Bündnis gegen Flughafenausbau macht mobil:"Wir müssen Unruhe stiften"

Aufgemuckt will dritte Startbahn zum bayernweiten Wahlkampfthema machen

Von Johann Kirchberger, Freising

Das Süppchen dritte Startbahn wollen die im Bündnis Aufgemuckt zusammengeschlossenen Bürgerinitiativen und Organisationen am Kochen halten. Markus Söder und der CSU dürfe es nicht gelingen, den Flughafenausbau aus dem Wahlkampf herauszuhalten, hieß es immer wieder bei der Mitgliederversammlung im Grünen Hof in Freising. "Wir müssen Unruhe stiften", forderte Reinhard Kendlbacher vom Bürgerverein Freising, die Politiker müssten etwas tun gegen die Belastungen mit Ultrafeinstaub, der eindeutig und unbestritten dem Flughafen anzulasten sei. "Keine Stimme für die CSU", rief Professor Michael Besch aus Kranzberg, die CSU müsse bei der Landtagswahl Prügel kriegen - bayernweit. Hartmut Binner fasste die Stimmung im Saal so zusammen: "Wer CSU wählt, wählt die dritte Startbahn", das müsse durch viele Aktionen und Nadelstiche immer wieder klar gemacht werden.

Konkrete Beschlüsse wurde zwar nicht gefasst, doch eine Wiederholung der Aktion "Occupy Staatskanzlei" fiel auf allgemeine Zustimmung. Die Vorbereitung dazu will Sprecherin Helga Stieglmeier einem Arbeitskreis übertragen. Der Bund Naturschutz plane im September eine Großdemo gegen den Flächenfraß, sagte Christine Margraf, und dazu gehöre ja auch die dritte Startbahn. Eine Woche vor der Bayernwahl will die Aktionsgruppe "Lichterzeichen" auf den Domberg marschieren. Geplant sind die Verteilung von Postkarten und Flyern unter der Rubrik "Söder, nicht mein Ministerpräsident". Autos sollen wieder verstärkt mit Anti-Startbahn-Aufklebern bestückt werden. Plane Stupid will demnächst ein "bitterböses Plakat" gegen Söder aufhängen. Markus Grill von der SPD kündigte an, die Münchner Genossen mit den fehlenden Wohnungen gegen den Flughafenausbau aufbringen zu wollen und während des Uferlos-Festivals wollen Aufgemuckt und die Moosburger Gruppe von Greenpeace einen gemeinsamen Stand im Nachhaltigkeitszelt besetzen. Die Moosburger hatten sich zu Beginn der Versammlung kurz vorgestellt und angekündigt, ihre Zentrale zu einer Kampagne gegen die dritte Startbahn überreden zu wollen. Kurzum, das Thema dritte Startbahn müsse bayernweit Thema sein, wurde immer wieder gefordert, auch und gerade im Wahlkampf.

Vorerst nicht näher treten will man den Wünschen, die Lichterzeichenmärsche auf München auszudehnen. Einig war man sich auch, die zweite Flughafenanwohnerkonferenz mit Organisationen aus ganz Europa nicht mehr heuer, sondern erst 2019 vor der Europawahl zu veranstalten.

Ob die von Söder verkündete Verzögerung des Startbahnbaus nur ein wahltaktisches Spielchen sei, oder ob mehr dahinter stecke, wisse er nicht, sagte der Landtagsabgeordnete Christian Magerl (Grüne). Man habe dadurch aber Zeit gewonnen, Sicherheit bringe das nicht. So lange Baurecht bestehe, bestehe auch die Gefahr, dass die Baumaschinen anrollen. Die zentrale Forderung müsse deshalb lauten, "der Planfeststellungsbeschluss muss weg, der muss im Papierkorb entsorgt werden". Mit der Verschiebung des Baubeginns auf 2021 oder noch später, so Magerl, habe Söder aber indirekt den Startbahngegnern Recht gegeben: "Es besteht kein Bedarf, in München herrscht Stillstand".

Sorgen macht sich Magerl allerdings um den Nachwuchs der Startbahngegner. Die alten Widerstandskämpfer seien in die Jahre gekommen, sagte er, "wir brauchen junge Leute, die den Widerstand weiterpflegen". Auch Georg Kölbl von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm hieb in diese Kerbe und Johannes Becher, Landtagskandidat der Grünen, glaubt auch zu wissen, wie man junge Leute gewinnt: "Die brauchen konkrete Projekte, an denen sie mitarbeiten können". Versammlungsleiterin Helga Stieglmeier erinnerte zudem daran, dass bald wieder Sprecherratswahlen anstünden, und auch da brauche es eine Verjüngung des Gremiums.

Amüsiert zeigte sich Aufgemuckt-Sprecher Martin Falkenberg aus Berglern darüber, dass der Freisinger Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) Mitglied des interfraktionellen Parlamentskreises Fluglärm geworden sei und dort hunderttausende von Menschen rund um die Flughafenregion vertreten wolle. "Irlstorfer auf den Fluglärm aufpassen zu lassen ist so sinnvoll, wie meinem Hund zu erklären, er müsse auf eine Leberkässemmel aufpassen".

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