Amtsgericht Erding:Fünf Packungen Feta geklaut - ab ins Gefängnis

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Fünf Packungen Feta-Schafskäse, zwei Flaschen Ketchup und zwei Tütchen Gewürze hatte eine Frau aus Erding geklaut. Jetzt muss sie ins Gefängnis.

Florian Tempel

Für den Diebstahl von fünf Packungen Feta-Schafskäse, zwei Flaschen Ketchup und zwei Tütchen Gewürze im Gesamtwert von 24,70 Euro ist eine 51 Jahre alte Frau aus Erding vom Amtsgericht Erding zu drei Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Die verheiratete Mutter von drei Kindern stand zum 15. Mal wegen Ladendiebstahls vor Gericht.

Wirklich blind, wenn es um die soziale Stellung der Angeklagten geht? Die Justiz behandelt Angehörige der Unterschicht anders als wichtige Manager. (Foto: ddp)

Die in früheren Verfahren von ihren Verteidigern vorgebrachte Einschätzung, die Frau stehle aus einem inneren Zwang heraus, teilte das Gericht erneut nicht. Laut einem früheren psychiatrischen Gutachten gilt die Frau, die unter Depressionen leidet, als voll schuldfähig. Forensische Psychiater lehnen mehrheitlich ab, den landläufigen Begriff der Kleptomanie als eine psychische Erkrankung zu werten, die zumindest schuldmindernd berücksichtigt werden müsste.

Bei ihrem aktuellen Verfahren hatte die Angeklagte keinen Verteidiger. Nach ihren Angaben sei sie erst einen Tag zuvor im Münchner Frauengefängnis Neudeck, wo sie seit knapp zwei Monaten ältere Verurteilungen absitzt, über den Prozesstermin in Erding informiert worden. Die Anklage räumte sie geknickt und resigniert ein: "Was soll ich sagen, es stimmt."

Eine Ladendetektivin hatte sie dabei beobachtet, wie sie am 9.Oktober in einem Erdinger Supermarkt die Waren in ihrer Handtasche versteckte und an der Kasse danach lediglich einen Joghurt bezahlte. Nach der Kasse konfrontierte die Detektivin sie mit dem Diebstahl. Die Angeklagte bezahlte sogar, nachdem der Fall im Büro des Supermarkts aufgenommen worden war, die geklauten Lebensmittel, bevor sie nach Hause gehen durfte.

13 Tage später musste sie zum Haftantritt ins Frauengefängnis München-Neudeck. Kaum fünf Monate waren seit ihrer letzten Entlassung aus dem Gefängnis vergangen. Anschließend war sie zwei Monate stationär in einer psychiatrischen Klinik. Die Therapie ihrer psychischen Probleme war offensichtlich nicht sehr nachhaltig. Die Behandlung habe ihr zwar "schon geholfen", sagte die Frau. Danach habe jedoch ihr Ehemann, sie "wieder kaputt gemacht". In den vergangenen zwölf Jahren hat sie, ihre zahlreichen Haftstrafen wegen Diebstählen zusammengefasst, schon drei Jahre hinter Gittern verbracht.

Richterin Yvonne Folk wollte von ihr wissen, warum sie wieder einmal Klauen gegangen war, obwohl "Ihnen doch klar sein muss, dass Sie das nicht dürfen". Die Richterin bekam keine Antwort. Als sie nachfragte, "haben Sie für Ihre Kinder geklaut", sagte die Angeklagte leise ja. Wo denn die Kinder jetzt seien, wollte Richterin Folk noch wissen. Die Angeklagte sagte, sie wisse es nicht. Seit den fast zwei Wochen, in denen sie in Haft sei, habe sie keinen Besuch im Gefängnis bekommen.

Die Verlesung des Vorstrafenregisters der Angeklagten nahm im Prozess mit am meisten Zeit in Anspruch. 1989 war die Angeklagte erstmals vor Gericht gestanden. Nach drei Verurteilungen zu Geldstrafen erhielt sie 1993 schließlich eine Freiheitsstrafe, allerdings noch zur Bewährung. Da weitere Taten folgten, wurden diese und auch spätere Bewährungschancen stets widerrufen.

Angesichts der vielen Vorstrafen und der "hohen Rückfallgeschwindigkeit" gebe es nur eine Art der Ahndung, sagte Richterin Folk, die Angeklagte müsse erneut in Haft. Für die Zukunft gab sie ihr einen sicher wohl gemeinten Rat: "Wenn Sie nicht widerstehen könne, müssen Sie sich von Geschäften fernhalten. Schicken Sie jemand anderen zum Einkaufen." Auf die abschließende Frage, ob die Angeklagte gegen das Urteil in Berufung gehen wolle, antworte die Verurteilte: "Ich will gar nichts, ich kann nicht mehr."

© SZ vom 17.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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