Basiskonto:Wirtschaftliches Stigma

Das Recht auf ein Basiskonto bei einer Bank ist nun bundesweit in Kraft getreten. Teuer und umständlich wird es jedoch für Flüchtlinge im Landkreis - durch den Kommunalpass

Von Florian Tempel, Erding

Seit Sonntag hat jeder, der sich legal in Deutschland aufhält, das Recht auf ein sogenanntes Basiskonto bei einer Bank seiner Wahl. Ziel und Inhalt des neuen Gesetzes ist es, dass insbesondere auch Flüchtlinge ein eigenes Konto führen können, aber auch Wohnungslose, ausländische Studenten oder Saisonarbeiter, die von manchen Banken bislang als Kunden abgelehnt worden waren. Die Sparkassen hatte sich schon länger verpflichtet, Jedermann-Konten anzubieten. Mit einem Basiskonto sind alle normalen Bankgeschäfte wie Ein- und Auszahlungen, Überweisungen und Daueraufträge möglich. Außerdem erhält jeder Kontoinhaber eine Geldkarte seiner Bank. Der einzige Unterschied zum normalen Girokonto: Es kann nicht per Dispokredit überzogen werden.

Im Landkreis Erding ist den hier lebenden Flüchtlingen mit der Einführung der umstrittenen Chipkarte "Kommunal Pass" die Führung eines Bankkontos allerdings massiv erschwert worden. Vor der Einführung des Kommunal Pass besaßen 323 Einzelpersonen oder sogenannte Bedarfsgemeinschaften, sprich Flüchtlingsfamilien, ein eigenes Bankkonto. Bis zum 1. Mai wurden ihnen vom Landratsamt die im Asylbewerberleistungsgesetz festgelegten monatlichen Leistungen auf ihre Konten überwiesen - danach nicht mehr. Da alle Flüchtlinge im Landkreis seit bald zwei Monaten auch vom Bargeldbesitz abgeschnitten sind - nur einmal gab es zwischendurch 50 Euro auf die Hand -, waren die Bankkonten der Flüchtlinge schlagartig für sie nutzlos geworden.

Nach Auskunft des Landratsamtes sollen vom 1. Juli an Geldabhebungen mit dem Kommunal Pass möglich sein. Allerdings wird nur ein Teilbetrag freigeschaltet, für einen allein stehenden Erwachsenen etwa 135 Euro. Die Führung eines eigenen Kontos wird für Flüchtlinge wieder möglich, aber durch den Kommunal Pass teurer und umständlicher. Eine Bargeldabhebung wird am Bankautomaten 4,50 Euro kosten. Die Gebühr für die Abhebung streicht die Bank an, bei der abgehoben wird. Das abgehobene Geld könnten Flüchtlinge anschließend wieder auf ein eigenes Bankkonto einzahlen. Ein Basiskonto bei der Kreis- und Stadtsparkasse Erding-Dorfen, das im Grundpreis nur 3,90 Euro im Monat kostet, wäre schon günstiger als eine einzige Bargeldabhebung mit dem Kommunal Pass. Die VR-Bank Erding verlangt für ein Basiskonto 5,95 Euro, bei der Postbank kostet es 5,90 Euro.

Im Nachbarlandkreis Freising haben 99 Prozent Flüchtlinge eigene Konten, auf die sie ihr Geld vom dortigen Landratsamt überwiesen bekommen. Das Landratsamt Erding hat argumentiert, man könne keinen Flüchtling zur Eröffnung eines eigenen Kontos zwingen. In Freising wurde jedoch auch niemand gezwungen. Die Flüchtlinge wurden gebeten und die Kontoeröffnungen in Kooperation mit den Helferkreisen organisiert. Im Landkreis München wurden die dort lebenden Flüchtlinge nach Auskunft des dortigen Landratsamtes mit Infoblättern auf die Möglichkeit, ein Konto zu eröffnen, hingewiesen. Die Mehrzahl habe zwar noch kein eigenes Konto. Wer eines besitze, bekomme aber sein Geld darauf überwiesen. Gleiches gilt für die Landkreise Ebersberg, Landshut und Mühldorf. Wer kein Konto hat, bekommt in allen Nachbarlandkreisen weiterhin sein Geld bar ausgezahlt.

Bei den Beratungen zum Basiskonto-Gesetz im Bundestag waren sich Vertreter aller Parteien über die Sinnhaftigkeit von Basiskonten einig. Der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer sagte zum Beispiel: "Ein Girokonto ist Grundvoraussetzung für eine Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland." Bei der Beratung im Bundesrat sagte der rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers, der zugleich Professor für öffentliches Recht und Staatsphilosophie an der Universität Trier ist: "Wer kein Zahlungskonto hat, wer nicht am Zahlungsverkehr teilnehmen kann, ist sozial und wirtschaftlich ausgegrenzt. Kontolosigkeit stigmatisiert. Das darf nicht sein."

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