionen Euro käme. Georg Brandhuber, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) für eine Tieferlegung der Gleise in Dorfen, zweifelte die vorgelegten Zahlen als viel zu hoch gegriffen an. Daraufhin sagten Vertreter der Bahn zu, eine "neutrale Stelle" die Kalkulationen zu überprüfen. Das hat nun die Fachstelle für Tunnel- und Brückenbauwerke der Autobahndirektion getan. Die dortigen Experten kommen zu einem Ergebnis, das beiden Seiten Recht zu geben scheint. In der Autobahndirektion ist man für eine Dorfener Troglösung zu einem zwiespältigen Ergebnis gekommen: Im günstigen Fall wurden 31 Millionen Euro pro Kilometer errechnet, womit eine 3,1 Kilometer lange Tieferlegung 96,2 Millionen Euro kosten würde. Einen Kilometerpreis von etwa 30 Millionen Euro hatten auch externe Tiefbauexperten, die die Bürgerinitiative um eine Kalkulation gebeten hatte, als reell eingeschätzt. BI-Sprecher Brandhuber verweist zudem auf das Ergebnis des Münchner Ingenierbüros SSF, das die Stadt Dorfen mit einer Kostenschätzung beauftragt hatte. Dort setzte man einen Kilometerpreis von 20 bis 50 Millionen Euro an. Brandhuber rechnet nun vor, dass 32 Millionen ungefähr in der Mitte dieser Preisspanne lägen. Seine neue Kostenschätzung lautet nun: Eine Troglösung, die vier große Straßenbrücken und kilometerlange Schallschutzwände entlang der Gleise überflüssig machten, würde nach gemittelter Expertenmeinung für 96 Millionen Euro zu haben sein. Da die Bahnplaner die Kosten für eine ebenerdige Lösung mit 63 Millionen Euro angesetzt haben, Brückenbauwerke und Schallschutzmauern hierbei aber nicht eingerechnet hätten, zeige sich eines: Eine Troglösung in Dorfen wäre wirtschaftlich nicht ungünstiger. Die Autobahndirektion hat jedoch neben den 31 Millionen Euro pro Kilometer Trog auch eine Obergrenze der Kosten errechnet. Und die liegt bei 77 Millionen Euro pro Kilometer. Im ungünstigen Fall würden die in Dorfen gewünschten Tieferlegung demnach 238,7 Millionen Euro kosten. Die Bahnplaner sehen sich durch diese hohe Kostenschätzung in ihren Kalkulationen bestätigt. Knapp 239 Millionen sind in der Tat von 245 Millionen Euro nicht weit entfernt. Ein Bahnsprecher rechtfertigte die Annahme, mit dem sehr hohen Preis zu rechnen, mit zwei Argumenten: "Zum jetzigen Planungsstand gibt es viele Unbekannte wie zum Beispiel den Baugrund, die Kostenentwicklungen und die Grundwasserhaltung". Die von der Autobahndirektion bei ihrer Rechnung angesetzten 31 Millionen Euro pro Kilometer würden sich nur "aus der Multiplikation minimaler Mengen und minimaler Preise, ohne jegliche Risiken" ergeben, "dies dürfte aber kaum realistisch sein". Zum anderen habe die Autobahndirektion eingeräumt, dass sie "die Kosten für das Bauen unter laufendem Zugbetrieb" nur schlecht einschätzen könne. Die Bahn habe hingegen aus anderen Projekten Erfahrungswerte, was es koste, wenn über "einer Bahnbaustelle täglich Dutzende von Züge geleitet werden müssen". Aus diesem Grund sei man bei der Bahn zu dem so hohen Kostenschätzung gekommen und weiterhin von ihrer Richtigkeit überzeugt. Der Bahnsprecher führte schließlich noch ein drittes, grundsätzliches Argument an, das weiterhin wenig Hoffnung macht: "Unabhängig von den Details anfallender Mehrkosten, muss jemand bereit sein, diese zu bezahlen - ob nun der Bund oder ein anderer Dritter."

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