Charakteristische Kunstwerke:Adrenalin und Sägespäne

Isen erlebt die zweite Auflage des Holzbildhauersymposiums. Wer den Weg in den Meindl-Park findet, erlebt hautnah, wie sich filigrane Kunst mit eher klobigen Werkzeugen schaffen lässt

Von Wolfgang Schmidt, Isen

Für den Moment ist nicht ganz klar, wer das Rennen um den höheren Lärmfaktor gewinnen wird - die hellen Kinderstimmen aus 30 oder 40 Kehlen oder die einsame Kettensäge. Als noch ein zweiter Motor dazukommt, gibt es keinen Zweifel mehr. Die Kinder haben verloren, da mögen sie ihre Schulkameraden bei den Bundesjugendspielen noch so anfeuern.

Sechs Männer und eine Frau sorgen beim Holzbildhauersymposium in Isen nicht nur für ein schrilles Spektakel, sie zeigen jedem, der den Weg zu ihnen in den Meindl-Park findet, welche filigrane Kunst sich mit einem doch eher klobigen Werkzeug schaffen lässt. Isen erlebt nach Wartenberg die zweite Auflage der "Skulptour", wie ihr Erfinder, der Oberdinger Künstler Wolfgang Fritz, das Endprodukt aus Kunst, Radfahren und sanftem Tourismus nennt. Noch eine dritte Auflage wird es geben, dann schließt sich der Kreis.

Wie arbeitet es sich im Meindl-Park im Vergleich zu Wartenberg? "Grundsätzlich gilt, dass alles anders ist", sagt dann auch der künstlerische Leiter des Symposiums. Es ist eine andere Gemeinde, eine andere Lokalität, das Treffen hat einen anderen Charakter. Es findet nicht auf dem zentralen Marktplatz wie in Wartenberg statt, vielmehr sind die Künstler zu Gast in einem Freizeitheim und die Bildhauer sind auch nicht kompakt auf einem geschlossenen Areal, sondern auf eine Wiese und den sogenannten Stockplatz aufgeteilt - sonst wäre alles etwas zu eng geworden.

Andererseits ist es aber doch so, wie es in Wartenberg war. Fritz lobt "das Riesenengagement" der Gemeinde Isen, die herzliche Aufnahme durch die Bevölkerung, die gute Unterkunft beim Klement, die logistische Versorgung. Es ist zwar ruhiger als vor zwei Jahren. Aber man "ist eigentlich auch mitten im Leben", sagt Fritz. Am Nachmittag kommen die Fußballer, dann ist Judo-Unterricht für Kinder und Jugendliche. Und am Montagabend mussten die Bildhauer die Wiese räumen, weil da einige ältere Damen zum Turnen kamen, wie Fritz sagt. Und die wollten sich verständlicherweise ungern bei ihren gymnastischen Übungen zuschauen lassen.

Weil das Treffen nicht ganz im Zentrum stattfindet, ist es mit dem Publikumsverkehr so eine Sache. Aber beim Kreuzmarkt, "da war die Hölle los, da kamen Tausende, die durch das Symposium durchpilgerten", gerät Fritz ins Schwärmen. Schließlich komme dann ja auch noch Christi Himmelfahrt und die Schlussveranstaltung, wo noch einmal viele Leute erwartet werden. "Also, wir sind zufrieden".

Was die Zusammenstellung des Teams angeht, "passt alles", sagt Fritz. Die Stimmung unter den Künstlern sei "wunderschön", sagt er. Da lässt man über all dem Ratschen schon einmal das Essen sausen. Es ist das typische Symposiums-Wesen, das Fritz so schätzt. Der Künstler lässt sich auf die Szenerie und das Miteinander ein - und ändert vielleicht dadurch auch sein Werk. Fritz sagt, "das geht alles mit in die Skulpturen rein". Da ist der tägliche Adrenalin-Kick, der bis tief in die Nacht hinein wirkt. Am meisten aber schätzt es der Lokalmatador, dass die internationale Künstlergilde, die er nach Isen gebracht hat, so schnell zu einer Gruppe zusammengewachsen ist, "obwohl sich die Leute vorher gar nicht gekannt haben."

Die sieben Künstler schaffen charakteristische Kunstwerke für sieben Gemeinden. "Gemeinschaft", heißt der Titel der Skulptur, die Fritz für den Gastgeber Isen entwickelt. Steffen Mertens aus Neuhausen an der Spree schafft für Pastetten das Werk "Der schöne Mund", der Österreicher Manfred Hellweger für St. Wolfgang "Die verborgene Quelle" und die Landshuterin Martina Kreitmeier bearbeitet auch mit Hammer und Meißel den "PerspektivenweXXXsel" für Lengdorf. Der Kärntner Andres Klimbacher hat bei seiner Ankunft im Erdinger Land schmerzhaft die heimischen Berge vermisst, sofort konsequent umgedacht und seine Skulptur am Wasser orientiert, die deshalb auch "Dorfen an der Isen heißt". Der Ostfriese Thorsten Schütt wiederum sägt emsig am "Forstener Gedankenbaum".

Bleibt noch der Landshuter Florian Bunner, der mit seinem Werk "Über 1200 Jahre Buch" schon im Vorfeld aneckte. "Wenn man was sehen will, dann sieht man auch was - bei jedem Kirchturm", sagt Bunner und lacht. Er war völlig erstaunt, dass mit der Fotografie des Modells eine Assoziation geweckt wurde, die nicht im Geringsten beabsichtigt war. Bei der Krisensitzung des Gemeinderats einen Tag vor Beginn des Symposiums hat Bunner den Kompromissvorschlag gemacht, die Kuppel etwas umzuändern und damit den gemeindlichen Frieden wieder hergestellt. Dass Kunst im öffentlichen Raum aneckt, damit haben sich die Holzbildhauer arrangiert, vor allem deshalb, weil das immer auch mit kostenloser Werbung verbunden ist.

Ein Trio mit dem "Kommunikationsweltmeister", wie Fritz Thorsten Schütt nennt, könnte im Verein mit Martina Kreitmeier und Andres Klimbacher bei der Abschlussfeier zudem noch ein Zeugnis dafür ablegen, dass Holzbildhauer auch ziemlich gute Musiker abgeben können. Schütt hat in vielen Musikbands gespielt und Percussion gemacht. Die Bildhauerei sei seine Erfüllung und Berufung, sagt er. Wenn man ihm diese Arbeit wegnehme, "dann würde mich höchstens noch die Musik retten". Klingt stark nach Auftritt.

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