Dorfen:Echt kein Scherz

Der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Gernot Vallentin ist ein entschiedener Verfechter des Passivhauses

Thomas Daller

Zuerst hat er an einen Scherz geglaubt, sagte Gernot Vallentin, Architekt und zertifizierter Passivhausplaner. Denn dass er für seine berufliche Arbeit das Bundesverdienstkreuz erhalten soll, schien ihm unwahrscheinlich, das sei doch eher eine Auszeichnung für 70- oder 80-Jährige, deren Lebenswerk gewürdigt werde. "Und ich hab' schließlich noch was vor." Der Scherz war aber keiner, gestern hat Vallentin in seinem Büro in Dorfen die Auszeichnung gefeiert. Bürgermeister Heinz Grundner gratulierte mit einer Flasche Sekt, konnte aber eine gewisse Skepsis gegenüber Passivhäusern nicht verhehlen: "Man muss Ökologie mit Ökonomie verbinden. Ich kann ja hochtrabende Ziele haben, aber wenn ich es mir nicht leisten kann, muss ich es bleiben lassen." Vallentin entgegnete, durch die hohe Energieeinsparung seien Passivhäuser wirtschaftlich, außerdem biete er mit seiner Linie "Low Budget"-Passivhäuser auch Pläne für Bauherren mit kleinem Geldbeutel an. Mit der ehemaligen Dorfener Umweltreferentin Hanna Ermann erörterte Vallentin anschließend die Fehler und Schwächen der bundesdeutschen Baupolitik. Vallentin pflichtete dabei Ermann bei, dass der Passivhausstandard verbindlich in die Bauvorschriften einfließen müsse. Denn bei der Energiewende habe es einen Konsens gegeben, dass man auch Energie einsparen müsse, um die Ziele zu erreichen. Und Passivhäuser sind nach Vallentins Einschätzung "die billigste Art, Energie zu sparen". Mit politischen Vorgaben könne man wesentlich dazu beitragen, diesen Standard zu fördern. Vallentin sagte, in Vorarlberg beispielsweise müssten alle Sozialwohnungen in Passivhausbauweise errichtet werden, sonst gebe es keine Förderung. Mittlerweile baue man fast alle Häuser so, weil niemand einen geringeren Standard als den einer Sozialwohnung akzeptiere. Auch in Belgien und Luxemburg gebe es vergleichbare Entwicklungen in der Baupolitik. In Estland und in Korea, wo der Dorfener Architekt momentan neue Gebäude plant, sieht Vallentin auch eine höhere Akzeptanz für Passivhäuser als in Deutschland: "Die überspringen das Gezauder und Gezögere. Da wird nicht mal hier ein Pilotprojekt errichtet und dort noch eines. Bei unseren Gesprächen sitzt ein Entwickler mit am Tisch und ein Vertreter einer großen Bank. Die haben einen ganz anderen politischen Einfluss. Wenn die von einer Sache überzeugt sind, ziehen die das in großem Stil durch." Bei diesen Projekten im Ausland sei ihm erst richtig klar geworden, wie hoch entwickelt das Know-how hinsichtlich Passivhäusern in Deutschland sei. Vallentin sagte, er gehe davon aus, dass sich Passivhäuser aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit durchsetzen werden. Er rechne damit, dass dies zuerst in kleineren Ländern der Fall sei und spätestens in fünf Jahren die Welle nach Deutschland zurück schwappe. Hanna Ermann monierte, dazu müssten die Defizite in der Architektenausbildung beseitigt werden: "Diese Standards müssen auch vermittelt werden." Vallentin gab ihr recht: "Im Prinzip müssten die Professoren das den jungen Leuten beibringen. Aber es gibt in Deutschland gerade mal eine Handvoll Professoren, die das tatsächlich auch tun."

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