Bründlhof:Das Trauerspiel beginnt von vorn

Der Bründlhof steht wieder leer. "Es war nicht das Niveau und die Kontinuität, die wir uns erhofft haben," sagt Klinik-Geschäftsführer Constantin von Stechow zu der Geschäftsbeziehung mit der Restaurant-Kette "Sakrisch-guat".

Wolfgang Schmidt

Die Visite endet draußen vor dem Tanzboden im Biergarten des Bründlhofs. Den gab es schon in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts und er wurde nicht zuletzt vom "Doktor Hans" ausgiebig genutzt, wie Professor Selmaier, der Sohn des Klinikgründers Anton Selmair, von den Wartenbergern genannt wurde. Das gehört zur Folklore des Marktfleckens einfach dazu - und so hat auch Constantin von Stechow davon erfahren. Stechow ist seit Mitte des Jahres Geschäftsführer der Wartenberger Klinik - und ihm fällt jetzt eine undankbare Aufgabe zu, die zudem nicht unbedingt zu seinem Kerngeschäft gehört: Der promovierte Jurist muss einen neuen Pächter für den Landgasthof finden, der als Sterne-Restaurant jahrelang einen exzellenten Ruf genossen hatte, der bis München und Landshut und darüber hinaus reichte. Dieses Ansehen wurde in der jüngeren Vergangenheit arg ramponiert von einer Wirtshauskette, die sich "Sakrisch guat" nennt, aber leider nicht annähernd an das Versprechen heranreicht, das der Name wohl verheißen soll.

Seit Mitte Juli steht der Bründlhof wieder leer. Geschlagene zwei Jahre hatte es schon zuvor gedauert, einen Nachfolger für den französischen Sternekoch Jean-Luc Garnier zu finden, der Ende 2008 in seine französische Heimat in der Auvergne zurückkehrte. In Bernhard Scholl, der innerhalb seiner Kette auch noch Restaurants in München-Freimann, Haar, am Walchensee und in Röhrmoos im Dachauer Land besitzt, glaubte ihn der damalige Interimsgeschäftsführer der Wartenberger Klinik im November 2010 gefunden zu haben. Scholl versprach bayerische Küche zu zivilen Preisen und schwärmte von den Möglichkeiten, die allein der große Biergarten böte. Jetzt gibt es das prächtigste Sommerwetter seit Jahren. Aber da, wo die Tische und Bänke mit gut gelaunten Besuchern stehen sollten, findet sich eine gähnende grüne Leere.

"Es war nicht das Niveau und die Kontinuität, die wir uns erhofft haben", sagt von Stechow zu der Geschäftsbeziehung. In der Küche, so drückt es der Jurist vorsichtig aus, habe es "wechselnde Qualität" gegeben. Was wohl nicht zuletzt daran lag, dass sich in den zwei Jahren der "Sakrisch-guat"-Regentschaft die Küchen- und Restaurantchefs gegenseitig die Klinke in die Hand drückten. Dabei handelte es sich ausnahmslos um Leute aus dem Team des Bernhard Scholl. Bevor es zum endgültigen Bruch kam, durfte ein gebürtiger Italiener seit Ostersonntag zum ersten Mal mit einer Pizzeria sein Glück versuchen. Der kämpfte tapfer gegen den schlechten Ruf an, der dem Bründlhof von seinen Vorgängern verpasst worden war - was ziemlich schwer fällt, wenn man mit zu wenig Servicekräften auskommen muss. Kulinarisch und preislich aber passte er durchaus in das Raster, das von Stechow für die Zukunft des Bründlhofs vorschwebt. Der jedenfalls fand das Preis-Leistungs-Verhältnis während der italienischen Wochen "richtig super".

Einen zweiten Jean-Luc Garnier will sich der Klinikgeschäftsführer jedenfalls nicht mehr ins Haus holen, der "rechnet sich nicht in dieser Gegend", glaubt er. Bei von Stechow spielt dabei auch ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl zu der gegenüberliegenden Klinik Wartenberg mit: Ihm gehe es auch darum, sagt er, "dass unsere Patienten die Möglichkeit haben, einen schönen Kaffee zu trinken und abends mal ihre Angehörigen einzuladen". Das gehöre zum Gesamtensemble einfach dazu: "Es macht ein tolles Bild, wenn im Sommer das Licht an ist und ein bisschen Stimmung herrscht."

Gewisse Ansprüche werden aber dennoch gestellt. Es sollten nicht 80 Gerichte sein, die nur aufgewärmt würden. Lieber ist von Stechow eine kleine Karte - also "gute Qualität zu akzeptablen Preisen, eine sehr solide, ordentliche Küche". Und ein Plus habe ein eventueller Pächter sowieso: Die Küche sei ja schon super eingerichtet, "typisch Klinik Wartenberg" - ein bisschen Eigenlob darf schon sein. Und was dem Klinikgeschäftsführer ganz besonders wichtig ist: Es müsste jemand sein, der die Sache höchstpersönlich in die Hand nimmt.

Von "Sakrisch guat" trennt man sich in einer Art beiderseitigem schlechten Einvernehmen. Von Stechow sagt, "wir hatten am Schluss beide das Ziel, da rauszukommen". Es gab sogar zwischenzeitlich Rückstände bei den Pachtzahlungen, aber "wir haben zum Schluss unser Geld bekommen". Von Stechow verweist es in den Bereich der Fabel, dass die Pacht für den Bründlhof nicht aufzubringen sei. Die ist in der Tat richtig günstig für eine Anlage in dieser Größenordnung, kann aber aus Wettbewerbsgründen hier nicht genannt werden. "Wir wollen damit kein Geld verdienen, wir sind keine Gastronomie-Profis," sagt der Jurist.

Was aber schwer zu Buche schlägt, sind die Nebenkosten, "die waren höher als Herr Scholl vermutet hat." Denn das alte Gemäuer des Bründlhofs ist nicht isoliert. Dem Vernehmen nach soll Scholl versucht haben, über den Einbau eines Blockheizkraftwerks die Energiekosten zu senken. Der Versuch, diese und andere Ungereimtheiten zu klären, scheiterte: Der "Sakrisch-guat"-Besitzer wollte mit der SZ trotz mehrerer Versuche inklusive einer Rückrufzusage nicht sprechen. Von Stechow sagt, wenn der Umsatz gestimmt hätte, wären auch die Nebenkosten absolut zu meistern. Dem war nicht so - am Ende stand jetzt der Auflösungsvertrag.

Die Suche nach einem neuen Pächter, der das Anforderungsprofil erfüllt, wird nicht leicht, das weiß auch von Stechow. Denn bei allem Charme, den der Landgasthof immer noch verströmt: Der Bründlhof ist ein alter Kasten - die ursprüngliche Ziegelei stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und wurde 1911 zu einer chirurgischen Privatklinik umgebaut. Die Gaststätten-Ära begann Anfang der 1930er Jahre. "Wir müssen einen neuen Pächter finden, der das für eine gewisse Zeit macht", sagt von Stechow. Und damit kommt die nächste Crux ins Spiel: "Das Gebäude wird nicht mehr zehn Jahre halten", schätzt von Stechow. Und dann müsse man sich überlegen, ob man das Gebäude renoviert oder "ob etwas anderes entsteht".

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