Die Angst wächst:Intensive Jagd auf Wildschweine

schweinepest

Vertreter des Bauernverbandes bei einem Krisengespräch zur Afrikanischen Schweinepest mit Landrat Martin Bayerstorfer

(Foto: Privat)

Wegen der Schweinepest soll dem Schwarzwild nun auch mit Fallen und Nachtzielgeräten nachgestellt werden. Der Erdinger Bauernverband fordert einen Massenabschuss, der Kreisjagdverband hält das für zwecklos

Von Thomas Daller, Landkreis

Der Landkreis Erding hat die höchste Dichte an Hausschweinen in ganz Oberbayern. Die Mäster und Züchter sind in großer Sorge, weil die Afrikanische Schweinepest (ASP) näherrückt. "Es ist keine Frage mehr, ob sie kommt, sondern nur noch, wann", sagte Alois Obermaier, Fachberater beim Bayerischen Bauernverband (BBV) Erding. Dann müssten betroffene Bestände getötet und ganze Regionen unter Quarantäne gestellt werden. Sollte auch nur ein einziger Fall in Deutschland festgestellt werden, droht Deutschland ein Exportstopp für Schweine. Die Lage ist existenzbedrohlich. Die Landwirte im Landkreis wollen nun die Jäger in die Pflicht nehmen. Sie sollen künftig auch mit Fallen und Nachtzielgeräten etwa 70 Prozent der Wildschweine töten, die Überträger dieser Schweinepest sein können. 23 Jagdpächter haben beim Landratsamt bereits Anträge auf Ausnahmegenehmigungen gestellt, mit Nachtzielgeräten auf Schwarzwild schießen zu dürfen.

Diese Erdinger Jagdpächter sind die ersten in Oberbayern, die mit Restlichtaufhellern nachts den Wildsäuen nachstellen wollen. Der Besitz und die Benutzung von solchen Geräten ist normalerweise verboten, wenn sie fest mit einer Waffe verschraubt sind. Wenn so ein Nachtzielgerät auch noch über ein Fadenkreuz verfügt, kann sogar das Kriegswaffenkontrollgesetz greifen. Dennoch hat das Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten auf Druck der Landwirtschaft den Landratsämtern die Möglichkeit eröffnet, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Sie werden "Beauftragungen" genannt und nur in Sondersituationen genehmigt. Der Bauernverband Erding ist der Auffassung, dass so eine Sondersituation gegeben sei: nicht weil der Schwarzwildbestand im Landkreis Erding so hoch sei, sondern weil es so viele Hausschweine gebe, die geschützt werden müssten.

Der Bauernverband hatte bereits am 5. Januar zu einer Ortsobmännertagung nach Riedersheim auch Thomas Schreder, den Vorsitzenden des Kreisjagdverbandes Erding eingeladen, um über diese Thematik miteinander zu sprechen. Schreder ist skeptisch, ob so ein Massenabschuss den gewünschten Effekt hätte. Wildschweine können zwar ein Reservoir für die Viren sein, doch sterben sie selbst daran. Da sie ziemlich ortstreu sind, sorgen sie deshalb nicht für eine aktive Ausbreitung der Pest. In Osteuropa, von wo aus die ASP im Vormarsch ist, sollen weggeworfene Wurstreste von infizierten Schweinen die Hauptursache für die Ausbreitung sein.

Laut Schreder ist der Wildschweinbestand kaum in den Griff zu bekommen. Die Tiere sind nachtaktiv, intelligent, scheu und haben keine natürlichen Feinde. Futter finden sie zur Genüge: Eicheln und Bucheckern in den Wäldern, der allgegenwärtige Mais ist geradezu Mastfutter für die Tiere. Hinzu kommt, dass Wildschweine ihre Verluste durch eine höhere Geburtenrate wieder ausgleichen können: Werden sie stark bejagt, bringen sie umso mehr Frischlinge zur Welt. Außerdem ist der Wildschweinbestand im Landkreis Erding ohnehin vergleichsweise niedrig. Der Landkreis Erding zählt zu den waldärmsten in Bayern, den Tieren fehlt die sogenannte Deckung. Überwiegend handelt es sich um Tiere aus dem Ebersberger Forst, die auf nächtlicher Wanderschaft im Landkreis Erding Futter suchen. Etwa 200 Wildschweine haben die Erdinger Jäger im vergangenen Jahr geschossen. In anderen Landkreisen mit einem hohen Schwarzwildbestand wie beispielsweise Main-Spessart war die Strecke 28 Mal so groß.

Schreder ist der Meinung, dass Nachtzielgeräte Nachteile mit sich bringen. So sehe man nur einen kleinen Ausschnitt der Rotte. Man könne oft nicht erkennen, ob es sich um ein Muttertier mit Frischlingen handele. "Der Muttertierschutz ist nicht verhandelbar", so der Kreisjagdverbandsvorsitzende. Auch bei den Fallen, den "Saufängen", sei er skeptisch: "Warum sollte eine Sau in einen Pferch gehen, in dem ein bisschen Futter drin liegt, wenn es überall genug Mais zu fressen gibt?" Um mehr Wildschweine jagen zu können, fordert Schreder von den Landwirten, dass sie Schussschneisen in den Maisäckern anlegen, in denen sich die Tiere oft aufhalten. Jakob Maier, Kreisobmann des Bauernverbandes, will bei den Landwirten verstärkt darauf drängen, dass solche Schussschneisen angelegt werden. Im Gegensatz zu Schreder vertritt er die Auffassung, dass man jede Möglichkeit nutzen müsse, um der Schweinepest vorzubeugen. "Es grassiert die Angst", für viele Betriebe gehe es um die Existenz. Daher hat der Bauernverband nach dem Gespräch mit Schreder die Ortsobmänner aufgefordert, mit den Jagdpächtern zu sprechen, ob sie Anträge für Nachtzielgeräte einreichen könnten. 23 haben das bereits getan, nun ist das Landratsamt am Zug. Darüber hinaus ist bereits das nächste Krisentreffen zur ASP angesetzt: Die ARGE Jagd, die Vertretung der Grundstückseigentümer im Landkreis Erding, hat am 30. Januar, 19.30 Uhr, sowohl Thomas Schreder als auch Andreas Tyroller vom Bayerischen Bauernverband zu einem Gespräch ins Gasthaus Menzinger in Lengdorf eingeladen.

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