Amtsgericht Erding:Starker Eigenkonsum mildert Urteil

29-Jähriger muss wegen Drogenhandels für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Zuerst will er eine Therapie machen

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Die Mengen Marihuana, die ein 29-jähriger Erdinger seit 2013 bis zu seiner Verhaftung im Dezember erworben, verkauft und zum großen Teil selber konsumiert hatte, waren beträchtlich. Zehn mal jeweils 500 Gramm sowie noch einige Fälle mit geringeren Mengen. Für die Staatsanwaltschaft ein klarer Fall eines Verbrechens nach Paragraf 29 des Betäubungsmittelgesetzes - dem Handeltreiben mit nicht geringen Mengen an Drogen. Der Angeklagte wurde deshalb vom Schöffengericht zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Sechs Monate saß er davon bereits in U-Haft ab. Da er wegen seiner Abhängigkeit von Cannabis einen Großteil des Marihuana selber rauchte, fiel die Strafe geringer aus. Zudem darf der heute 29-Jährige eine Entzugstherapie machen.

Auf die Spur des Angeklagten kam die Polizei durch Observierungsmaßnahme bei seinen zwei Verkäufern. Daraufhin wurden gegen ihn eine Telekommunikationsüberwachung beantragt und durchgeführt, wie es im Abschlussbericht der Kriminalpolizei hieß. Die bestätigte, was der Angeklagte bei seinem voll umfänglichen Geständnis zugegeben hatte: das meiste Marihuana sei bei Partys verbraucht oder an Freunde verkauft worden. Bei einer Hausdurchsuchungen fanden die Beamten schließlich bei ihm nur noch zwei Gramm und eine Feinwaage, wie sie zum Abmessen bei Drogenverkäufen verwendet wird.

Der Angeklagte gab an, schon relativ früh Drogen genommen zu haben. Das erste Mal mit rund 13 Jahren. Hauptsächlich haber er "Gras" geraucht, um sich zu entspannen, vor allem am Abend, um besser schlafen zu können. So vier bis fünf Gramm Marihuana am Tag seien deshalb schon von ihm selber konsumiert worden. Er habe zwar auch mal LSD, Kokain und Ecstasy genommen. Aber es sei beim Probieren geblieben. Der Sachverständige, der ihn der U-Haft in Stadelheim untersuchte, erklärte, der Angeklagte habe Anpassungsstörungen sowie Stimmungsschwankungen mit depressiven Neigungen. Deshalb habe er wohl auch Drogen genommen. Psychische Probleme im engeren Sinne habe er aber nicht. Allerdings liege eine Cannabisabhängigkeit vor und er riet zu einer stationären Therapie.

Letztere hatte der Angeklagte bereits selber angeregt. Strittig war aber, wo. Der 29-Jährige wollte sie nicht im Rahmen des Strafvollzugs in Haar machen, denn darüber habe er von Mitgefangenen nur schlechtes gehört. Dort würden Abhängige weicher und harter Drogen zusammen therapiert und es gebe viel Rückfällige. Zudem befürchtete er, dort dann tatsächlich erst richtig mit harten Drogen wie Kokain oder Heroin in Kontakt zu kommen. "Dort breche ich sofort ab", erklärte er. Sein Verteidiger drückte die Situation in Therapiezentren im Strafvollzug drastischer aus: "Es gibt Therapieeinrichtungen, in denen ist mehr Gift im Haus als am Hauptbahnhof". Er plädierte dafür, dass sein Mandant eine stationäre Therapie in einer Fachklinik zur medizinischer Rehabilitation Suchtkranker machen darf.

Auch der Staatsanwalt sah letztlich in einer Therapie außerhalb des Strafvollzugs eine höhere Chance auf einen erfolgreichen Entzug. Auch, wenn dort die Gefahr bestehe, dass er bei einem Abbruch sich diesen Weg ganz verbaue, weil er aus der Klinik rausgeworfen werde. Im anderen Fall wäre das nicht der Fall. Das Schöffengericht unter Richter Björn Schindler sah auch in einer Fachklinik die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie höher, da der 29-Jährige sie selber vorgeschlagen habe und somit mehr motiviert sei. Die Ermahnung von Amtsrichter Schindler war deutlich: "In den sechs Monaten Haft haben sie einen Eindruck bekommen, wie es dort zugeht. Nutzen sie ihre Chance mit der Therapie. Wenn nicht, sind sie selber schuld. Und fangen sie danach ein neues Leben an."

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