Dominanz der Vierbeiner:Das Reiter-Dorf

In Geierlambach leben nur 40 Menschen, aber 70 Pferde. Auf dem Bräuhof der Familie Kronawitter, auf dem auch zwei Vereine beheimatet sind, ist stets viel los. Jährlicher Höhepunkt ist die Pferdesegnung an Mariä Himmelfahrt

Von Katharina Aurich, Geierlambach

Es ist ein ungewöhnliches Verhältnis: 40 Einwohner und 70 Pferde, in der kleinen Ortschaft Geierlambach zwischen Schidlambach und Holzhausen am Lumbach nördlich von Kirchdorf dominieren ganz offensichtliche die Vierbeiner das Geschehen. Hier kommt niemand zufällig vorbei, aber der Pferdehof Kronawitter und das zweite große Unternehmen, das Fuhrunternehmen Kollmannsberger, sorgen dafür, dass der Ortsname bekannt ist. Vor allem auch durch die traditionelle, alljährliche Pferdesegnung an Mariä Himelfahrt auf dem Bräuhof, so der offizielle Hofname des Pferdebetriebs, zu der kürzlich wieder rund 400 Gäste kamen.

Dominanz der Vierbeiner: Auch die von der Familie Kronawitter errichtete, offene Kapelle mit dem Pferde-Schutzpatron Leonhard gehört zum Bräuhof.

Auch die von der Familie Kronawitter errichtete, offene Kapelle mit dem Pferde-Schutzpatron Leonhard gehört zum Bräuhof.

(Foto: Marco Einfeldt)

An der Durchgangsstraße weit aus dem Ort hinaus parkten Autos und zahllose Pferdehänger, aus allen Ecken ertönte Pferdegewieher und Hufgetrappel. Die Gäste, die ohne Pferde kamen, schauten aus sicherer Entfernung der Segnung der Vierbeiner vor der kleinen, offenen Hauskapelle zu. Sie wurde von der Familie Kronawitter zu Ehren des heiligen Leonhard, dem Schutzpatron der Pferde, unter einem großen, schattigen Baum errichtet und beherbergt eine Statue des Heiligen. Jedes Jahr sei es wieder ein besonderes Erlebnis, die geputzten, glänzenden und geschmückten Pferde konzentriert nebeneinander stehen zu sehen, freute sich Romina Kronawitter, Juniorchefin des Hofes. Auch die 55 Reiter waren natürlich festlich gekleidet und nahmen den Segen für die Gesundheit ihrer Tiere entgegen. 20 von ihnen seien aus der näheren Umgebung zum heiligen Leonhard über das Land geritten, berichtet Kronawitter.

Dominanz der Vierbeiner: Die Hofkapelle aus dem Jahr 1884.

Die Hofkapelle aus dem Jahr 1884.

(Foto: Marco Einfeldt)

Als sie selbst das erste Mal nach Geierlambach kam, sei sie im ersten Moment über die Stille und Verlassenheit der Ortschaft erschrocken. Die junge Frau besuchte damals ihren zukünftigen Ehemann, heute lebt sie mit ihm und ihrem kleinen Kind auf dem Bräuhof. Es sei richtig etwas los, der erste Eindruck habe zum Glück getäuscht. Gemeinsam mit ihrem Mann sowie ihrem Schwiegervater betreibt die begeisterte Reiterin den Hof. Dieser sei ursprünglich wie viele andere in der Gegend ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Kühen gewesen, erzählt sie. Als sich die Milcherzeugung im kleinen Stil immer weniger lohnte, wurden die Kühe abgeschafft und die Familie begann umzubauen. Pferde wurden eingestellt, eine große Reithalle errichtet und weitläufige Koppeln für heute insgesamt 70 Pferde angelegt, deren Besitzer zum Teil sogar aus München oder Landshut hierher fahren. Für die Nachbarn im Dorf seien die vielen Pferde und die große Veranstaltung im August kein Problem, einige würden sogar beim Ausschank und den Vorbereitungen helfen, erzählt Kronawitter.

Dominanz der Vierbeiner: An Mariä Himmelfahrt kommen zahlreiche Pferdebesitzer zur Tiersegnung.

An Mariä Himmelfahrt kommen zahlreiche Pferdebesitzer zur Tiersegnung.

(Foto: Marco Einfeldt)

Vor 20 Jahren beschlossen einige Pferdeeinsteller, den Reit- und Fahrverein Ampertal zu gründen, der inzwischen vielfältige Kurse rund um das Reiten anbietet, beispielsweise Westernreit- und Trailkurse und sogar Spring- und Dressurkurse mit eingebauten Yogaeinheiten. 2001 gründeten die Liebhaber des Voltigierens zudem den Verein Voltigierfreunde Ampertal, der ebenfalls seinen Sitz auf dem Bräuhof hat. Die Vereinsmitglieder, die Pferdebesitzer und Kinder, die hier reiten oder voltigieren lernen, und die Reiter, die eine Beteiligung an einem Pferd haben, sorgten dafür, dass auf dem Hof keine Langeweile oder gar Ruhe aufkommen. Das hat Romina Kronawitter bald nach ihrem Umzug festgestellt. Hier sei manchmal mehr los als in der Stadt, sagt die junge Frau.

Aber es gebe in Geierlambach auch ruhige Ecken, zum Beispiel die Marienkapelle, eine katholische Hofkapelle, die 1884 an der Hauptstraße errichtet wurde. An Mariä Himmelfahrt wurden hier während einer Messe duftende Kräuterbüschel gesegnet. Aber auch an der Durchfahrtsstraße sei es meist ruhig, jedoch wählten häufig Radfahrer die Straße durch Geierlambach für eine Tour durch den nördlichen Landkreis. Die Natur, die Wiesen, Felder und Wälder rund um die Ortschaft seien ein ideales Reitgelände, findet Kronawitter. Sogar ein Biologe sei hier eines Tages vorbeigekommen, um seltene Eulen und Raubvögel in dem großen Waldgebiet, das sich gegenüber dem Hof erstreckt, zu erforschen, erinnert sich die junge Frau. Inzwischen möchte sie nirgendwo anders mehr leben.

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