Diebesbande:Lokalpatrioten auf Einbruchstour

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In wechselnder Besetzung erbeuten drei Männer Bargeld und Wertgegenstände im Gesamtwert von mehr als 16 000 Euro und richten einen Sachschaden von 40 000 Euro an. Ein missglückter Autodiebstahl bringt sie vor Gericht

Von Florian Tempel, Erding

Die drei als Einbrecherbande angeklagten jungen Männer haben sich alle die Zahlenfolge 435, die letzten drei Ziffern der Erdinger Postleitzahl, auf ihre Arme tätowieren lassen. "Wir haben dieses Tattoo, weil wir hinter dieser Stadt stehen", erklärte einer von ihnen allen Ernstes beim ersten Prozesstag am Amtsgericht. Ein angeblicher Lokalpatriotismus von höchst zweifelhafter Ausformung: Bei Einbrüchen in verschiedener Besetzung erbeuteten die 19, 20 und 21 Jahre alten Männer zwischen Oktober 2013 und September 2014 Bargeld und Wertgegenstände in einem Gesamtwert von mehr als 16 000 Euro. Fast noch schlimmer: Bei ihren nächtlichen Streifzügen in Erding und Umgebung verursachten sie - in mehreren Fällen durch mutwilligen Vandalismus - fast 40 000 Euro Sachschaden. Mit den dreien sitzt ein 22-jähriger Erdinger auf der Anklagebank, der sich offenbar ihrer Bande anschließen wollte. Er stand bei ihrem letzten Einbruch Schmiere, als alle vier von der Polizei festgenommen wurden.

Neben zwölf sozusagen ganz normalen Einbrüchen in Firmenräume, Läden, Wohnungen, das Ottenhofener Vereinsheim, die Carl-Orff-Grundschule in Erding sowie zwei Autoaufbrüchen enthält die Anklage eine außergewöhnliche Tat: In der Nacht des 2. August 2014 drangen zwei Mann der Bande durch ein eingeschlagenes Klofenster in das Büro einer Mietwagenfiliale in Erding ein. Zielstrebig steuerten sie den Firmentresor an, den sie ohne jedes Problem öffnen konnten - sie wussten die Zahlenkombination. Aus dem Panzerschrank stahlen sie knapp 2000 Euro Bargeld und den Schlüssel einer 120 000 Euro teuren Luxuslimousine. So konnten sie den teuren Mietwagen problemlos vom Firmengelände wegfahren. Nachdem ihr Komplize, der draußen Schmiere gestanden hatte, eingestiegen war, machten sie sich zu dritt auf den Weg nach Tschechien.

Sie kamen bis Pilsen. Nach Angaben eines Angeklagten hatten sie bereits versucht, den Wagen "auf einem Schwarzmarkt" zu verhökern. Geschnappt wurden sie dann aber auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Der Mietwagen war über ein automatisches GPS-Signal von der mittlerweile eingeschalteten tschechischen Polizei geortet worden. Bei ihrer ersten Vernehmung gaben die drei Autodiebe an, sie hätten die Luxuskarosse in Erding "gefunden". Der Wagen sei offen gewesen, der Schlüssel habe gesteckt und sie hätten der lockenden Versuchung, einen Ausflug zu unternehmen, einfach nicht widerstehen können. Da die deutschen Behörden keine Haftbefehle beantragt hatten, durfte die drei nach ihrer Vernehmung in Pilsen wieder heimreisen.

Bei den weiteren Ermittlungen der Erdinger Kripo wurde deutlich, dass die Angeklagten offensichtlich die Zahlenfolge zum Öffnen des Tresors im Büro der Mietwagenfirma zugesteckt bekommen hatten. Eine Zeugin gab an, dass sie in der Tatnacht das Auto eines früheren Mitarbeiters der Mietwagenfirma in der Nähe des Tatorts gesehen habe. Der Geschäftsführer der Mietwagenfirma sagte zudem aus, dass dieser ehemalige Mitarbeiter - wie eine Reihe anderer früherer Mitarbeiter auch - die Zahlenkombination für den Tresor gekannt habe.

Die Angeklagte wollten dazu nichts sagen. Stattdessen gaben sie vor Gericht völlig unglaubwürdige Erklärungen ab. Der Diebstahl des Autos "sei ja nicht geplant" gewesen. Sie seien zufällig vorbei gekommen - "wir waren einfach unterwegs, so Freizeit halt". Dann hätten sie sich eben ganz spontan entschlossen, mal nachzusehen, ob es in den Büroräumen nicht etwas Stehlenswertes gebe. Von einem Tresor hätten sie gar nichts gewusst. Und wer den Geldschrank geöffnet habe, wollte auch keiner mehr wissen. Der Vorsitzende Richter des Jugendschöffengerichts, Michael Lefkaditis, reagierte genervt: "Verarschen kann ich mich auch alleine!"

Zu ihren anderen Einbrüchen, die sie zum Teil sogar nach dem missglückten Autodiebstahl begangen, ließ einer der Angeklagte Richter Lefkaditis eines wissen: "Zuerst mal will ich klar stellen, dass wir keine Bande sind - wir sind einfach Freunde, die halt Scheiße gebaut haben." Danach berichteten er und ein Mitangeklagter jedoch, dass sie abwechselnd "Objekte" für Einbrüche auskundschaftet hätten - "jeder hat mal eine Idee gehabt". Vor einem Einbruch hätten sie sich zu Hause umgezogen sowie Handschuhe und Werkzeug mitgenommen. Als Motiv für die Einbrüche gab einer der Angeklagten eine sehr simple, aber verblüffend ehrliche Erklärung ab: "Alle zusammen haben wir uns halt gesagt, wir brauchen Geld." Der Prozess dauert an.

© SZ vom 04.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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