Diskussion um Straßenbau:Bockhorn muss abkassieren

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Die Regierung von Oberbayern zwingt die Gemeinde dazu, die Straßenausbaubeitragssatzung anzuwenden und deren Aufhebung rückgängig zu machen. Lehnt der Gemeinderat ab, schreitet wohl die Rechtsaufsicht ein

Von Antonia Steiger, Erding

Der Streit um die Straßenausbaubeitragssatzung ist noch nicht ausgestanden. Mitten drin in einer Art Vermittlerrolle befindet sich Landrat Martin Bayerstorfer (CSU). Er betonte vor wenigen Tagen, dass Gemeinden, die eine solche Satzung haben, sie auch anwenden müssten. Sie nicht anzuwenden, das wäre "gefährlich". Dann stünde eine Straftat einer Veruntreuung im Raum. Im Landkreis Erding haben nur acht von 26 Kommunen die Satzung, die sie dazu zwingt, beim Ausbau von Straßen Beiträge der Anwohner einzuziehen. Zwei Gemeinde haben sie aufgehoben: Lengdorf und Bockhorn.

In den Fokus gerückt ist die Satzung durch ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. November, wohin der Hohenbrunner Bürgermeister Stefan Straßmair gezogen war, weil er die Bürger von diesen Kosten verschonen wollte. Der Verwaltungsgerichtshof stellte aber fest, dass es sich bei der Satzung um eine "Soll-Regelung" handle, die eigentlich eine "Muss-Regelung" sei, wie Bayerstorfer verdeutlichte. Er selbst, so sagte er, hätte lieber eine "Kann-Regelung" gesehen, die den Gemeinden die Entscheidung überlässt, ihre Bürger an den Kosten für den Straßenausbau zu beteiligen. Das Urteil vom November korrigierte eine früher geltende Auffassung, dass Gemeinden auf die Satzung verzichten können, wenn sie anderweitig über genügend Geld verfügen, um den Straßenausbau ohne Beiträge der Anwohner zu finanzieren.

In einer besonderen Lage befindet sich die Gemeinde Bockhorn, die ihre Straßenausbaubeitragssatzung aufgehoben hat. Bürgermeister Hans Schreiner sagt, der Gemeinderat habe die Satzung 2011 erlassen, weil die Kommunalaufsicht mehrere Jahre hintereinander darauf gedrängt habe. Irgendwann könne man das nicht mehr ignorieren. Dann habe Bockhorn aber beobachtet, wie sich die anderen Gemeinden verhielten - und festgestellt, dass die Mehrzahl diese Satzung nicht erlassen. Vor eineinhalb Jahren hat der Gemeinderat die Satzung wieder aufgehoben, weil die Gemeinde den Straßenausbau mit anderen finanziellen Mitteln zu bewältigen gedachte. Diese Aufhebung wird nun beanstandet. Der Erlass der Aufhebung sei nichtig, diese Auffassung der Regierung von Oberbayern kennt auch Bayerstorfer, der den Schrieb an Bockhorn weitergeleitet hat und um eine Stellungnahme gebeten habe, wie er sagte. In Bockhorn steht nun die Aufhebung der Aufhebung am Donnerstag, 12. Januar, auf der Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung.

Er rechne damit, dass der Gemeinderat dies ablehnen werde, sagte Schreiner. Anschließend werde das Landratsamt Erding als Rechtsaufsichtsbehörde diesen Beschluss wohl ersetzen. Und dann wird die Straßenausbaubeitragssatzung in Bockhorn wieder Gültigkeit haben. Ähnliches blüht auch der Gemeinde Lengdorf: Der Gemeinderat hatte die Satzung schon im Jahr 2009 aufgehoben. Auch dieser Beschluss wird wohl keinen Bestand haben.

Unklar ist, wie es nun weitergeht. "Rechtsaufsichtlich" werde er nicht tätig werden, sagte Bayerstorfer vor einigen Tagen bei der Jahrespressekonferenz mit Blick auf die Kommunen, die noch keine Satzung haben. Außer in Bockhorn und Lengdorf, die die Satzung jedoch aufgehoben haben, gibt es sie noch in Dorfen, Forstern, Isen, Langenpreising, Ottenhofen, Walpertskirchen, Wartenberg und Wörth.

Schreiner rechnet jedoch damit, dass es in ein oder zwei Jahren eine bayernweit einheitliche Regelung geben werde, die dann eingehalten werden müsse. So, wie es jetzt ist, sei es ungerecht, sagt er. In Bockhorn müssten die Bürger zahlen, in der Nachbargemeinde nicht. Ist die Aufhebung aufgehoben, drohen die nächsten Diskussionen: Was ist eine Reparatur? Was ist eine Sanierung? "Wir reparieren nur noch", sagt Schreiner. An diesen Kosten müsse man die Anwohner nicht beteiligen. "Lächerlich" findet aber nicht nur er die Annahme, dass sich die Landeshauptstadt München mit Verweis auf den hohen Verwaltungsaufwand heraushalten könne, wie dies bislang der Fall ist.

© SZ vom 30.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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