"Das ist ein riesiger Motivationsschub für die Kinder":Die ersten Töne

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Ein wenig mühsam ist es, dem Saxofon die ersten richtigen Töne zu entlocken. Stefan Pellmaier zeigt den Schülern der neuen Big Band am Moosburger Gymnasium, wie es geht. (Foto: Andreas Gebert)

Seit Beginn dieses Schuljahres gibt es am Moosburger Gymnasium eine Big Band unter der Leitung von von Stefan Pellmaier. Ein öffentlicher Auftritt ist bei einem Weihnachtskonzert in Sankt Kastulus geplant

Von Clara Lipkowski, Moosburg

Die zwei Pianisten sitzen hinter den Tasten und warten, dass es endlich los geht. Es ist Freitagmittag, 5. Stunde im Moosburger Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasium, 23 Schülerinnen und Schüler stecken Saxofone und Trompeten zusammen und rücken Notenständer zurecht. Jamie hat nicht viel zu tun, das E-Piano steht bereits. Er spielt ein paar Töne, flachst mit einem Mitschüler. Mit seinen acht Jahren ist er der jüngste Schüler der Bigband-Klasse, die nach den Sommerferien gegründet wurde und sich an diesem Mittag zum vierten Mal trifft. Die ältesten sind elf, alle sind Fünftklässler.

"Für die Kinder ist alles neu", sagt Lehrer Stefan Pellmaier. Die Kinder sind zum Herbst auf das Gymnasium gewechselt, jetzt haben sie neue Mitschüler, Lehrer, einen längeren Stundenplan, neue Kurse. "Und in der Bigband-Klasse ist Voraussetzung, dass hier jeder ein neues Instrument lernt, damit das Niveau für alle gleich ist", sagt Pellmaier. "Die E-Gitarren bitte!", ruft er, zwei Jungen springen auf. Die Gitarren werden wie alle Instrumente von der Schule gestellt und liegen in schwarzen Koffern bereit.

Die Jungen schleppen die Instrument zu ihren Notenständern, schließen sie an die Verstärker an. Inzwischen haben die beiden Schlagzeuger Platz genommen, die Posaunisten, die Trompeter, die Saxofonisten. Als Pellmaier pfeift und klatscht, wird es ruhiger im Raum. Auf sein Zeichen geben die Schlagzeuger den Grundrhythmus vor, dann setzen die Pianisten ein, die E-Gitarren, E-Bässe und nach und nach die Bläser. Sie spielen ein F, mal lang, mal kurz, mal nur die Trompeter, mal nur die Bassisten. "Und jetzt! Tutti!", ruft Pellmaier und fragt: "Was heißt tutti?" Einige murmeln: "Alle".

Die Kinder haben erst seit diesem Schuljahr, seit drei Wochen Unterricht. Der Unterricht läuft parallel zum eigentlichen Musikunterricht, den die anderen Schüler nehmen. Die Bigbandmusiker bekommen außerdem wöchentlich 45 Minuten Instrumentalunterricht in Kleingruppen. Dafür und für die Instrumentenmiete zahlen ihre Eltern monatlich 45 Euro extra.

Töne aus dem Saxofon oder der Posaune herauszubekommen, ist gar nicht so leicht, wie sich herausstellt. Die einen stoßen mit aller Kraft Luft hinein, andere sind zurückhaltender. Es braucht ein paar Anläufe, aber mit ein bisschen Übung kommen die Töne immer ein wenig präziser. Stefan Pellmaier korrigiert, wenn nötig: "Du brauchst mehr Spannung in den Lippen, und Du, weniger Kraft." Aber auch: "Wie sitzt Du denn da?" Der Orchestersitz, vorn auf der Stuhlkante, beide Füße am Boden, will gelernt sein. Die jungen Pianisten wechseln einen Blick und hängen ein kurzes Solo an das Ende einer Übung. "Schaut zu mir, dann seht ihr, wann es endet", ruft Pellmaier. Die Jungen kichern. Fragt man später den Pianisten Jamie, ob er schon Noten lesen könne, guckt er erstaunt: "Hä? Ja, klar." Bei Adrian an der E-Gitarre erübrigt sich die Frage, er hat schon eineinhalb Jahre Akkordeon und noch mal so lang Keyboard gespielt. Er ärgert sich. "Die Gitarren sind so verstimmt", ruft der Neunjährige. Die zehnjährige Paula ist derweil ganz entspannt. Sie hat sich für das Tenorsaxofon entschieden, Altsaxofon kann sie schon. Sobald sie einen Einsatz hat, erhebt sie sich vom Stuhl. Pellmaier als Lehrer findet sie ziemlich gut, sagt sie.

Stefan Pellmaier ist 38 Jahre alt und hat es in diesem Schuljahr geschafft, erstmals eine Bigband-Klasse auf die Beine zu stellen. Andere Schulen im Landkreis klagen über mangelndes Interesse. "Ich wollte immer etwas in dieser Stilistik machen, kein klassisches symphonisches Orchester", sagt er. "24 Schüler, das ist genau die richtige Größe für eine Bigband." Ihm entgeht nicht, was die Schüler machen, wenn sie gerade keinen Einsatz haben - und schreibt dem ein oder anderen einen Strich auf, wenn der "zu viel quatscht". Dann kommt auch mal ein "Wie jetzt?" zurück. Die Stimmung in der Klasse aber ist gut, das Musizieren fasziniert die Kinder sichtlich. "Jetzt ist es spannend zu sehen, wie das Niveau der Schüler auseinandergehen wird", sagt der Lehrer, der im Landkreis mit seiner Band "Luz Amoi" erfolgreich ist. Bald probt die Bigbandklasse das erste Stück: Hänschen Klein. Der erste Auftritt ist schon geplant. Im Dezember, kurz vor Weihnachten, in St. Kastulus. "Das ist ein riesiger Motivationsschub für die Kinder", sagt Pellmaier. Und welches Stück wird es geben? Das werde im November entschieden, sagt er, einen Weihnachtsklassiker schon, vielleicht "Alle Jahre wieder", aber zu schwierig soll er noch nicht sein.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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