Bau:Spitzenplatz bei der Flächenversiegelung

Im Landkreis entstehen in fast allen Gemeinden neue Straßen sowie Bau- und Gewerbegebiete. Die Grünen hoffen deshalb, dass das Volksbegehren gegen den Flächenfraß doch noch zugelassen wird

Von alexandra Vettori, Eching

Sogar der Grünen-Fraktionssprecher im bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, ist am Dienstag zu einer Veranstaltung der Echinger Grünen nach Dietersheim gekommen, um über den Stand beim Volksbegehren gegen den Flächenfraß zu berichten. Er konnte Mut machen: Obwohl das Innenministerium kürzlich bekannt gab, dass das Volksbegehren wahrscheinlich nicht rechtskonform sei, hat Hartmann Hoffnung: "Es gibt zwei Rechtsgutachten, eines von der CSU und eines von uns, dass es sehr wohl rechtskonform ist, außerdem war es beim Begehren gegen Studiengebühren genauso." Streitpunkt ist, ob das Land Kommunen Vorgaben bei der Ausweisung von Bauland machen darf.

Ludwig Hartmanns Erklärung für die negative Position des Innenministeriums ist eine andere: "Die Staatsregierung will Zeit schinden, bis die Landtagswahl vorbei ist." Dass es Not tut, etwas gegen den Flächenfraß zu tun, stand für die Anwesenden außer Frage. 13 Hektar pro Tag werden in Bayern zugebaut, das Volksbegehren möchte das auf fünf Hektar beschränken. Es gehe nicht um Stillstand, sondern um überlegte Planung, so Hartmann, etwa mit Parkhäusern statt riesigen Parkplätzen und mehrgeschossigen Schul- und Nutzbauten. "Da ist ein Drittel der Fläche gespart", sagte er. Die Resonanz war bisher sehr gut. Statt der erforderlichen 25 000 Unterschriften haben die Initiatoren, ein breites Bündnis aus Parteien und Umweltverbänden, im März knapp 50 000 Unterschriften überreicht.

Dass der Landkreis Freising im baufreudigen Bayern einen Spitzenplatz einnimmt, zeigen Zahlen: Allein von 2015 bis 2016 sind je nach Statistik zwischen 45 und 53 Hektar neues Bauland für Gewerbe, Straßen und Wohnen ausgewiesen worden. Die Echinger Grünen-Gemeinderätin Siglinde Lebich verwies darauf, dass das stetige Wachstum die Kommunen auch vor Probleme mit der Infrastruktur stelle, etwa beim Bau von Schulen, Kindergärten und der Unterbringung von Senioren, schließlich würden all die Bewohner immer älter. "Die meisten Kommunen haben es noch gar nicht gespannt, dass dazu mehr gehört, als einen neuen Bebauungsplan aufzustellen", so Lebich.

Das Problem bei der Bauwut ist die Abhängigkeit der Kommunen von der Gewerbesteuer. Weil sie für viele die Haupteinnahmequelle darstellt, ist fast jedes Rathaus bereit, vor allem neue Gewerbegebiete auszuweisen. Jüngstes Beispiel in Eching ist die Herausnahme von Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet "Echinger Gfild" für ein Maschinenbauunternehmen, das sich auf der grünen Wiese an der Autobahn A 92 ansiedeln möchte.

Grünen-Landtagskandidat Johannes Becher, der auch Kreisrat und Stadtrat in Moosburg ist, hatte ein weiteres Beispiel aus seiner Heimatstadt parat. Dort geht es gerade um die Ansiedlung eines neuen Supermarktes auf 10 000 Hektar, Riesen-Parkplatz inklusive. "Wenn die Kommune jetzt etwas anderes fordert, etwa eine Tiefgarage oder Wohnungen auf dem Supermarkt, dann geht der Supermarkt in den Nachbarort", so Becher. Hier sei es nötig, dass Gemeinden und Städte Lösungen fänden "und sich nicht so leicht gegeneinander ausspielen lassen".

Das Volksbegehren gegen Flächenfraß liegt derweil zur Prüfung beim Verfassungsgericht. Drei Monate hat es Zeit. Sollte es sich der Meinung des Innenministeriums anschließen, so Hartmann, werde man eben den Text abändern.

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