Diakonie bewirbt sich nicht um Frauenhaus:"Wir wollen seriös bleiben"

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Die Einrichtung beteiligt sich nicht an Ausschreibung um die Trägerschaft, weil sie nicht an Personal oder dessen Qualifikation sparen wolle. Andere Organisationen machen es ihr gleich

Von Florian Tempel, Erding

Der Kreisverband des Roten Kreuzes (BRK) ist womöglich der einzige Bewerber bei der Neuvergabe des Frauenhauses Erding. Zwar hat auch der bisherige Träger, der Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF), eine Bewerbungen abgegeben. Der SkF kann allerdings die Vorgabe, dass die Zuschusssumme für das Frauenhaus auf 120 000 Euro pro Jahr gedeckelt sein muss, nicht erfüllen. Die SkF-Bewerbung wird demnach nicht berücksichtigt werden. Zuletzt hatte das Frauenhaus einen Zuschussbedarf von etwa 160 000 Euro. Die vom Landratsamt angefragten Caritas, die Arbeiterwohlfahrt und die Diakonie haben Bewerbungen mit Hinweis auf die Deckelung abgelehnt.

Der SkF München hat das Frauenhaus vor 25 Jahren im Auftrag des Landkreis gegründet und betreibt es seitdem. Nach der Kündigung des Vertrags durch Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), die er mit angeblich zu hohen Kosten rechtfertigte, billigte Anfang August die Mehrheit des Kreisausschusses eine Ausschreibung. Das wesentliche Vergabekriterium ist die bereits für eine Bewerbung verbindliche Deckelung auf 120 000 Euro Zuschuss im Jahr.

Der SkF macht in einer Pressemitteilung noch einmal deutlich, dass das eine für ihn unmögliche Vorgabe sei. Den größten Anteil der Kosten, rund 70 Prozent, machten die Personalkosten aus. "Da wir auf bestehendes und bewährtes Personal zurückgreifen, können wir hier nicht einsparen. Zudem ist in den Frauenhäusern die Personaldecke ohnehin knapp bemessen und bräuchte eigentlich eine Ausweitung, wie schon von Sozialministerin Emilia Müller festgestellt wurde", schreibt SkF-Geschäftsführerin Prumbach. "An den Kosten für Miete und Nebenkosten kann der SkF nichts ändern, und die Verwaltungs- und Sachkosten sind mit unter 12 Prozent des Budgets bereits sehr knapp bemessen", heißt es weiter.

Andere vom Landratsamt angeschriebene Sozialverbände nennen die finanzielle Deckelung als Hinderungsgrund, eine Bewerbung abzugeben. Caritas-Geschäftsführerin Barbara Gaab sagte bereits vor einer Woche: "Wir könnten es nicht billiger als der SkF machen - wir haben die gleichen Tarife und denselben fachlichen Anspruch." Da der SkF im Frauenhaus Erding seit Jahrzehnten "hervorragende Arbeit" leiste, gebe es auch "keinen Grund für einen Trägerwechsel".

Der Vorsitzende der Erdinger AWO, Fritz Steinberger, sagte, die festgezurrten 120 000 Euro machten eine Bewerbung unmöglich, da "wir das Personal selbstverständlich übernommen hätten". Grundsätzlich hätten man in Kooperation mit der Dachauer AWO ernsthaftes Interesses am Betrieb des Frauenhauses gehabt. Steinberger wies noch einmal darauf hin, dass das gleich große Dachauer AWO-Frauenhaus vom dortigen Landkreis im Jahr etwa 160 000 Euro Zuschuss erhalte.

Bayerstorfer interessieren die Kosten anderer Frauenhäuser aber nicht sonderlich. Er betont ausschließlich, dass das Freisinger Frauenhaus wesentlich weniger koste. Nach Informationen der SZ stimmt aber auch das nicht mehr: Das Frauenhaus Freising, das seit diesem Jahr in der Trägerschaft der Diakonie ist, hat mittlerweile einen Zuschussbedarf von etwa 150 000 Euro. Hans-Roland Weiß, Schatzmeister der Diakonie Freising, wollte diese Zahl zwar nicht bestätigen. Er sagte, man habe sich eine Bewerbung für das Erdinger Frauenhaus "sehr, sehr ordentlich überlegt". Doch bei einer Deckelung auf 120 000 Euro "geht das nicht". Man müsste beim Personal oder dessen Qualifikation sparen, um den vorgegebenen Wert einhalten zu können: "Das wollen wir nicht, wir wollen seriös bleiben."

Beim Roten Kreuz war wenig zu erfahren. Der Kreisvorsitzende, der Taufkirchener Bürgermeister Franz Hofstetter (CSU) wollte nicht sagen, ob die BRK-Bewerbung den maximal Zuschussbetrag einhalte. Er zog sich darauf zurück, dass das Vergabeverfahren noch laufe und erst der Kreisausschuss - in geheimer Sitzung - sich damit befassen werde. Mit derselben Begründung verweigerte das Landratsamt eine Auskunft zur Anzahl der eingegangenen Bewerbungen. Im Schreiben aus dem Büro des Landrats heißt es: "Durch eine Berichterstattung in der Presse und damit einer eventuell vorgeschalteten Diskussion wäre kein objektives Herangehen der einzelnen Mitglieder des Kreisausschusses mehr gewährleistet wäre."

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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