Die gute Tat, die Leben rettet:Kleiner Piecks, große Freude

Die gute Tat, die Leben rettet: Michael Zurwesten mit seinem Sohn Manuel und Ehefrau Marelem. Sie haben sich besonders gefreut, dass die Spende an ein Kind ging.

Michael Zurwesten mit seinem Sohn Manuel und Ehefrau Marelem. Sie haben sich besonders gefreut, dass die Spende an ein Kind ging.

(Foto: Renate Schmidt)

Kurz vor Weihnachten kam die gute Nachricht: Die Knochenmarkspende von Michael Zurwesten an einen achtjährigen Jungen war ein Erfolg. Der Fußballer des TSV St. Wolfgang hat ein Leben gerettet.

Von Regina Bluhme

Michael Zurwesten weiß nicht, wie der Junge aussieht, wie er heißt, ob er gerne auf dem Bolzplatz kickt oder lieber Trompete spielt. Doch der Fußballspieler vom TSV St. Wolfgang weiß, dass er einem acht Jahre altem Jungen aus Tschechien das Leben gerettet hat. Seine Stammzellenspende im vergangenen September war erfolgreich. Vor wenigen Tagen erreichte ihn ein Brief von der gemeinnützigen DKMS aus Tübingen, die Stammzellspenden für Blutkrebspatienten in aller Welt vermittelt. Laut Schreiben geht es dem Achtjährigen nach der Transplantation so gut, dass er kürzlich das Krankenhaus verlassen konnte. Diese Nachricht ist für Michael Zurwesten eines seiner schönsten Weihnachtsgeschenke.

"Der Zeitpunkt des Briefs hätte nicht passender sein können", sagt der 34-Jährige, der selbst Vater eines kleinen Buben ist. Am 19. Dezember ist das Schreiben mit den guten Neuigkeiten bei ihm angekommen. Jetzt hat er es Schwarz auf Weiß, dass die Transplantation erfolgreich war. Noch sei der achtjährige Bub von Chemo- und Strahlentherapie geschwächt, "doch in dem Brief steht, dass sein Zustand so zufriedenstellend ist, dass er das Krankenhaus verlassen konnte", sagt Zurwesten. "Das ist für mich wirklich eine sehr, sehr gute Nachricht, denn natürlich macht man sich Gedanken, wie es dem Patienten wohl geht."

Begonnen hat alles heuer in den Ostertagen. Die DKMS hatte zusammen mit dem Fußballer Jerome Boateng alle Fußballvereine zur Typisierungsaktion "Fußball-Helden" aufgerufen. Für Klaus Brandlhuber, dem Leiter der Fußballabteilung des TSV St. Wolfgang, war sofort klar: "Da machen wir mit." Am Karsamstag, während eines Heimspiels mit vier Mannschaften, trommelte er inklusive Zuschauer 75 Freiwillige zusammen, die sich registrieren ließen. Als Verein müsse man auch soziales Engagement zeigen, sagt Brandlhuber. Als Schüler habe er bei einer Typisierungsaktion in Taufkirchen für den an Leukämie erkrankten Robert Glasl teilgenommen, "seitdem ist das Thema für mich präsent."

Michael Zurwesten, der in der ersten Herrenmannschaft des TSV Taufkirchen spielt, war unter den 75 Freiwilligen. Die Typisierung sei eine ganz einfache Sache: Ein Wangenabstrich mit einem Wattestäbchen, das war's. Spender werden dringend gesucht, wie Jennifer Andersen von der DKMS-Pressestelle sagt: Alle 15 Minuten erhalte ein Patient in Deutschland die Diagnose Blutkrebs, darunter viele Kinder und Jugendliche. Hier helfe nur eine Stammzellenspende, wobei jeder siebte keinen geeigneten Spender finde.

Im Fall von Michael Zurwesten gab es ziemlich rasch einen Treffer. Bereits im Juli kam ein Schreiben der DKMS. "Ich war schon überrascht und auch ziemlich aufgeregt", sagt der 34-Jährige. Erst einmal sei er zum Hausarzt zur Blutabnahme gegangen, erinnert er sich. Ein gründlicher Gesundheits-Check im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart folgte. Dort musste er sich für eine von zwei Entnahmemöglichkeiten entscheiden. Entweder für eine direkte Entnahme aus dem Knochenmark unter Vollnarkose oder für eine periphere Spende, bei der die Stammzellen aus dem Blut gefiltert werden, ähnlich wie bei einer Dialyse. Zurwesten entschied sich für letztere Methode. Dafür musste er sich selbst vier Tage lang alle zwölf Stunden eine Spritze geben, um die Bildung der Stammzellen anzuregen. Als Nebenwirkungen spürte er "ein leichtes Ziehen im Schädel, in der Brust und im Becken, aber es war auszuhalten und das Spritzen war wirklich nur ein kleiner Picks."

Am 12. September war es dann so weit: Michael Zurwesten checkte im Robert-Bosch-Krankenhaus ein. An seiner Seite waren Ehefrau Marlen und sein kleiner Sohn Manuel, der damals gerade einmal dreieinhalb Monate alt war. "Freilich macht man sich dann schon ein bisserl Sorgen", erinnert sich Zurwesten, aber bereits nach zweieinhalb Stunden sei die Behandlung abgeschlossen gewesen. Schmerzen habe er keine verspürt, "das Unangenehme war, dass ich so lange ruhig liegen musste." Erst nach der Behandlung erfuhr Michael Zurwesten, wem er seine Zellen gespendet hatte: einem Achtjährigen Buben aus Tschechien. "Da geht's genau an den Richtigen", sei sein erster Gedanke gewesen. "Meine Frau und ich als frisch gebackene Eltern hatten Tränen in den Augen."

Gerne würde Zurwesten die Familie im Nachbarland kennenlernen, doch das ist nicht möglich. Die Stammzellenspende verlaufe je nach Land nach bestimmten Regeln und in Tschechien werde strikte Anonymität verlangt, sagt Spender Zurwesten. Aber er hat die Möglichkeit, über die DKMS einen anonymisierten Brief an die Eltern schicken. Und das werde er demnächst auch tun, sagt Zurwesten. "Vielleicht schreiben die Eltern ja zurück. Mir ist einfach wichtig, zu wissen, wie es ihm geht." Mit dem Brief will Zurwesten dem Buben auch ein kleines Geschenk zukommen lassen. Ein bairischer Löwe soll es sein. Damit der Junge wenigstens einen kleinen Hinweis hat, dass sein Lebensretter aus Bayern kommt.

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