Baukultur im Landkreis:Privates hinter der roten Linie

Beim Fassadenpreis des Landkreises kürt die Jury traditionelle und moderne Bauten. Architekt Alexander Groh ist mit zwei völlig unterschiedlichen Projekten vertreten

Von Sebastian Fischer, Erding

Eines Tages stand Anton Fürmetz in Unterhose im Büro und wusste, dass sein Plan aufgegangen war. Fürmetz ist Spediteur in Taufkirchen, er führt einen Familienbetrieb, doch er wollte alles noch etwas familiärer haben, als er den Architekten Alexander Groh beauftragte, ein Bürogebäude zu planen. Groh sollte einen Bau entwerfen, der für Fürmetz Wohn- und Arbeitsraum vereinte und doch sauber trennte, im Norden offen und transparent aussehen, und im Süden die Privatsphäre wahren sollte. Vor vier Jahren ist Fürmetz eingezogen, wohnt dort mit seiner Frau und seinem Sohn. Nun sind er und Groh dafür ausgezeichnet worden, wie schön das Haus ist: mit dem Fassadenpreis des Landkreises Erding für die Gruppe Gewerbebauten.

Die Geschichte von der Unterhose hat Fürmetz am Donnerstagabend erzählt, bei der Preisverleihung im Fischer's Seniorenzentrum. Er hat gelacht, aber die Anekdote hatte einen wahren Kern. Ein überdachter Übergang verbindet Wohn- und Arbeitsraum. Fürmetz muss sich also tatsächlich nicht unbedingt anziehen, wenn er schnell ins Büro muss.

Den Preis gab es allerdings weniger für die Funktionalität, als für das Aussehen der Fassade, genau wie bei den vier übrigen Preisträgern. Dorfens Bürgermeister Heinz Grundner lobte in Stellvertretung von Landrat Martin Bayerstorfer, dass städtebauliche Aspekte ähnlich wie das soziale Miteinander das Bild des Landkreises prägen würden. Helmut Miller von der technischen Bauaufsicht des Landratsamtes stellte die prämierten Gebäude im Einzelnen vor. "Im Gewerbe erwartet man monotone Kisten", sagte er, und umso erfreulicher wäre es, dass in Taufkirchen etwas ganz anderes entstanden sei: "Ein gelungenes Ensemble aus Wohnhaus und Bürogebäude."

Es sei eine große Herausforderung gewesen, erklärte Architekt Groh, beides im gleichen Stil zu errichten, obwohl die Funktion so unterschiedlich sein sollte. "Ich finde es sehr gut", sagte er, und verriet, dass er oft auf das Projekt angesprochen werde. "Aber daran gedacht, dass ich einen Preis gewinnen würde, habe ich nicht." Dabei gewann er am Donnerstag gleich noch einen, Groh war auch am Projekt der Oldtimerfreunde Kirchberg Holzland beteiligt, die mit Planer Josef Neuhäuser und dem Kirchberger Bürgermeister Hans Gradinger seit 2004 um den Nachbau eines landestypischen Hofes herum ein Freilichtmuseum entstehen lassen und damit in der Gruppe Umbauten gewannen.

Als schönster privater Wohnbau wurde das Haus der Familie Fischbeck in Taufkirchen geehrt, in der Gruppe öffentliche Neubauten kürte die Jury den Aufbahrungsraum mit Lager im Friedhof Reichenkirchen. Besonders lobte Miller auch den Preisträger in der Gruppe Denkmalbauten, das Josef-Martin-Bauer-Haus in Dorfen. Ohne die Bauherren, die Familie Ickler, wäre das historische Haus wohl vergessen worden, sagte Miller. Er zeigte Bilder aus dem Jahr 2013 vor der Renovierung, die das alte Arbeitszimmer des Schriftstellers Bauer zeigte. Das Haus sei "energetisch auf dem Stand von heute, ohne das Originalbild zu zerstören."

Viel Lob allenthalben also, nur Fürmetz verriet, dass er auch Skeptikern begegnet sei. Wohnen gleich neben dem Büro? Er hat dann geantwortet, "dass hinter meinem Büro eine rote Linie ist: Da darf nur drüber, wen ich zum Kaffee einlade. Ansonsten habe ich ein Telefon."

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